"Suchen Sie sich Ihre Männer in Zukunft etwas sorgfältiger aus. Das gilt auch für Ihre Anwälte." Der gut gemeinte Ratschlag der Richterin entpuppt sich als frommer Wunsch, denn die junge Frau, an die er gerichtet, rennt nach ihrer Niederlage vor Gericht erst mal zu dem Anwalt, der sie gerade bei der Verhandlung um Unterhalt gegen ihren Ex-Mann einfach hat sitzen lassen. Die junge Frau heißt Jenny und sie ist – so legt es zumindest der Titel der neue RTL-Serie, die an diesem Dienstag mit einer Doppelfolge startet, nahe – "echt gerecht".
Es ist eine dieser RTL-Serien, von denen man zeitweise das Gefühl hat, der Sender habe den Stoff im Sonderangebot erworben. Frei nach dem Motto: Drei zum Preis von einem. Möglichst nah am Leben der Zuschauer sollen die Geschichten wohl sein – und in aller Regel kann sich das Publikum vor dem Fernseher darauf verlassen, dass nach einer Stunde alles wieder gut sein wird. Ein paar Emotionen hier, ein paar Wortgefechte dort. Dazu etwas Alltagsstress mit Kindern, Männern oder, wenn's richtig hart kommt, mit beiden zusammen.
Schon ist er fertig, der Stoff, aus dem die Serien sind. Und weil das alles wie aus einem Guss wirkt, ist es vermutlich kein Zufall, dass man sich nach Ansicht der ersten beiden Folgen von "Jenny – echt gerecht!" ganz gut Mirja Boes in der Hauptrolle vorstellen kann, obwohl die ja bekanntlich eine der "Besten Schwestern" ist. Zu Birte Hanusrichter wiederum, die die besagte Jenny spielt, könnte im Gegenzug auch die Rolle von Boes in der jüngst um eine zweite Staffel verlängerten Sitcom passen. So austauschbar und holzschnittartig die Charaktere wirken, so vorhersehbar kommen die Handlungsstränge daher, an denen sich die Schauspieler ins Ziel hangeln müssen.
Im Falle der neuen Dienstags-Serie, hinter der die Produktionsfirma Talpa Germany Fiction steht, gibt es immerhin noch einen ganz netten Dreh, denn nach dem verschlafenen Gerichtstermin macht Jenny ihrem von August Wittgenstein gespielten Pro-Bono-Anwalt Maximilian Mertens erst mal gehörig die Hölle heiß – was dem allerdings herzlich egal ist. Weil die Tochter des Kanzleichefs Jenny kurz darauf für die neue Bürohilfe hält, hat die allein erziehende Mutter prompt einen neuen Job. Und von diesem Moment an natürlich einen mehr oder weniger engen Draht zu dem gut aussehenden Anwalt.
Und so nimmt die Handlung ihren erwarteten Lauf. Während sich Maximilian zu Höherem berufen fühlt, mischt sich die bodenständige Jenny – deren stark ausgeprägte Herzensgüte ihr kurz zuvor noch den Job in einem Schnellrestaurant kostete – immer wieder in den Anwaltsalltag ein. Etwa, indem sie gleich in der ersten Folge ein schwangeres Zimmermädchen zur Mandantin macht, die nichts weniger will, als den künftigen Berliner Bürgermeister dazu zu zwingen, die Vaterschaft ihres Kindes anzuerkennen.
Dass dabei nicht immer alles ganz legal zugeht, versteht sich von selbst. Manchmal helfen aber auch schlicht Jennys weibliche Vorzüge, um Recht und Gerechtigkeit ein Stück näher zu kommen. Oder wie es der Kanzleichef sagt: "Die hat Temperament – und 'nen geilen Arsch!" Natürlich funktioniert das Setting einigermaßen gut, weil es in jeder Folge zwischen den "kleinen Leuten" und "denen da oben" eine ganz schöne Fallhöhe gibt, die die Headautorinnen Sabine Leipert und Sabrina M. Roessel natürlich nur allzu gerne bedienen. Das hat man freilich in der Vergangenheit schon gesehen und ehrlicherweise hat man es auch schon besser gesehen.
Man muss dabei gar nicht diverse US-Serien zum Vergleich heranziehen. Es reicht schon, an "Danni Lowinski" zu denken, deren Geschichten einst deutlich ausgeklügelter und damit stimmiger daherkamen. Bleibt zu hoffen, dass "Jenny – echt gerecht!" im weiteren Verlauf der Staffel noch Fahrt aufnehmen und an Vorhersehbarkeit verlieren wird. Dazu müsste sich RTL jedoch trauen, die bereits reichlich eingetretenen Pfade zumindest ein Stück weit zu verlassen.
RTL zeigt "Jenny - echt gerecht!" jeweils dienstags um 20:15 Uhr in Doppelfolgen.