Spätestens seit dem Erfolg des "Bergdoktors" hat sich in Mainz herumgesprochen, dass es abseits der Lerchenbergs noch andere schöne Berge gibt – vor allem solche, die sich als Kulisse für Heimatfilme mit modernem Anstrich eignen. Recht emsig war das ZDF zuletzt bei der Sache, wenn es darum ging, neue Reihen dieser Art ins Programm zu nehmen. Von den "Bergrettern" über "Lena Lorenz" bis hin zu "Tonio und Julia" ist inzwischen eine erstaunliche Sammlung an Geschichten vor alpiner Szenerie entstanden. Und mit den "Gipfelstürmern" bekommen die Zuschauer ab sofort noch etwas mehr davon.
Das Setting, immerhin, ist ein etwas anderes, denn die Geschichten, von denen es zunächst zwei zu sehen gibt, spielen in einem oberbayerischen Sportinternat. Idyllisch in den Bergen gelegen, zeigt sich schnell, dass es hier längst nicht so behäbig zugeht, wie es die Sozialpädagogin Nele Seitz (Maya Haddad) zunächst denkt, als sie bei ihrer Ankunft seufzend bemerkt: "Aaah, diese Ruhe." Sie hat von ihrer ehemaligen Uni-Mentorin Dr. Engel (Katja Weitzenböck), die heute das Internat leitet, ein Jobangebot bekommen und tritt die Reise von Köln in die bayerische Provinz an, wo die Nerven erstaunlich blank liegen.
Nein, natürlich ist es hier überhaupt nicht ruhig, wie schon die ersten Minuten zeigen, in denen sich hübsche Landschaftsaufnahmen mit einer rasanten Mountainbike-Abfahrten abwechseln. Diese stammen vom Schüler und Star-Radler Konstantin (Paul Triller), der seit einiger Zeit außer Kontrolle wirkt, weil er seine Fangemeinde mit atemberaubenden Videos bei Laune halten möchte. "Wer so viele Likes hat, kann sich echt aussuchen, mit wem er zusammen ist", hört man ein Mädchen später sagen. Ähnlich angetan ist eine junge Referendarin (Lara Waldow), die von ihren Schülern derart gemobbt wird, dass sie bei ihrer Lehrprobe durchfällt.
Handlungsstränge wie diese könnte dafür sprechen, dass das ZDF mit seiner neuen, von Annette Reeker produzierten Reihe ein etwas jüngeres Publikum im Blick hat. Die über weite Strecken ebenso schleppende wie vorhersehbare Erzählweise macht diese Hoffnung leider schnell zunichte. So bleibt die Handlung über 90 Minuten hinweg zu sehr an der Oberfläche, als dass man vor dem Fernseher ernsthaft so etwas wie Empathie für die Figuren entwickeln könnte. Dabei wären die Grundzutaten für ansprechende Geschichten durchaus vorhanden – es müsste sich nur jemand trauen, die altbekannten Pfade zu verlassen.
Vielleicht liegt ein Problem der "Gipfelstürmer" auch an den Nebenschauplätzen wie dem Gasthof, in dem Nele unterkommt. Dort trifft sie auf einen bayerisch-grantelnden Wirt (Felix von Manteuffel), der exakt so aussieht wie ein bayerisch-grantelnder Wirt in ZDF-Heimatfilmen auszusehen hat. Dass Nele ihm schon bei ihrer Ankunft aus der Patsche half, ist natürlich reiner Zufall. Ebenso wie die Tatsache, dass er sich als Halbbruder der Internatsleiterin entpuppte.
Lobenswert zumindest, dass sich das ZDF traut, mit Maya Haddad ein vergleichsweise unbeschriebenes Blatt mit der Hauptrolle zu betrauen. Leider kommen viele Dialoge arg gestelzt daher. Dazu kommt, dass keine der handelnden Personen schauspielerisch besonders hervorsticht. Was bleibt, sind viele altbekannte Rollenmuster und schöne Bilder, bei denen Jakob Schäuffelen nach Drehbüchern von Sven Hasselberg, Kerstin Pistorius und Anna Tebbe in Szene gesetzt hat. Das könnte schon reichen, um das ZDF-Publikum am Donnerstag bei Laune zu halten. Wer mehr erwartet, wird enttäuscht.
"Gipfelstürmer - Das Berginternat" läuft donnerstags um 20:15 Uhr im ZDF. Beide Folgen stehen zudem schon in der ZDF-Mediathek zum Abruf bereit.