Als Sat.1 ankündigte, einen weiteren Ableger von "The Voice" ins Programm nehmen zu wollen, schüttelten nicht wenige ungläubig mit dem Kopf. Braucht das Land wirklich eine Gesangsshow mit Rentnern? Wer in den vergangenen beiden Wochen einschaltete, wird diese Frage mit einem klaren Ja beantworten. Tatsächlich sorgte "The Voice Senior" für viele schöne und vor allem herzliche Fernsehmomente. Die Sendung bot herzzreißende Geschichten und tolle Stimmen hervor und passte damit ganz wunderbar in die besinnlichen Tage.
Sat.1 und die Produktionsfirma Talpa Germany haben also vieles richtig gemacht - wäre da doch nur nicht diese letzte halbe Stunde gewesen.
Ausgerechnet beim Finalmoment zündet Sat.1 die Sparflamme und macht aus dieser wunderbaren großen Show plötzlich ein mickriges Kammerspiel, das fernab der großen Bühne irgendwo in einem kleinen Fernsehstudio seinen Lauf nimmt. Eine Zeitreise habe man gemacht, erklärte Moderator Thore Schölermann dem Publikum kurz vor Schluss. Und bei dieser Zeitreise sei nicht nur seine Kollegin Lena Gercke auf der Strecke geblieben, sondern auch die Coaches, für die es eigentlich ebenso wie für die Kandidaten um den Sieg geht.
Der Cut zu den vorherigen beiden Stunden hätte größer kaum sein können, hatte aber seinen Grund: Weil der erste Teil des Finals bereits lange vorab aufgezeichnet wurde, die Zuschauer aber mittels eines Live-Votings den Gewinner bestimmen dürfen, schien es dem Sender wohl die günstigste Lösung, die Entscheidung im abgespeckten Rahmen zu verkünden.
Und so saßen die vier Finalisten nun also zusammen mit Schölermann in karger Atmosphäre auf einem roten Sofa, während im Hintergrund ein paar Familienmitglieder und Freunde platziert wurden. Mit einem Schlag war all der Glamour, den "The Voice Senior" bis dahin auszeichnete, dahin. Binnen weniger Minuten war diese tolle Musikshow mit ihrer schönen Atmosphäre zur bemitleidenswerten Garagen-Party zusammengeschrumpft, bei der man wohl schon dankbar darüber sein musste, dass sich die Coaches um Yvonne Catterfeld überhaupt dazu hinreißen ließen, noch eine Videobotschaft zu verschicken. Mit Abwesenheit zu glänzen, zeugt nicht gerade von Respekt gegenüber den Kandidaten.
Ganz so peinlich wie die legendären "DSDS"-Entscheidungen auf dem Ossendorfer Parkplatz mag das Finale von "The Voice Senior" nicht gewesen sein; lieblos war das, was Sat.1 seinen Zuschauern da am späten Freitagabend servierte, aber allemal. Bei allem Verständnis für Logistik und Terminplanung: Wenn es nicht möglich ist, kurz nach dem Jahreswechsel ein großes Live-Finale mit allen Coaches auf die Beine zu stellen, dann sollte man entweder die Programmierung überdenken oder es ganz lassen. So darf eine solche Show einfach nicht zu Ende gehen.