Als die Macherinnen und Macher der neuen Sky-Serie "Souls" vor einigen Monaten beim Münchner Seriencamp einen ersten Einblick in ihr Projekt gewährten, war die Rede von einer "Serie für ein sehr breites Publikum". Das wäre der Produktion von Geißendörfer Pictures freilich zu wünschen, weil sie äußerst unkonventionell geraten ist, wie die jetzt im Rahmen des Festivals Canneseries gezeigten ersten beiden Folgen belegen. Ob sich damit allerdings tatsächlich ein breites Publikum ansprechen lässt?

 

Das Fragezeichen sei erlaubt, macht es die vielschichtige Geschichte den Zuschauerinnen und Zuschauern doch von der ersten Minute an wahrlich nicht gerade leicht zu erahnen, in welche Richtung sich die Handlung innerhalb von acht Folgen entwickeln wird. Da geht es um Leben, Tod und Seelenwanderung - und letztlich um die Frage, ob ein Jugendlicher eine handfeste Lüge erzählt.

Besagter Jugendlicher ist der 14 Jahre alte Jacob (Aaron Kissiov, "Die wilden Kerle – Die Legende lebt"), von dem man früh erfährt, dass er bei einem schweren Autounfall zum Helden wurde. Mehrere Menschen, darunter seine Mutter, rettete er vor dem Ertrinken. Dass es keine typische Heldengeschichte wird, zeigt sich mindestens genauso schnell: Von seiner Erfahrung verfolgt, behauptet er, bereits gelebt zu haben und in Wirklichkeit der Pilot eines Flugzeugs zu sein, das 15 Jahre über dem Atlantik abstürzte und bis heute als verschollen gilt.

Vor diesem Hintergrund gerät dann auch das Leben der drei Frauen Allie (Julia Koschitz, "Unterm Birnbaum", Hanna (Brigitte Hobmeier, "Ein Teil von uns") und Linn (Lili Epply, "Ostwind 4 – Aris Ankunft") gehörig aus den Fugen. Allie etwa ist die Frau des Piloten und in einer Zeitschleife gefangen, die immer mit dem Tod ihres Mannes beim Flugzeugabsturz und ihrem Selbstmord endet. Linn wiederum schließt sich einer Gruppe Menschen an, deren Anführer behauptet, seinen Patientinnen und Patienten ihr vergangenes Leben zeigen und sie von der Vorstellung des Todes lösen zu können.

Souls © Geißendörfer Pictures GmbH / Sky Die Dreharbeiten zur Sky-Serie "Souls" wurden bereits Mitte 2021 beendet.

Wie all diese sehr ambitioniert erzählten Handlungsstränge zusammengeführt werden, lässt sich nach zwei Folgen freilich nicht sagen. Ganz sicher aber ist "Souls" eines der ambitioniertesten deutschen Serienprojekte der jüngeren Vergangenheit, zu dessen Gelingen nicht zuletzt die schauspielerischen Leitungen beitragen. Julia Koschitz, Brigitte Hobmeier und Lili Epply, aber auch das weitere Ensemble, allen voran Aaron Kissiov – sie alle lassen die ohnehin schon mysteriöse Geschichte durch herausragende Darstellungen noch ein wenig mysteriöser erscheinen.

Zusätzlich besticht die Sky-Serie dadurch, dass all das Mysteriöse auf erschreckende Weise real und glaubwürdig wirkt. Dazu kommt, dass die Handlung in unterschiedlichen Zeitebenen angelegt ist, was zusätzliche Verwirrung stiftet. Die opulente Musik, gerade frisch ausgezeichnet beim Serien-Festival Canneseries, tut ihr Übriges zum stimmigen Gesamtbild.

Nach einer Idee von Malte Can hat Alex Eslam als Creator der Serie ganze Zeit Arbeit geleistet. Zusammen mit Lisa van Brakel, Erol Yesilkaya und Senad Halilbasic verfasste Eslam zudem die ebenfalls in Cannes prämierten Drehbücher und führte zudem gemeinsam mit Hanna Maria Heidrich die Regie. In französischen Medien wurde "Souls" schon kurz nach der Premiere in Cannes als "Schock" des Festivals bezeichnet – eine Zumutung im besten Sinne. Sollte es gelingen, das hohe Niveau der ersten Folgen über die gesamte Staffel zu halten, dann hätte "Souls" jeden Preis verdient.

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