Seit sechs Jahren ist Tina Single. "Es wird nur noch durchgewischt, es zählt nur noch das Äußere", sagt sie und klingt dabei ein wenig ernüchternd. Was also liegt da näher, als die Liebe fürs Leben in einer Fernsehshow zu suchen, in der es mal nicht auf die äußeren Werte ankommt. "Liebe im Sinn" ist damit das krasse Gegenteil zu "Adam sucht Eva", jener Datingshow, bei der RTLzwei erst kürzlich wieder nackte Tatsachen sprechen ließ. Bei "Liebe im Sinn" ist das anders: Hier wird geheiratet, noch bevor sich die Turteltäubchen jemals in die Augen blicken durften.
Falls Ihnen das Konzept bekannt vorkommen mag: Vor ziemlich genau einem Jahr hat Redseven Entertainment für Sat.1 unter dem Titel "5 Senses for Love" schon mal ein ziemlich ähnlich gelagertes Format ausgestrahlt, das jedoch ein wenig abgespacter daherkam als die nun produzierte Version, in der die Liebesreise erst mal – ganz unromantisch – in einem Reisebus beginnt. Damit werden die 14 Single-Frauen und -Männer nach und nach abgeholt, ehe die erste "Sinnesphase", wie die Off-Sprecherin es nennt, beginnt.
"Beschnuppern" trifft es wohl eher: In Behältern bekommen die Singles eine Mischung aus Körpergeruch und Lieblingsparfum des potenziellen Partners vor die Nase gesetzt. Die Urteile sind bisweilen ziemlich amüsant: "Ich weiß nicht, ob das ich das gut oder schlecht finden soll", sagt eine der Kandidatinnen über den Duft von Ronny, einem Soldaten und Fußballspieler. Dass Thomas' Geruch derweil nur bei einer der Damen ankommt, nimmt er sportlich und sagt den schönen Satz: "Das Parfum schmeckt halt nicht jedem."
Aus Sicht des Publikums lässt sich schwer einschätzen, ob man enttäuscht oder dankbar darüber sein soll, dass es kein Geruchsfernsehen gibt. Nach allerlei Schnüffeleien attestiert einer der Männer schließlich eine echte "Reizüberflutung" und bemerkt nüchtern: "Da geht mir die Hose fast auf."
Immer einen Schritt voraus
Glücklicherweise fallen im weiteren Verlauf der Sendung zunächst keine Hüllen. Doch wer sich, im wahrsten Sinne des Wortes, riechen kann, bekommt die ersehnte Einladung zum sogenannten "Hör-Date" - einem ersten Aufeinandertreffen, bei dem sich die jeweiligen "Matches" gegenseitig ausfragen können, ohne sich dabei in die Augen zu blicken. Während Julian und Kati dabei ihre gemeinsame Tierliebe feststellen, kommt Hausfrau Ivonne schnell zur Sache und offenbart ihrem Blind Date Matthias, in ihrer Freizeit als Domina zu arbeiten. Schade eigentlich, dass sie seinen erstaunten Blick nicht sehen kann.
Ob "Liebe im Sinn" nun ein echtes "Heiratsexperiment" ist, wie es Sat.1 suggeriert, sei mal dahingestellt. Tatsächlich aber erweist sich die Show als schöne Weiterentwicklung des Genres, an der wohl all jene Gefallen finden, die schon "Hochzeit auf den ersten Blick" mochten. Der Reiz liegt für das Publikum auch darin, den Kandidatinnen und Kandidaten auch ohne Geruchsfernsehen stets einen Schritt voraus zu sein, denn selbst der Austausch erster Zärtlichkeiten erfolgt in einer der späteren Folgen mit Maske – natürlich vor den Augen, nicht vor dem Mund.
Ob "Liebe im Sinn" wirklich, um im Bilde zu bleiben, sinnvoller ist als andere Datingshows, sei mal dahingestellt. Ganz sicher aber sollte man dankbar sein über jedes Format dieses Genres, das zur Abwechslung mal nicht in einer schnieken Strandvilla spielt oder auf nackte Tatsachen setzt.
"Liebe im Sinn", montags um 20:15 Uhr in Sat.1