Deutschland, wo Wochenende für Wochenende Prospekte von Discountern und Supermärkten nach Schnäppchen durchforstet werden, ist um eine weitere Gameshow reicher. Nah dran am Leben soll sie wirken, was die Dauerwerbesendung für die Supermarkt-Kette Edeka irgendwie auch ist. Entwickelt wurde "Das Supermarkt-Quiz" von der Produktionsfirma Youngest Media, die sich dabei mehr oder weniger frech am Fremantle-Format "Supermarket Sweep" orientiert, das in Neuauflagen seit zwei Jahren in UK und letztem Jahr in den USA läuft. Eine offizielle Adaption ist das Format aber nicht. Wo Fremantle das Thema in einem Larger-than-life Supermarkt-Set produziert, gibt es hier die Fliesen der Realität.
Wie auch bei "Supermarket Sweep" treten mehrere Teams von mehr oder weniger prominenten Prominenten gegeneinander an: Von Tobi Wegener (einst "Love Island") über Mama Wollny samt Harald Elsenbast, bis hin zum Team bestehend aus Jürgen Milski (Kandidat der ersten "Big Brother"-Staffel) und dem aus "X-Diaries" und "Berlin – Tag & Nacht" bekannt gewordenen Sandy Fähse. Der inzwischen am RTL-Nachmittag zu findende Sükrü Pehlivan kehrt für die Moderation der neuen RTLzwei-Show zu seinem einstigen Heimatsender zurück, dorthin wo er als Mitglied des "Trödeltrupps" seine ersten TV-Stunden erlebte. Er manövriert seine Kandidaten durch rund 100 Sendeminuten, die sich inklusive Reklame-Pausen inmitten der Dauerwerbesendung auf gestandene 135 Minuten summieren.
So lang wie es klingt, fühlt sich die Show auch an. Die Abwesenheit professioneller Moderation trägt ihren Teil dazu bei. Ein Spiel reiht sich an das nächste, speziell zu Beginn ist im wahrsten Sinne des Wortes kein Ende in Sicht. Der klare Aufbau des Spielprinzips wird nicht gleich deutlich, weil es für die Macher vermutlich gar nicht oberste Maxime war, Zuschauende an die Hand zu nehmen und sie durch die komplette Sendung zu führen. Es reicht vermutlich, wenn genug Leute im Laufe des Abends einschalten und ein bisschen hängen bleiben. Der Reiz beim Zuschauen entspricht dem unerklärlichen Phänomen von Autounfällen, bei denen man nicht wegschauen kann.
Eine Wand aus Äpfeln
Während Fremantle bei seinem Format auf knallige Farben und einen Shiny Floor im eigens aufgebauten Studioset setzt, spart sich RTLzwei beim Nachmachen ein Studioset. Dunkelgraue Supermarkt-Fliesen statt peppigem Fernseh-Studio - aufgezeichnet wurde die Show in einem realen Edeka-Markt. Vermarktungstechnisch eine smarte Idee, würde sie nur besser aussehen. Dass eine Edeka-Show wirkt als wäre sie Discounter-Fernsehen, dürfte am Ende auch nicht im Sinne des Werbenden sein. Statt einladender Atmosphäre umrahmen die meiste Zeit eine eintönige Auslage mit über 1000 gleichfarbigen Äpfeln - vom Aussehen her Typ Golden Delicious - die teilnehmenden Prominenten.
Dynamik kommt leider auch nicht von den Protagonisten rein. Ein gewisser Schleier der Behäbigkeit und Zurückhaltung liegt über ihnen. Da wandert wieder ein neidischer Blick zur britischen Show, die im besten Sinne bunt, verrückt, mutig und ungewöhnlich ist. Larger than life, überdreht. Die Macher des neuen Supermarkt-Rätselspiels bei RTLzwei haben bei der Produktion zwar dahingehend Fleißarbeit geleistet, dass sie in besagtem Supermarkt sämtliche Preisschilder abgeklebt haben. Der letzte Funke an Kreativität und die Liebe zum Detail fehlte dann aber doch: Dass UK-Host Rylan Clark-Neal das für Verkäufer typische Namensschild auf der Brust trägt, das Pehlivan im "Supermarkt-Quiz" eben fehlt, ist ein kleines Beispiel dafür. Eine Spielshow im Supermarkt könnte das Setting noch wesentlich spielerischer nutzen.
Aus der Idee hätte man mehr machen können
Im besten Fall erinnern die Aufgaben an ein durchschnittliches "Schlag den Star"-Spiel. Das ist immer dann so, wenn die Teilnehmer ihre Position am Ratepult vor den brav nebeneinander in Reih und Glied liegenden Äpfeln verlassen und endlich im Edeka-Markt mobil sein dürfen – etwa wenn es darum geht, Produkte für einen Turmbau einzusammeln. Im schlechteren Fall muss aus einem Einkaufswagen lediglich eine Packung Tempotaschentücher gefischt werden, die die Antwort auf die Frage, was ein Tacho in einem PKW anzeigt, symbolisieren. Doch auf die Details der Spiele kommt es schon gar nicht mehr an, weil das Format weder mit der Optik noch Moderation das vorbeizappende Publikum halten kann.
Einzig allein der Faktor der Ungewöhnlichkeit spricht für "Das Supermarkt-Quiz", doch im direkten Vergleich mit "Supermarket Sweep" wäre so viel mehr drin gewesen - auch für den Werbekunden Edeka, wo man sich selbst als hochwertigen Supermarkt definiert, was diese Show nicht spiegelt. Kompakter, flotter und mit einem Moderator, der auch moderieren kann, hätte die Idee eine zweite Chance verdient, auch weil ein Supermarkt-Quiz zum realen Leben, das RTLzwei so gerne in den Mittelpunkt stellt, perfekt passt. Bodenständig, nah dran und für El Cartel Media gut vermarktbar. Andere in Großbritannien erfolgreiche Formate hat RTLzwei in der Vergangenheit besser adaptiert - und das auch ganz offiziell.