Bettina Zimmermann hat angerufen und möchte ihr wehendes Haar zurück: Vom Pressefoto zur Serie bis zum leider völlig uninspirierten Vorspann stellt "8 Frauen" die Hauptdarstellerin Alexandra Maria Lara als Heldin so plakativ in den Mittelpunkt, wie einst Zimmermann bei zahlreichen RTL-Eventmovies. Sie spielt Rechtspsychologin Dr. Jasmin Braun, die der Polizei bei der Aufklärung einer Entführung helfen soll, die vor den Augen mehrere Zeugen in einem Museum geschah. Wer dank Prämisse und Titel ein typisch britisches Whodunit erwartet, das sich einem Verbrechen aus mehreren Perspektiven nähert und dem Publikum das Ratespiel nach Täterin oder Täter überlässt, wird von der ungewöhnlichen Produktion aus dem Hause UFA Fiction überrascht sein. Ob nun positiv oder negativ sei dahingestellt.
Denn auch wenn die Serie ein auf Hochglanz poliertes Kammerspiel bleibt, das sich ganz auf die Interviews von Dr. Braun und eben die Erinnerungen der Zeugen konzentriert, so wird nach den ersten Folgen deutlich: Dem klassischen Muster eines Whodunit folgt diese Geschichte von Jörg Lühdorff nicht. Zwischenzeitlich ist sogar fraglich, worauf alles eigentlich hinauslaufen soll, weil die Entführung in den Hintergrund zu rücken scheint, bevor man am Ende sagen kann: Es lohnt sich, dieser ungewöhnlichen Produktion eine Chance zu geben. Die Serie ist intensiv, konzentriert und definitiv nicht als Second-Screen-Berieselung geeignet.
Das liegt maßgeblich an Alexandra Maria Lara, die hier eine Hauptrolle spielen darf, die sie sich verdient hat. Anders als bei Amazons "You are wanted", wo sie in ihrer ersten Serienrolle völlig unter Wert verkauft wurde. Nicht so bei "8 Zeugen", wo sie einen ohnehin starken Cast anführt. Die inhaltlich unerbitterliche Fokussierung auf die menschliche Erinnerung ist hingegen Stärke und Schwäche der Serie zugleich. Stärke, weil uns Hauptfigur Dr. Jasmin Braun dozierend, aber anschaulich erklärt, wie unser Gehirn funktioniert. Schwäche, weil Hauptfigur Dr. Jasmin Braun anschaulich, aber dozierend erklärt, wie unser Gehirn funktioniert.
Würden Sie ein Trinkspiel starten für jedes "Ich bewerte nur Erinnerungen", könnten Sie sich ans Ende der Serie nach den acht kurzen Folgen nicht mehr erinnern. Gut alkoholisiert wären Sie auch, wenn man sich nach jedem "Das wichtigste Prinzip meiner Arbeit ist die Distanz zu den Zeugen. Deswegen lese ich nur Transkripte" einen Schluck genehmigen würde. Spätestens wenn dies in Folge 6 erneut vorgetragen wird, möchte man den Screen anschreien: "Wir haben es verstanden." Gerade im Bingewatching fällt diese Häufung auf, ist möglicherweise sogar ein gutes Beispiel dafür, wie anders Serien für Bingewatching geschrieben werden müssen. Bei einer linearen Ausstrahlung sind solche Wiederholungen der Prämisse wichtiger.
Das kratzt ebenso wie manche doch arg gestelzt klingende Unterhaltung ein bisschen am Charme der Serie, wie auch die unnötig cool inszenierte provisorische Einsatzzentrale, die knapp an den furchtbar durchgestylten Sets amerikanischer Krimiserien vorbeischrammt. Es wirkt wie ein Kampf zwischen der auf Gesprächen und Psychologie basierenden Serienidee und dem Wunsch, daraus optisch mehr, vielleicht zu viel rausholen zu wollen. Das lässt alles etwas künstlich erscheinen. Doch die Kritikpunkte sollen nicht davon abhalten, einer ungewöhnlichen Kriminalgeschichte eine Chance zu geben, denn grundsätzlich gilt: Gerne mehr davon. Von Kriminalgeschichten, die nicht auf DNA-Tests oder Action setzen, sondern Konzentration fordern und das Mitraten fördern.
"8 Zeugen" ist bei TVNow abrufbar