"Hier kann alles passieren", frohlockt Oliver Petszokat zu Beginn von "Hallo Schatz". Ja genau, jener Oli P, der einst bei "GZSZ" mitspielte und Flugzeuge im Bauch hatte, ist jetzt das Gesicht einer neuen Nachmittagssendung, in der es erklärtermaßen um alten Kram geht. Ob wirklich alles passieren kann, sei mal dahingestellt, aber zumindest kann es vorkommen, dass ein altmodisches Holzbett zu einer rustikalen Sitzbank umfunktioniert wird. Upcycling nennt sich dieser Vorgang – ein überraschend moderner Begriff für eine Show, in der eigentlich alles ein bisschen altbacken wirkt.
Von der Schiebermütze auf Petszokats Kopf über das Outfit der Kunsthistorikerin Victoria Beyer bis hin zur schon im 14. Jahrhundert entstandenen Burg Adendorf, die als Schauplatz für "Hallo Schatz" dient – die Produzenten von Bettina Böttingers Firma Encanto haben sich alle Mühe gegeben, der Sendung einen Hauch von gestern oder gar vorgestern zu verleihen. Ein Nachteil ist das nicht, schließlich wirken Setting und Atmosphäre stimmig. Und glücklicherweise ist der Neustart trotz thematischer Nähe weit entfernt davon, als Abklatsch des ZDF-Hits "Bares für Rares" durchzugehen.
Tatsächlich steht der Verkauf der Gegenstände ganz am Schluss einer jeden Folge. Zuvor wird dem Restaurationsprozess erstaunlich viel Raum gewährt und damit letztlich der Handwerkskunst. Zu sehen, wie aus besagtem Bett am Ende eine Bank entsteht oder wie ein 40 Jahre alter Flipper wieder auf Vordermann gebracht wird, hat nicht nur bewahrenden, sondern fast schon beruhigenden Charakter. Holz sei "eine Lebenseinstellung", sagt einer der Möbeldesigner, der dem alten Plunder neues Leben einhauchen soll, und kurz darauf klingt er fast schon philosophisch: "Es ist wie der Mensch, nur es riecht besser."
Weil aber auch Geld nicht stinkt, führen die Handwerker das Upcycling freilich nicht kostenfrei durch. 500 Euro veranschlagt der Holz-Fachmann für die Umgestaltung des Bettes, in dem zuvor 70 Jahre lang genächtigt wurde. Für das Aufhübschen des Flippers, dessen gesamte Mechanik überholt werden muss, verlangt ein anderer Experte gar 1.500 Euro. Der Clou: Gelingt es Oliver Petszokat, einen Käufer zu finden, geht der Gewinn an den ursprünglichen Besitzer der Gegenstände. Mehr als 3.000 Euro kommen am Ende der ersten Folge auf diese Weise zusammen. Ein ordentlicher Betrag für etwas, das eigentlich weggeworfen werden sollte.
Gerade der Aspekt der Nachhaltigkeit macht aus "Hallo Schatz" ein schönes Format, weil damit in Zeiten der Wegwerfgesellschaft eine wichtige Botschaft einhergeht. Zum Glück kommt die Sendung ohne erhobenen Zeigefinger daher, dafür aber mit umso größerem Ehrgeiz von Handwerkern und Moderator. Man merkt den Beteiligten an, dass sie ehrliche Freude für das empfinden, was sie zu tun. Dabei ist die Idee keineswegs neu: RTL hat sich schon vor einiger Zeit an die "Schätze aus Schrott" gewagt und beim ZDF steht mit "Mach was draus" ebenfalls eine Upcyling-Show in den Startlöchern.
Ins Nachmittagsprogramm des Ersten passt "Hallo Schatz" in jedem Fall bestens. Die ruhige Erzählweise mit ihrer wohligen Musik im Hintergrund erinnert an die Langsamkeit der Zoo-Geschichten, die jahrelang auf diesem Sendeplatz zu sehen waren. Ein Nachteil muss das nicht sein. Und überhaupt: Wäre es nicht eine schöne Pointe, wenn der ARD selbst das Upcycling von Oli P. gelänge?
Das Erste zeigt "Hallo Schatz - Vom Plunder zum Prachtstück" ab sofort montags bis freitags um 16:10 Uhr.