Was haben Melanie Müller, Georgina Fleur oder Evelyn Burdecki gemeinsam? Genau, ihre TV-Karriere nahm Fahrt auf, nachdem sie versuchten, beim "Bachelor" von RTL die große Liebe zu finden. Es sind nur drei der Namen, die durch die televisionäre Kuppelei einen Karriere-Kickstart bekamen. Das zeigt, wie gut die Marke "Bachelor" funktioniert. Das ist auch den Fernsehmachern bei ProSiebenSat.1 nicht entgangen, dort gab es schließlich in den zurückliegenden Jahren schon Versuche mit ähnlichen Konzepten zu überzeugen – man erinnere sich nur an "Catch the Millionaire". Jetzt liefert Red Seven Entertainment für Sat.1 ein neues Kuppelformat, in dem es um die große Liebe gehen soll, bedient sich bei "5 Senses for Love" aber gleich mehrerer bekannter Konzepte.
Vorneweg: Was man in der 30 Teilnehmer umfassenden Sendung nicht verhindern konnte: Dass sie sich über weite Strecken zieht wie ein langes und nicht wirklich prickelndes Date. Dass man fürs Durchhalten in den letzten Minuten entschädigt wird, ist hauptsächlich dem ersten großen Cliffhanger der Staffel zu verdanken.
Welche Zutaten kamen also in den "5 Senses for Love"-Mixer? Sat.1 lieferte die grundsätzlich ungewöhnliche Dating-Situation. Ähnlich wie beim Quotenerfolg "Hochzeit auf den ersten Blick" geht es sehr bald nach dem ersten Kennenlernen um eine Verlobung und die anschließende Hochzeit. Aus "Der Bachelor" und "Die Bachelorette" bekannt ist, dass die Teilnehmer auch im neuen Sat.1-Format nach Geschlechtern getrennt stylische Lofts beziehen und somit untereinander genügend Zeit für Klatsch und Tratsch haben. Und dann wären da noch diverse hippe Netflix-Dating-Shows, nach denen die "5 Senses"-Macher ihre Sinne ausgestreckt haben. Die weibliche Computer-Stimme, die im Sat.1-Neustart die Ansagen macht, erinnert an die Künstliche Intelligenz Lana von "Too hot to Handle", während der Grundaufbau des Liebesexperiments nur einige Abweichungen von "Love is Blind" aufweist.
In beiden Formaten geht es nämlich darum, sich kennenzulernen, ohne sich zunächst zu sehen. Es geht um ein Kennenlernen über die fünf Sinne. Erst riechen, dann hören, dann schmecken und fühlen. Das Sehen kommt ganz zum Schluss. Das führt unweigerlich dazu, dass der Auftaktfolge opulente Bilder fehlen, die die allzu bekannten Zutaten übertünchen und weite Teile der Folge sehr wortlastig geraten sind, weil die Kandidaten in zwei abgetrennten Räumen in einem überdimensionalen Würfel sitzen. Nach dem Riechen geht es nämlich bald und lange darum, dass sich die - sich interessant findenden - Singles jeweils unterhalten, sich dabei aber nur hören.
Die Singles, das sind mitunter auch Dating-TV-erfahrene Gesichter, etwa Matin und Chris, die beide 2019 bei der "Bachelorette" dabei waren, jedoch nicht sehr weit kamen. Im selben Format, jedoch schon 2015, versuchte Marvin seine Liebe zu finden. Weil das nicht klappte, drehte er später noch eine Extra-Runde bei "Bachelor in Paradise". Angie wirkte sogar schon beim "Bachelor" in Deutschland und der Schweiz mit, Sabrina entstammt dem "Temptation Island"-Kosmos, während René sich von "Are you the One?"-Kameras filmen ließ. Angesichts der Schwemme von Dating-Formaten im deutschsprachigen Fernsehen wird es eben immer schwerer, vollkommen unbekannte, zugleich aber aufgeschlossene und extrovertierte Kandidaten zu finden, die noch nicht Teil des "Bachelor"-Universums waren oder gar vollkommen TV-unerfahren sind.
Ein Hin und Her
Während das Verlieben vor laufenden Kameras ohnehin schon gewöhnungsbedürftig ist, will "5 Senses for Love" noch eine Schippe an Ungewöhnlichkeit drauflegen. Dabei bleibt die Sendung zum einen aber harmlos, weil sie von ein paar kleinen Eifelsüchteleien mal abgesehen in der Auftaktfolge auf Eskalation verzichtet. Zum anderen verlangt sie vom Zuschauer, sich direkt auf eine große Anzahl an Kandidaten einzustellen, ohne einen festen Anker, etwa den "Bachelor", zu haben.
So zieht ein Gespräch nach dem anderen an einem vorbei, immer wieder lernen sich neue Paare kennen, finden sich (sehr/weniger/gar nicht) gut. Hängen bleibt vor allem zunächst überraschend prächtige Chemie zwischen Marvin und Yma, die vielversprechend ist. Das ist zunächst nett, bietet nach einigen Minuten aber auch die Gelegenheit, mal eben unter dem Esstisch noch feucht durchzuwischen.
Möglich, dass der Sat.1-Neustart noch an Fahrt aufnimmt, wenn die ersten Paare sich gesehen haben, danach gemäß Ankündigung einen gemeinsamen Urlaub auf der griechischen Insel Naxos verbringen und der Zuschauer mit ihnen somit die steife Atmosphäre des Fernsehstudios abschütteln kann. Liebe auf den zweiten Blick also ist noch möglich. "5 Senses for Love" ist nämlich handwerklich kein schlechtes Fernsehen und innerhalb der Datingshow-Fanbubble mag es sicherlich Fans finden. Trotzdem kommt es nicht an die Kraft des "Bachelor"-Universums heran. Nicht alle Zuschauer werden sich mit dem dritt- oder viertbesten zufrieden geben. Da ist es im Fernsehen nicht viel anders als in der Liebe.
Sat.1 zeigt "5 Senses for Love - Heirate dein Blind Date" mittwochs um 20:15 Uhr.