"Es ist mir gesagt worden, wir sollen bisschen quatschen. Sag' du den Leuten was", warf Giovanni Zarrella seinem Kumpel Pietro Lombardi die Brocken hin. Zarrella dürfte somit ein Kandidat für die unbeholfenste Übergabe zwischen Musik und Talk im bisherigen Jahr 2021 sein. Verständlich, dass die Redaktion seiner neuen "Giovanni Zarrella Show", dem wohl wichtigsten Showneustart des Zweiten Deutschen Fernsehens 2021, ihm unter die Arme greifen wollte. Zarrella machte dabei im rund dreistündigen Auftakt auch gar keinen Hehl daraus. Nur beim Auftritt vom "Pie", dem ehemaligen "DSDS"-Gewinner und -Juror, da habe er gesagt, "da müsst ihr mir keine Moderation" schreiben. Und schon standen die beiden Kumpels auf der einladenden Bühne, bestehend aus überwiegend runden und/oder gebogenen Elementen und schmetterten einige Schlager-Klassiker, unter anderem eine Italo-Version von "Ohne Dich", dem bald 36 Jahre alt werdenden Kuschel-Song der "Münchner Freiheit".
Ohne Zweifel: Giovanni Zarrella wird sich das stolperfreie Moderieren in den nächsten Monaten noch draufschaffen müssen. Der ehemalige "Bro'Sis"-Sänger, der sich mit dem Start der ZDF-Samstagsshow mit Größen wie Florian Silbereisen vergleichen lassen muss, hat aber andere Stärken. Und die kann er durchaus ausspielen. Es ist die in Italien wohl oftmals schon in die Wiege gelegte natürliche und daher echte Herzlichkeit.
Seine "Giovanni Zarrella Show" baut genau darauf auf – wenngleich es teilweise so dicke kommt, dass man befürchtet, den Protagonistinnen und Protagonisten könnte bald die Positivität aus den Ohren quillen. Nino de Angelo, der an diesem Abend ebenso wenig fehlen durfte wie Maite Kelly oder Andrea Berg, etwa, konnte schier gar nicht oft genug betonen, wie stolz er auf den Giovanni sei. Ein weiterer Kniff der von Executive Producerin Verena Schueren verantworteten Produktion verleiht dem Format Einzigartigkeit: Denn auch wenn der Neustart nur Giovannis Namen trägt, so ist es eigentlich doch ein Familienprojekt. Wieder und wieder wird Zarrella in den Moderationen persönlich, während die Kamera im Publikum seine Ehefrau Jana Ina oder seine Eltern abfilmt.
Vater Bruno etwa steht im Verlauf der dreistündigen Auftaktshow sogar mit seinem Sohn auf der Bühne – oder sitzt mit ihm dort auf Barhockern, die so auch in jeder urigen Pizzeria stehen könnten. Papi und Mami sind ja bald 50 Jahre zusammen, sagt Giovanni mit spürbarem Stolz und lässt wissen, dass sein Vater leidenschaftlicher Musiker ist, nur irgendwann keine Zeit mehr dafür hatte. In seiner Pizzeria aber hätte es abends öfter die Momente gegeben, in denen er für die Stammgäste Hits wie "Azzurro" zum Besten gegeben hätte. Und wo wäre nun besser möglich "etwas zurückzugeben" als am ZDF-Samstagabend vor der großen LED-Wand?
Der Balanceakt mit den Emotionen
Es war nicht der einzige in der Tat emotionale Moment, in dem Giovanni Zarrella das geschafft hat, was seine Aufgabe ist: Authentisch zu sein, weil er eben nicht steif vorgeschriebene Texte aufsagt. Freilich: Nichts täuscht darüber hinweg, dass immer wieder tief in den Sack der leicht schwülstigen Emotionen gegriffen wurde. Etwa dann, als Zarrella den ehemaligen "The Voice Kids"-Sänger Adriano ansagte. Auch hier verzichtete er nicht darauf, einerseits seine eigene Familie in Form seiner Kinder in die Moderation zu integrieren, andererseits von der Fähigkeit junger Menschen zu schwärmen noch echt zu träumen – was zumindest seiner Aussage nach die Erwachsenen ja vergessen hätten.
Aus musikalischen Gesichtspunkten wird ein Format wie die "Giovanni Zarrella Show" immer spalten. Da wird es die Fans geben, die so gut wie jede Künstlerin und jeden Künstler mit ehrlichem Applaus empfangen, weil sie sich schlicht wohl fühlen in der Fülle der Wonne, die einem von der Bühne entgegen schlägt. Und dann wird es die Musikfans geben, die all das despektierlich abtun. Und weil das bei der "Giovanni Zarrella Show" ebenso passiert wie bei diversen Silbereisen-Shows im Ersten oder dem MDR oder der "Helene Fischer Show", befindet sich der 43 Jahre alte Hechinger in guter Gesellschaft. Mit seinen Italo-Pop-Elementen in diversen Duetten könnte es Zarrella zudem gelingen, Akzente zu setzen, die auch von Musikjournalisten und der Musikbranche mit Interesse beachtet werden.
Was dem ZDF zweifelsfrei gelungen ist: Die Verjüngung der großen Samstagabend-Schlagershow, die beginnend im Jahr 2004 17 Jahre lang ganz fest in den Händen von Carmen Nebel lag. Bei Silbereisen ist definitiv mehr Party - auf den großen Schlagerboom hat das ZDF verzichtet und ist seiner bisherigen Schlagerhistorie somit gewissermaßen treu geblieben. Jünger ausgestaltet als "Willkommen bei Carmen Nebel" war der Neustart, aber dennoch ihrer Tradtionen folgend. Kerngedanke muss dabei auch in den kommenden Ausgaben sein, Zarrella in seinen Moderationen und Interaktionen auf der Bühne so wenig wie möglich einzuschränken durch textliche Vorgaben, auch wenn es dann passieren kann, dass die ein oder andere Überleitung misslingt. Aber Herzlichkeit und die damit verbundene absolute Ehrlichkeit muss groß geschrieben werden. Das passt zum italienischen Flair, das "Die Giovanni Zarrella Show" in den Samstagabend gebracht hat. So bleibt am Ende festzuhalten: è stato un buon inizio – es war ein guter Anfang. Für den November ist die nächste Ausgabe geplant.