"Das wird eine meiner letzten Sendungen sein", sagt Frank Elstner gleich zu Beginn seines Gesprächs mit Jan Böhmermann. "Hier sitzen zwei an einem Tisch: Der eine, der sich langsam, aber sicher von seinem Publikum verabschiedet, und der andere, der mitten im Leben steht und einen Riesen-Erfolg hat."

Elstners neue Sendung ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Einerseits, weil ihr Gastgeber inzwischen 77 Jahre alt ist. Andererseits, weil dieser 77-Jährige sie nicht etwa im Fernsehen präsentiert, sondern bei YouTube. "Wetten, das war's" nennt sich das Format in Anspielung an Elstners größten Show-Erfolg, und es fühlt sich in etwa so an wie der Anfang der Abschiedstournee eines Popstars.

Wobei Elstner streng genommen trotz all seiner Erfolge selten wie ein Popstar daherkam, sondern oft wirkte wie ein freundlicher Sachbearbeiter - bis der geneigte Zuschauer erfährt, dass er mit vier Frauen fünf Kinder zeugte. Den ganz großen Glamour jedenfalls strahlte er Zeit seines Lebens auf der Bühne nie aus, was wiederum ganz wunderbar passt zu diesem Format, bei dem Elstners Sohn Thomas als Produzent fungiert. Ein Tisch auf der Bühne des ansonsten leeren Kölner Senftöpfchen-Theaters reicht als Kulisse. Kein Applaus, keine Lichteffekte. Dafür ein Gast, für den sich der Moderator ernsthaft interessiert.

So sitzen sich Elstner und Böhmermann fast eine Stunde lang gegenüber und sprechen im wahrsten Sinne über Gott und die Welt. "Die Jungen werden fragen: Was will der alte Sack da? Und die Älteren sagen vielleicht: Wer ist denn der mit der Krawatte?", sagt Elstner, als er seinen Gesprächspartner vorstellt, und am Ende hat man tatsächlich das Gefühl, von beiden etwas mehr erfahren zu haben.

"Wissen Sie, worum ich Sie beneide?"

Das hängt auch damit zusammen, dass Elstner bestens vorbereitet, ja wirklich neugierig darauf ist, was sein Gegenüber zu erzählen hat. Ohne Stichwortzettel, dafür mit erkennbarer Lust stellt er seine Fragen und fördert damit in den besonders guten Momenten Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Generationen zutage – und das beschränkt sich glücklicherweise nicht nur auf Elstners Einwurf, was denn das Wörtchen "cheesy" bedeute. 

"Wissen Sie, worum ich Sie beneide?", fragt Elstner irgendwann und beginnt selbst zu erzählen. "Sie sind in einer Generation sozusagen an der Front präsent geworden und erfolgreich, wo man frech sein darf, wo man nicht Everbody's Darling spielen muss." Zu seiner Zeit habe man dagegen noch zu allen liebeswürdig sein müssen. "Man nannte mich mal 'Deutschlands nettesten Schwiegersohn' – auf die Idee würde man bei Ihnen nicht kommen", so der Moderator zu Böhmermann, der sich wiederum über die vielen Schattierungen freut, die heute möglich sind. Zwar erreiche er heute nicht so viele Zuschauer wie Elstner früher, "auf der anderen Seite erlaubt es einem eher, Fernsehen unter dem künstlerischen Gesichtspunkt zu sehen und nicht unter der Maßnahme, möglichst viele Menschen erreichen zu müssen".

 

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Später erzählt Böhmermann, dass er Elstner darum beneidet, in einer Zeit gelebt zu haben, "wo Unterhaltung Unterhaltung war, wo die Grenze klar war, wo der Konsens in der Gesellschaft einigermaßen bestand". Doch der Grand Seigneur widerspricht. Die Zeit sei anders gewesen, aber mit Konsens habe das nichts zu tun. Vielmehr sei die Trennung größer gewesen und niemand habe seine Ecke verlassen. "Kabarettisten waren Kabarettisten."

Dass die Bandbreite heute größer ist, zeigt schon alleine der thematische Bogen des Gesprächs. Von Böhmermanns Erdogan-Gedicht, das dieser im Rückblick als "harmlose, billige Nummer" bezeichnet, über Michael Jackson und die Kirche, bis hin zum Verständnis moderner Unterhaltung. "Das, was mir damals Harald Schmidt gegeben hat als Jugendlicher oder junger Erwachsener, das kriege ich heute Abend durchs Runterscrollen meiner Timeline bei Twitter", erklärt Böhmermann und spricht kurz vor dem Ende der Sendung über eine Radio-Moderatoren, deren Instagram-Storys ihn zum Lachen bringen.

Natürlich geht es auch um "Wetten, dass..?". "Ich drücke Ihnen die Daumen, dass Sie noch einmal 'Wetten, dass..?' machen", sagt Frank Elstner, der das Format bekanntlich einst erfunden und moderiert hat. Doch Böhmermann winkt dankend ab. "Was 'Wetten, dass..? ausmacht, das muss man suchen. Nicht das Format."