Manchmal kommt es aufs Timing an: Da ruft RTL den "Gipfel der Quizgiganten" aus - und dann fehlt mit Jörg Pilawa ausgerechnet der Mann, der im deutschen Fernsehen vermutlich so viele Fragen gestellt hat wie kein anderer seiner Kollegen. Weil sich am Premieren-Tag ausgerechnet die Konkurrenz aus Unterföhring Pilawas Dienste gesichert hat, muss die neue RTL-Show also ohne den bisherigen "Quizonkel" der ARD auskommen. Dass es trotzdem onkelig wurde, hängt mit Günther Jauch, Johannes B. Kerner und Guido Cantz zusammen, die es gemeinsam - so rechnet es RTL gleich zu Beginn vor - immerhin auf stolze 1687 Quizshows bringen.
Die Verteilung dürfte jedoch leicht ungerecht sein, schließlich gehen alleine mehr als 1500 Ausgaben von "Wer wird Millionär?" auf das Konto von Günther Jauch, während Kollege Cantz bislang auf eine eher überschaubare Quiz-Vergangenheit blickt. Viel mehr als ein paar Folgen einer längst vergessener Rateshows wie "Quiz dich auf Eins" und "Flieg mit mir" hat der ehemalige "Verstehen Sie Spaß?"-Moderator nicht vorzuweisen - ein Fakt, den RTL dankenswerterweise mit Humor nimmt und seine Vorstellung noch vor dem Vorspann mit einem fragenden "Hä? Quiz?" versieht.
Doch was kann er nun, dieser "Gipfel der Quizgiganten", hinter dem die Produktionsfirmen Streamwork und Riverside Entertainment stehen? Nun, um es kurz zu machen: Eine Revolution ist die neue RTL-Show nicht - sieht man mal von der Tatsache ab, dass sie von Palina Rojinski moderiert wird, die man bislang eher nicht in einem derartigen Umfeld erwartet hätte. Tatsächlich sorgt Rojinski für frische Momente, was sich direkt am Anfang zeigt, als sie Jauch, Kerner und Cantz als "mittelalte, gut in Schuss gehaltene, weise Männer" auf die Bühne ruft.
Ansonsten aber wirkt es stellenweise, als habe sich RTL eine Show andrehen lassen, die eigentlich einmal für die ARD gedacht gewesen ist. Tatsächlich erinnern die folgenden Duelle talentierter Quizzerinnen und Quizzer mit dem Moderatoren-Trio an die "Giganten-Runde" der einstigen, übrigens von Jörg Pilawa moderierten, ARD-Samstagabendsendung "Ich weiß alles", der Günther Jauch ebenfalls schon angehörte. Das Konzept: Wer sich in bis zu sieben Fragen gegen die vermeintlich allwissenden Quizmaster behaupten kann, darf im Finale um den Jackpot spielen.
All das ist nicht sonderlich aufregend, lässt sich aber ganz gut ansehen - wären da nicht diese Zwischenrunden, in denen es, warum auch immer, um zusätzliches Geld für den Jackpot geht. Darin müssen sich Jauch, Kerner und Cantz wahlweise im Elfmeterschießen, Dartspielen oder in sonstigen Blödeleien beweisen. Sofern das Studiopublikum auf den richtigen Gewinner des Dreikampfs setzt, dürfen sich die Teilnehmenden der Finalrunde über zusätzliche Kohle freuen. Doch was vermutlich Abwechslung in den vermeintlich spröden Quiz-Ablauf bringen soll, entpuppt sich in Wahrheit als uninspiriertes Intermezzo, das bloß vom Wesentlichen, nämlich den oft wirklich guten Fragen, ablenkt.
Umso temporeicher ist dagegen das Finale, in das es bei der Premieren-Ausgabe prompt zwei Ratefüchs schaffen, darunter einer der Jäger aus dem ARD-Vorabendquiz "Gefragt - Gejagt". Zusammen gelingt es ihnen tatsächlich mehr offene Fragen zu beantworten als dem prominenten Triumvirat.
So weit, so unspektakulär. Was als "Gipfel der Quizgiganten" angekündigt ist, wirkt in vielen Momenten letztlich leider eher wie die "Kreuzung der Quizformate". Hier ein wenig "Ich weiß alles", dort ein Schuss vom "Quiz-Champion" und dazwischen noch ein Hauch von "Denn sie wissen nicht, was passiert". Keine Frage, für einen amüsanten Fernsehabend geht das klar, doch dem Superlativ, den der Titel verspricht, wird der RTL-Neustart nur bedingt gerecht - erst recht nicht in den verzichtbaren Zwischenspielchen. So bleibt der wahre Quiz-Gipfel an diesem Montagabend in Wirklichkeit noch ein ordentliches Stück entfernt.
"Gipfel der Quizgiganten" am Montag um 20:15 Uhr, RTL