Inmitten von Rumgebrabbel und Rumgeflenne stellt sich für Metin (Max Mauff, "Stromberg") immer wieder die gleiche Frage: Was soll der ganze Scheiß eigentlich? Ohne jegliche Vorbereitung verliert er seine Partnerin, die Mutter seines Kindes und muss fortan alleine mit der einjährigen Lene zurechtkommen. Das Trauern muss zwischen Kitaplatzorganisation und Windel-Wechseln stattfinden, doch ab und an kann er sich die Tränen beim Spielen mit seiner Tochter nicht verkneifen. Als "Mapa" hat er von nun an eine Aufgabe zu stemmen, die ihn im Minutentakt alles hinterfragen lässt. Die Joyn-Serie, die sich selbst als 'Sadcom' bezeichnet, beweist dabei, dass auch im übelsten Drama ein hoffnungsvolles Lächeln versteckt sein kann.
"Du bist wie deine Mutter", sagt Metin am Morgen seines Geburtstags zu seiner kleinen Tochter, während er den Inhalt ihrer prallgefüllten Windel beäugt. "Die hat mir auch immer nur Scheiße geschenkt." Mauff spricht diesen Satz mit geringster Mimikveränderung aus und schafft es dennoch, den Zuschauer glauben zu lassen, dass er das höchstens liebevoll-neckisch meint. Der weitere Verlauf von "MaPa" bestätigt diesen Eindruck: Immer mal wieder werden Rückblicke eingespielt, die zeigen, wie jung und planlos die einstige Beziehung zwischen Metin und Emma (Lia von Blarer) verlief, aber auch zutiefst liebevoll. "Versprichst du mir, dass du mich nicht schwängerst?", fragte sie ihn einst, als ob sie genau wüsste, wie viel Arbeit so ein kleines Wesen eigentlich machen kann.
Autor und Schöpfer Alex Lindh weiß, wovon er in "MaPa" erzählt. Er ist zwar kein alleinerziehender Vater, war bei seinem ersten Urlaub mit Kind aber bereits so fix und fertig mit allem, dass er sich gefragt hat, wie seine alleinerziehende Mutter diese aufwühlende Phase ihres Lebens überhaupt stemmen konnte. Die Joyn-Serie soll nun ein Vorbild für andere Papas werden: "Damit Väter endlich kapieren, dass sie nicht weniger für ihr Kind verantwortlich sind, nur weil sie keine Brüste haben."
Die Macher rund um "MaPa", zu denen auch der RBB gehört, beteuern, dass die erste deutsche Sadcom geschaffen wurde. Sicherlich gibt es andere dramatische deutsche Werke mit komödiantischen Zügen. Im modernen Sinn stimmt es aber tatsächlich, dass sich Joyn als einer der ersten deutscher Sender getraut hat, amerikanischen Vorbildern nachzueifern. Mit "Louie" hat das Genre 2010 mehr oder weniger seinen Anfang genommen und mit Werken wie "Fleabag" oder "After Life" seinen vorläufigen Höhepunkt gefeiert.
Laue Gags werden gegen die harte Realität und die manische Lache des Verzweifelten eingetauscht. Ein Metier, in dem ein im Hintergrund lachendes Publikum keinen Platz findet, sondern leise Violinklänge, die die sowieso schon schwer zu ertragenen Szenen noch einmal melancholischer wirken lassen. Die hohe Kunst in diesem Genre liegt darin, dem Zuschauer zwischen all den anbahnenden Tränen Lacher zu entlocken, mit denen er selbst nicht mehr rechnet. Gerade deshalb: Chapeau an Lindh und sein Autorenteam, bestehend aus Laura Bull, Jano Ben Chaabane, Luisa Hardenberg, Daniel Hendler und Donna Sharpe. Die erste deutsche 'Sadcom' ist ein regionaler Pionier, der schlicht außerordentlich gutes Fernsehen darstellt.
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Es hilft natürlich, dass in "MaPa" einige drollige Kinder zu sehen sind. Allen voran die kleine Lene, die selbst in einer schlecht geschriebenen Serie für einige Höhepunkte gesorgt hätte. In diesem Fall ergänzt sich der Charme des Themas jedoch gekonnt mit den Fähigkeiten des Teams, wofür auch Jano Ben Chaabane explizit gelobt werden muss. Er war für die Readymade-films-Produktion nicht nur als Autor tätig, sondern auch als Regisseur. Dementsprechend hatte unter anderem er die Mammutaufgabe zu stemmen, die Kinderdarsteller am Set zu koordinieren.
"Drehen mit Kleinkindern ist die Hölle", heißt es in der Pressemitteilung, was ganz gut verdeutlichen dürfte, wie sehr sich alle Beteiligten an den Rhythmus und die Stimmungen der Kinder halten mussten. "Die Arbeit ist insofern schwierig, als dass sich jeder im Team extrem zurückstellen muss und es dennoch sein kann, dass man nicht das bekommt, was man sich erhofft hat", fasst Hauptdarsteller Mauff den ungewöhnlichen Dreh zusammen.
All die Mühe hat sich gelohnt, wurde mit "MaPa" doch einer der besten Gründe geschaffen, Joyn-Abonnent zu werden. Vor allem in Zeiten, in denen man sich aufgrund der Isolation gerne über den Zustand seines Lebens beschwert, erdet eine derartige Sadcom ungemein. Wenn man Metin sechs Folgen lang dabei beobachtet, wie er zwischen Depression und Hoffnungsschimmer balanciert, erscheinen Probleme wie der fehlende Discobesuch am Samstag plötzlich ganz klein.
Die erste sechsteilige Staffel von "MaPa" steht exklusiv bei Joyn+ zum Streaming zur Verfügung.