Sonderlich viel Glück hatte Sat.1 in den vergangenen Wochen und Monaten mit neuen Formaten nicht. Selbst das mit großem Getöse gestartete "Big Brother" kann man mittlerweile als Flop abhaken. Nun ist aber mit "Promis unter Palmen" ein neues Format gestartet, das Hoffnung macht. Hinkte Sat.1 im Reality-Bereich der Konkurrenz vor allem von RTL meist hinterher, zieht man nun mindestens gleich. Die neue Show ist Reality-Trash vom Feinsten und bietet gerade in der jetzigen Zeit die notwendige Zerstreuung.
Schon bei der Ankündigung des Casts konnte man als geneigter Reality-Liebhaber kaum glauben, wen Sat.1 und Endemol Shine Germany da alles an Land gezogen hatten. Mit dabei sind fast ausnahmslos Reality-Sternchen (andere würden B-Promis sagen), die schon in anderen Formaten unter Beweis gestellt haben, wie gut sie unterhalten können. Neben Désiree Nick sind das unter anderem auch Ronald Schill, Bastian Yotta und das ehemalige "Promi Big Brother"-Pärchen Janine Pink und Tobias Wegener. Und natürlich Claudia Obert, die irgendwas mit Mode macht, aber erst durch "Promi Big Brother" 2017 ins Bewusstsein der Reality-Fans rückte.
Auf Phuket bewohnen die Promis also eine Villa und müssen sich verschiedenen Spielen stellen, der oder die Gewinner/in erhält am Ende 100.000 Euro. Dass alle Teilnehmer dieses Geld auch wirklich dringend nötig haben, lässt der bissige Off-Sprecher quasi nie unerwähnt. Die Promis müssen einem aber natürlich nicht leid tun: Sie wissen, worauf sie sich eingelassen haben und werden selbstverständlich gut bezahlt. Das gilt auch für Désiree Nick, von der man dachte, man habe inzwischen schon alles von ihr gesehen. Und trotzdem ist es eine goldrichtige Entscheidung gewesen, sie zuerst in die Villa zu schicken. Durch sie ist von Anfang an Feuer im Format.
Die Nick tut dann auch brav das, was von ihr erwartet wird. Sie begrüßt jeden weiteren Promi standesgemäß. Und wenn sie dann Eva Benetatou (war mal beim "Bachelor") wissen lässt, dass man sie nicht kennt und sie dann auch noch fragt, ob sie Youtuberin sei, ist das zwar ziemlich durchschaubar, aber eben auch sehr effektiv, weil Benetatou voll drauf anspringt. Nick ist es auch, die ihren schwerer Koffer vor der Treppe stehen lässt und die Kameras wissen lässt, dass sie jetzt erst einmal auf ein "Arschloch" warte, das ihr diesen hoch trage. Auftritt Bastian Yotta, der sich direkt anbietet und auch seinen "Miracle Morning" noch immer zelebriert. Anders als im Dschungel findet er damit aber nur geringen Zuspruch.
Mehr geht nicht: Beim Casting haben Sat.1 und Endemol Shine vieles richtig gemacht.
Die Hauptrolle in der ersten Ausgabe von "Promis unter Palmen" spielt trotz Désiree Nick aber Claudia "when i fuck, i fuck" Obert, die nur im Notfall auch mal ohne Weinglas durchs Bild laufen würde. Beim Einzug gibt sie zu Protokoll, vom Geldgewinn eine große Party feiern zu wollen. "Das ist fest eingeplant", sagt sie. Das muss auch so sein, denn schließlich ist es unter Reality-Fans noch immer ein großer Skandal der TV-Geschichte, dass Obert trotz grenzgenialer Leistungen 2017 "Promi Big Brother" ("Hauptsache es macht bumm") nicht für sich entscheiden konnte. Schon nach den ersten Minuten in der Villa streitet sie sich mit Désiree Nick über ihre Kleider, kurz darauf besinnt sie sich aber auf ihre wahren Stärken. "Gibt’s hier vielleicht mal was zu trinken?", brüllt sie durch das thailändische Traumhaus.
Eingezogen in die Villa ist übrigens auch Ennesto Monte, den man vor allem als Ex von Helena Fürst kennt. Und natürlich von seiner dreimaligen (!) Penis-Verlängerung, bei der er sich Eigenfett ins Gemächt spritzen ließ (und von der es natürlich auch ein Video von RTLzwei gibt). Daran erinnert, bekommt Claudia Obert direkt Kopfschmerzen, aber natürlich ist das auch bei den "Promis unter Palmen"-Teilnehmern ein Thema. Grundsätzlich geht es viel um Penisse, Brüste und Sex. Das liegt auch an Ronald Schill, der vom Ex-"Promi Big Brother"-Paar Janine und Tobi vor allem nur wissen will, wer mit wem wann geschlafen hat und wie das nun genau war. Janine bringt daraufhin explizit die Vibratoren von eis.de ins Spiel, die es länger aushalten würden als ihr damaliger Freund. Untermalt ist das von der eis.de-Werbemelodie "Es rappelt im Karton".
Kommentare, Bauchbinden und Musik auf den Punkt
Überhaupt haben die Macher ein sehr glückliches Händchen - nicht nur bei der Auswahl des Casts. Die Bauchbinden sind wie die Off-Kommentare und die Hintergrundmusik stets auf dem Punkt. "I just got paid", trällert es im Hintergrund, als gerade ein Promi vorgestellt wird. Und Ennesto Monte wird sarkastisch als "lebende Lenden-Legende" vorgestellt. Und wenn es bei Désiree Nick im Hintergrund "This is the greatest Show" spielt, will man dem eigentlich nur beipflichten. Mit einer Ausnahme: Die beste Show liefert Claudia Obert ab. Das liegt auch daran, weil sie noch nicht durch sämtliche Reality-Formate dieses Landes geschleift wurde - im Gegensatz zur Nick, die aber ohne Frage auch sehr unterhaltsam ist.
Bei der hohen Trash-Dichte rücken die Spiele unweigerlich in den Hintergrund, aber die sind ohnehin nur da, um noch mehr Zwietracht zwischen den Promis zu sähen. In einem ersten Spiel werden zwei Team-Kapitäne ermittelt, die nicht aus der Show ausscheiden können. Wenn sie sich ihre Team-Mitglieder ausgesucht haben, geht es in ein weiteres Match. Dort greift dann ein Naturgesetz im deutschen Fernsehen: Auch wenn der Verlauf des Spiels noch so eindeutig ist, muss man den Zuschauern suggerieren, dass es wirklich ganz knapp war. War es natürlich nicht.
Sat.1 hat sein "Sommerhaus" gefunden
Und so muss die Team-Kapitänin des Verlierer-Teams am Ende zwei ihrer eigenen Mitstreiter nominieren und das Gewinner-Team entscheidet, wer von den beiden die Sendung verlässt. Auch hier fällt das Format seiner eigenen Machart zum Opfer. Weil man zuvor schon etliche Szenen gesehen hat, die erst in den nächsten Wochen ausgestrahlt werden, weiß man schon, wer rausfliegt (Ennesto) und wer nicht (Désiree). An dieser Vorschauiritis krankt aber das gesamte Reality-Fernsehen.
Und dennoch ist das höchstens ein kleiner Nebenaspekt eines sonst rundum gelungenen Auftakts von "Promis unter Palmen". Für Sat.1 kommt die Sendung zu einem guten Zeitpunkt. Nicht nur, dass man ein starkes Format immer gut gebrauchen kann, derzeit sitzen Abends auch viele Menschen zu Hause und schauen Fernsehen. Ohne Corona würden wohl weniger Menschen dieses Reality-Prachtstück zu sehen bekommen. Sat.1 hat mit "Promis unter Palmen" sein "Sommerhaus" gefunden - und vielleicht noch mehr. Jetzt müssen nur noch die Quoten stimmen - aber nach diesem Auftakt kann eigentlich nichts mehr schief gehen. "This is the greatest Show" ist schon nah dran an der Wahrheit.
Sat.1 zeigt "Promis unter Palmen" immer mittwochs um 20:15 Uhr.