Normalerweise adaptieren deutsche Fernsehsender gerne amerikanische Erfolgsformate. "Proven Sucess" ist die magische Formel, die das Risiko für eine deutsche Version minimieren soll. Bei "Renn zur Million... wenn du kannst" probierte man bei ProSieben jetzt mal zur Abwechslung das Gegenteil: Das US-Original "Million Dollar Mile" war einer der großen Flops der vergangenen US-Saison. Die Sendung wurde von CBS nicht nur einmal abgesetzt, sondern gleich zweimal, weil sie weder am umkämpften Mittwochabend, noch am in den USA schwachen Samstagabend die Erwartungen erfüllte.



Nun kann man vorweg nehmen: Schlecht ist die von Warner Bros. ITVP Deutschland produzierte deutsche Version "Renn zur Million... wenn du kannst" nicht. Sie ist sogar der bislang vernünftigste Versuch von ProSieben, einen Fuß in die Tür des Genres der Physical Gameshows zu bekommen. Denken Sie bloß an "Superhero Germany" - oder eben lieber nicht. Was ProSieben am Dienstagabend zeigte, war der ganz große Abenteurspielplatz, wie man es selbst nannte: Das Gelände der Henrichshütte im nordrhein-westfälischen Hattingen wurde zum großen Parcours-Spektakel umgebaut.

Drei Wochen hat der Aufbau des Sets gedauert, dann fielen die Aufzeichnungen im Juli ausgerechnet auf sehr regenreiche Tage, was der Auftaktfolge auch in Form so mancher Rutschpartie und sichtbarem Dauerregen zu entnehmen war. Das Konzept von "Renn zur Million" ist schnell erklärt: Kandidaten müssen fünf Hindernisse bewältigen und eine finale Aufgabe lösen, um eine Million Euro zu gewinnen. Zwei Minuten nach ihnen starten die "Verfolger", die versuchen die Kandidatinnen und Kandidaten einzuholen, um sie zu besiegen.

Nach jedem Hindernis - und die Reihenfolge der fünf Hindernisse kann frei gewählt werden - können sich die Kandidatinnen und Kandidaten jedoch auch entscheiden, die bisher erspielte Summe mit nach Hause zu nehmen. Die Gewinnsumme steigert sich logischerweise mit der Anzahl der absolvierten Hindernisse. Auch Teams können antreten und quasi wie im Staffellauf die Hindernisse unter sich aufteilen - dafür sinkt die Gewinnsumme, weil die herausfordernden Aufgaben für mehrere Personen einfacher zu schultern sind als für einen Verfolger bzw. eine Verfolgerin.

Die Show startet flott, beinahe zu flott. Während der ersten Läufe erschließt sich erst durch die Kommentierung von Elmar Paulke so manche Regel. Das imposant beleuchtete Gelände feiert das Format auch weit weniger als man es erwarten könnte. Ein Gefühl für die ganzen Anlage bekommt das Fernsehpublikum so zunächst ebenfalls nicht. Dafür beginnt die Action zügig. Die Show hat Tempo - zumindest zu Beginn. Die hohe Gewinnsumme von einer Million Euro schickt der Show eigentlich eine ordentlich Dramatik mit auf den Weg.

Und doch wirkt "Renn zur Million... wenn du kannst" dann wie eine Mischung aus der mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Sat.1-Show "Catch" und dem mehrfach Fernsehpreis-nominierten "Ninja Warrior Germany" von RTL, das 2016 seine Premiere hatte. Das im Vergleich wirklich weitaus spektakulärere Setting hat leider keinen dauerhaften Effekt auf eine Show, wird nicht gut genug in Szene gesetzt, so dass die Sendung drei Jahre nach der Ankunft der Physical Gameshows in Deutschland wie ein zu später Nachzügler wirkt.

Wäre es dann bloß ein spannendes Spiel um eine Summe, die ein Leben verändern kann. Doch da ärgern Detailfehler: Nicht immer, wenn es möglich wäre, werden die Vorsprungzeiten der Kandidaten auf ihre Verfolger eingeblendet. Damit fehlt dem Mitfiebern oftmals die Grundlage, allein die Kommentierung von Elmar Paulke gibt Anhaltspunkte. Daniel Aminati und Rebecca Mir sind das eigentliche Moderationsduo der Show. Mir jedoch war erst einmal mehr als eine Stunde verschwunden. Aminati übernahm die Begrüßung der Kandidaten sowie das völlig überdrehte Anfeuern ebendieser, wenn diese nach jedem Hindernis wieder durchs Studioset laufen mussten.

"Was hat der Aminati da für ein Zeug geschluckt?", will Elmar Pauke wissen. Und nicht nur er. Später in der ersten Folge durfte dann irgendwann auch mal Rebecca Mir ran. Sie hatte offenbar nicht von den bunten Pillen probiert, war zurückhaltender, wobei die Show letztlich eh nicht mit den Moderationen steht oder fällt. "Renn zur Million... wenn du kannst" liefert ganz soliden Stoff für Fans von Physical Gameshow, kommt aber einfach zu spät und schafft es leider nicht, sein imposantes Setting auch richtig in Szene zu setzen.

Ach, eine sehr nerdige Frage ohne jede Relevanz, treibt den Monk im Fernsehkritiker dann doch noch um: Die Show heißt "Renn zur Milion", Daniel Aminati und Rebecca Mir geben den Kandidatinnen und Kandidaten ebenfalls den Befehl "Renn!" wenn der Countdown runtergezählt hat und sie starten können. Warum in aller Welt aber steht auf den Screens neben der Bühne dann immer überdimensional "Lauf!"? Solche kleinen Details, aber eben auch Einblendungen für permanente Vergleichbarkeit, hat die Brainpool-Produktion "Catch" stimmiger hinbekommen.