Wenn Vox nun sechs Wochen lang am späten Samstagnachmittag "Guidos Deko Queen" kürt, dann ist der Sender weit davon entfernt, in die engere Auswahl für den innovativsten und ungewöhnlichsten Neustart im Jahr 2021 zu kommen. Doch genau deshalb dürften Fans von Vox-Eigenproduktionen hier auf ihre Kosten kommen. Unübersehbar sind Ähnlichkeiten im Sendungsaufbau mit diversen anderen Vox-Eigenproduktionen, allen voran natürlich mit "Shopping Queen" und somit jenem Format, das im kommenden Jahr zehnten Geburtstag feiert. Und das liegt nicht nur an Guido Maria Kretschmer, der die 15-Uhr-Sendung von Beginn an geprägt hat. Auch der Neustart nun setzt auf ganz ähnliche Bausteine, etwa auf kreative Off-Kommentare ("Das Schlafkämmerchen ist eine Kammer, in der kamma' schlafen"), aufgeweckte und über die Maßen kommunikative Kandidatinnen ("Wenn ich ein Deko-Element wäre, wäre ich ein Klavier"), einen stringenten Aufbau und ein nie wirklich aus dem Trend gekommenes Thema. In diesem Fall: Das Einrichten der eigenen vier Wände.
Die Sendung, die sich prima auch für eine tägliche Ausstrahlung – etwa werktags um 16 Uhr – eignen würde, umfasst zunächst einmal nur sechs Episoden, was möglicherweise auch daran liegt, dass die Umsetzung eines solchen Formats angesichts lange geschlossener Möbelhäuser und Gartencenter zuletzt teilweise gar nicht möglich war. Die sechs zur Ausstrahlung anstehenden Episoden sind nun möglicherweise eine Art Testlauf und zudem geschickt platziert; nämlich samstags nach dem langen "Shopping Queen"-Marathon bei Vox.
Jeweils zwei Teilnehmenden stellt die Produktion 2500 Euro zur Verfügung, um einen Bereich ihres zu Hauses ordentlich aufzuhübschen. Wer gewinnt, kassiert nochmal 3000 Euro. Um's Gewinnen oder um's Verlieren aber geht es in dem Format, zumindest für den Zuschauer, letztlich gar nicht – das Gucken, das ist das Wichtige. Wie alle Flipping- oder Makeover-Shows bedient auch dieser Neustart zunächst einmal das Verlangen, in fremde Wohnungen zu spitzeln. Hervorragend ausgewählt, weil sehr kontrastreich, sind die in der Auftaktfolge präsentierten Wohnwelten. Kandidatin Mebel etwa lebt im bayerischen Peißenberg in einem selbst gebauten Tiny House – also auf kleinstem Raum, aber gemütlich. Carolin hingegen wird als patente und freundliche Gutsherrin beschrieben und lebt entsprechend auf deutlich mehr Quadratmetern. Schön haben's beide, darf sich der Zuschauer in den ersten Minuten denken – und prompt die ein oder andere Inspiration auch für's eigene Heim abholen.
Drei Tage lang geht es in der Sendung nun darum, das Wohnzimmer getreu dem Motto "Go Wild" in einen "urban Dschungel" zu verwandeln, wie Off-Sprecher und Kretschmer zur besseren Verständlichkeit wieder und wieder erwähnen. So wird dann geplant, gewerkelt und der Gang in Bau- und Gartenmärkte angetreten, bis zum Ende der Sendung dann wieder zum besonders aufmerksamen Gucken eingeladen wird. So war's vorher, so ist's nun nachher. Wer im großen Finale, in dem beide Kandidatinnen erstmals in einem geräumigen Loft aufeinandertreffen, nun gewinnt, ist mehr oder weniger egal. Die Kür ist als Spitze zwar wichtig für das generelle Sendungskonstrukt, die wesentlichen Schauwerte sind aber schon zuvor platziert.
Dass Kretschmer per se nicht vom Fach ist, der in Münster geborene Host der Sendung ist letztlich vor allem als Modedesigner bekannt geworden, tut dabei nicht weh. Als Modeschöpfer ein gutes Auge für Stil habend, wirken er und seine Einschätzungen dennoch glaubhaft. Einzig, dass Kretschmer die Einrichtungen nur anhand von Aufnahmen auf einem Tablet bewertet, lässt Spielraum für Kritik.
Am Ende ist "Guidos Deko Queen" eine nette wie unaufgeregte, in jedem Fall aber inspirierende Feel-Good-Sendung, die nichts neu erfindet, aber bestehenden Erfolgen in nichts nachsteht. Auch deshalb wäre es naheliegend, wenn vom Format aus dem Hause RTL Studios irgendwann deutlich mehr als diese sechs Episoden kommen und sich ein Platz in der werktäglichen Daytime finden lässt.
Vox zeigt "Guidos Deko Queen" ab Samstag, 20. März 2021, um 17 Uhr.