In seiner neuen Show legt RTL den Kandidaten Steine in den Weg, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Genauer gesagt: Lego-Steine. Gleich eine Million davon stellt der Sender motivierten Hobbyarchitekten zur Verfügung, um daraus ambitionierte Bauwerke zu basteln und diese dann auch noch in eine möglichst kreative Geschichte zu integrieren. Geld winkt den Gewinnern zwar nicht, dafür aber zumindest der ruhmreiche Titel "Lego Master". So heißt dann auch die gesamte Show, die neuerdings im vorweihnachtlichen Vorabendprogramm läuft und für RTL-Verhältnisse erstaunlich unaufgeregt daherkommt.
Natürlich möchte jedes der vier Zweierteams gerne gewinnen, doch wenn der Monstertruck aus Lego über die mitunter arg wackeligen Brückenkonstruktionen tuckert, an denen zuvor über mehrere Stunden hinweg aufwendig gewerkelt wurde, dann drückt jeder auch den anderen die Daumen. Geflucht wird allenfalls, wenn kurz vor Toreschluss ein Loch in der Brücke klafft oder das Bauwerk unter der Last des Dreieinhalb-Kilo-Gefährts in letzter Sekunde zusammenbricht.
Da faltet sogar Moderator Oliver Geissen aus Sorge um das Gebilde zweier Jungs sorgenvoll die Hände zusammen, als wolle er vor dem nahenden Unglück ein letztes Gebet gen Himmel schicken – vergeblich, wie sich kurz darauf herausstellen soll. Schlimm ist der Brückeneinsturz der jüngsten Teilnehmer der Show aber nicht; später gehen sie gar als Sieger aus dem Wettbewerb hervor und dürfen einen überdimensionierten Lego-Pokal in den Händen halten, weil sie den schönsten aller Freizeitparks bauten.
Ansonsten erfährt man von den Kandidaten nur das Nötigste. Dass sich das Männer-Duo über ihre Frauen kennengelernt hat und dass das Damen-Team am liebsten im Spielzeugladen einkaufen geht, muss als Grundinformation reichen. Von einem der ganz jungen Teilnehmern weiß man später, dass seine schlechteste Zeugnis-Note eine Drei ist, was ihn offenbar wenig bekümmert. "Ich bin trotzdem ein relativ beliebtes Kind in meiner Klasse", gibt er zu Protokoll.
Ein Glück, denn ein Mobbing-Opfer hätte nun wirklich nicht zu dieser flauschigen Stimmung gepasst, die RTL seinen Zuschauern mit "Lego Master" serviert. Großes Drama steht jedenfalls ebenso wenig zu erwarten wie fiese Sprüche der zwei Lego-Experten, die – wir sind ja bei RTL – in jeder Folge von einem Promi fachkundig unterstützt werden. In der ersten Ausgabe ist das "heute-show"-Reporter Lutz van der Horst, auch wenn der bislang noch nicht unbedingt als Architekt epochaler Miniaturbauten von sich reden machte.
Mit Punkteabzug drohen die Experten, unter ihnen eine Abgesandte des weltweit größten Spielzeugherstellers, bei der Begutachtung der Bauten höchstens, wenn ein Element aus der ersten Runde in der zweiten wiederverwertet wird. Viel dramatischer wird’s nicht. Allenfalls die epische Musik, die der Sender für die entscheidenden Momente aus der Schublade geholt hat, soll die Zuschauer offenbar glauben lassen, hier gehe es gerade um etwas sehr Wichtiges. Dabei wird eigentlich nur gebastelt. Stein um Stein, Stunde um Stunde – glücklicherweise komprimiert auf knackige 60 Minuten, die kaum Gefahr laufen, nachhaltig in Erinnerung zu bleiben.
Dennoch hat die Familienshow, die von Endemol Shine Germany produziert wird und ihren Ursprung in England hat, zumindest etwas Beruhigendes, ja fast schon Verbindendes. Bei "Lego Master" können sich Klein und Groß nämlich auf Augenhöhe begegnen und ihrer Fantasie freien Lauf lassen. Wenn sich zwei gestandene Männer daran versuchen, ein paar Fahrgeschäfte für ihren kleinen Rummelplatz zu bauen, dann hat das schon viel Schönes. Freundlicher als bei dieser Sendung war RTL wohl selten zuvor. Und wer weiß – jetzt, da der Sender auf den Stein gekommen ist, wäre der Weg hin zu einer Neuauflage des "Domino Days" auch nicht mehr weit.