Stellen Sie sich für einen kurzen Moment vor, Sie seien Luftballon-Verkäufer auf einem Rummelplatz. Es ist Ihr erster Tag, Ihre Ballons sind hübsch, keine Frage, und das Geschäft läuft solide – bis plötzlich ein weiterer Luftballon-Verkäufer den Platz betritt. Frech stellt er sich neben Sie und lenkt die Aufmerksamkeit der Kunden mit seinen ungleich größeren und wesentlich bunteren Ballons komplett auf sich. 

Was das mit Fernsehen zu tun hat? Nun, womöglich wird sich Klaas Heufer-Umlauf ein wenig fühlen wie Sie. Der Moderator hat am Montagabend die erste Ausgabe seiner "Late Night Berlin" hinter sich gebracht. Er hat einen ganz ordentlichen Job gemacht, die Witze waren nett, der Talk mit Anne Will solide. Aber dann war da eben noch Jan Böhmermann. Nicht in der Show, sondern in einem offensichtlich von einem Autovermieter bezahlten Werbespot, mit dem er seinem Spätabend-Kollegen mal eben für einen kurzen Moment die Show stahl.

"Warum ich niemals eine Late-Night-Sendung im Privatfernsehen moderieren würde?", fragt Böhmermann in dem Spot – und schiebt die Antwort gleich hinterher: "Schon alleine wegen dieser nervigen Werbeunterbrechung. Als Moderator hast du natürlich absolut keinen Einfluss darauf, was da für Werbespots laufen, wer darin auftritt und wofür geworben wird." Er, Böhmermann, würde sich nie so verkaufen. "Denn glaubwürdige Satire funktioniert nur ohne Werbung." Sprach's und fand sich umrahmt von zahlreichen orangefarbenen Schildern wieder.


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Auf diese Weise hat Jan Böhmermann damit für den größten Lacher des Abends gesorgt. Das war natürlich nicht allzu schwer, weil die ersten Ausgaben von Late-Night-Shows nur selten rundum gelungen sind. Das hängt damit zusammen, dass das Genre von der Routine lebt; von gelernten Abläufen, Running Gags und einem Moderator, für den das Studio eine Art Wohnzimmer ist, von dem aus er die Welt betrachtet. Gemessen daran ist die 20. Ausgabe der neuen "Late Night Berlin" sicher wichtiger und aussagekräftiger als die Premiere-Folge, die an diesem Montag bei ProSieben zu sehen war.

Vieles von dem, was Heufer-Umlauf da in etwas mehr als einer Stunde in seinem überaus stylischen Potsdamer Studio präsentierte - in Günther Jauchs Tischtenniskeller, wie er sagt - wirkte allerdings schon einigermaßen vertraut. Der Stand-Up mit leichten Gags inklusive Frisuren-Scherzen über Donald Trump und Kim Jong Un gehört zu jeder Late-Night-Show. Gleiches gilt für den stichwortgebenden, aber zunächst noch etwas blassen Sidekick, den aufmerksame Klaas-Fans bereits aus dem "Duell um die Welt" kennen. 

Dazu ein etwas zu lang geratener Einspieler, in dem nachgespielt wird, was Passanten der Kanzlerin oder dem (von Heinz Strunk verkörperten) Bundespräsidenten in den Mund legen – nebst eines Cameo-Auftritts von Juso-Chef Kevin Kühnert. Ähnliches hat man in der Vergangenheit auch schon bei "Circus Halligalli" gesehen, wenn auch lustiger. Für einige Augenblicke fühlte sich "Late Night Berlin" sogar an wie "TV total". "Warum verkleidet sich ein Perverser wie Angelo Kelly?", fragte Heufer-Umlauf, als er auf die absurd einfache Verkleidung des Musikers bei "Promi Undercover Boss" zu sprechen kam. Dieser sei "rückwärts durch die Zauberkugel gelaufen und als Achim Menzel wieder rausgekommen".

Das alles lässt sich ganz gut ansehen. Klar ist aber auch: Da geht noch mehr. Jetzt darf man zunächst gespannt sein, wie schnell es dem Team um Moderator und Produktionsfirma Florida TV gelingen wird, der neuen Show zur dringend notwendigen Eigenständigkeit zu verhelfen. Das Talent dazu haben sie allemal. Die spannende Frage wird jedoch sein, wie viel Zeit ihnen ProSieben fürs Experimentieren und Einruckeln lässt. Wäre ja schade, wenn der Late-Night-Traum zerplatzt. Oder, um im anfänglichen Bild zu bleiben: Der Luftballon.

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