Paul McGuinness war früher mal Manager von U2. Er hat die Band groß gemacht, aber nach über 30 Jahren war es wohl genug mit der Zusammenarbeit. Immer häufiger zog es den Iren in sein Haus an der französischen Südküste. Als sehr reicher Mann traf McGuinness dort andere reiche Menschen, die offensichtlich nichts weiter zu tun hatten als ihr Vermögen zu verwalten, sinnlos Kunstwerke zu sammeln und sich möglichst mondän in der Sonne zu langweilen. Als McGuinness dann ins Fernsehgeschäft drängte, trat er an mit der Idee, aus diesem Lebensstil und dieser Landschaft als Produzent eine Serie zu kreieren. So muss man sich wohl die Geburtsstunde von „Riviera“ vorstellen.
Die zehnteilige Serie heißt wie der Küstenstrich zwischen Monaco und Saint Tropez, und im Prinzip ist die Gegend auch eine der Hauptfiguren. Es geht vor allem um die atemberaubenden Ausblicke vom Land aufs Meer, vom Meer aufs Land, vom Himmel auf beide und auf die Serpentinen, die einst schon Grace Kelly befuhr, bevor sie dann Fürstin von Monaco wurde. Es geht um die Häuser, die mit dem Begriff Villa oft unzureichend beschrieben sind. Man besitzt dort kein Grundstück, man bewohnt ein Anwesen und langweilt sich am Pool mit anderen adrett gewandeten Herren und Frauen, die jeden Tag ein anderes, in der Regel sündhaft teures Kleid tragen, um ihre innere Leere zu kaschieren.
Weil aber die innere Tristesse der Schönen und Reichen allein keine Serie über viele Folgen trägt, gibt es auch einen Kriminalfall. Schon in der ersten Folge fliegt eine dicke Yacht in die Luft. Ein Unfall, wie es scheint. Auf der Yacht war auch der Milliardär Constantine Clios. Er hinterlässt nicht nur drei auf verschiedene Art ungeratene Kinder und eine intrigante Ex-Frau, sondern auch seine aktuelle Gattin, die Kunsteinkäuferin Georgina. Die hat für ihn auf Kunstauktionen mit Millionenbeträgen jongliert, muss nun aber lernen, dass ihr seliger Ex wohl doch nicht so ganz der Saubermann war, für den sie ihn halten wollte. In ihr wachsen Zweifel, ob die Explosion der Yacht wirklich ein Unfall war und ob zu Lebzeiten ihres Mannes wirklich alles so sauber zuging wie es aussah. Sie blickt sehr schnell in sehr tiefe Abgründe. Sie muss herausfinden, was wirklich geschah.
Diese Georgina ist neben der Landschaft die zweite Hauptfigur und hauptsächlich dazu ausersehen, in jeder zweiten Szene ein neues schickes Designer-Kleid zu tragen, auf laszive Art an ihrer Sonnenbrille zu fummeln und ansonsten in ihrem Porsche die Riviera entlang zu schaukeln. Julia Stiles, die man aus den Jason-Bourne-Filmen kennen könnte, spielt diese Milliardärs-Witwe und ist leider eine komplette Fehlbesetzung. Sie wirkt ständig wie das Dööfchen vom Land, das mit Kulleraugen auf das schaut, was nicht zu fassen ist. In keiner Sekunde nimmt man ihr ab, dass sie sich mit Kunst auskennt und Bilder für 30 Millionen Dollar ankauft. Alles an ihr ist ganz furchtbar eindimensional. Gegen Julia Stiles, so hart muss man das sagen, ist, nur mal als Beispiel, Veronika Ferres eine große Charakterdarstellerin.
Zwar wird sie vom restlichen Cast ab und an aufgefangen, aber auch die restlichen Schauspieler haben keine Chance, gegen ein Drehbuch, das ihnen ständig bedeutungsschwangere Dialoge aufgibt, was die ganze Angelegenheit sehr schnell als aufwendig inszenierte Edelsoap entlarvt. Natürlich ist die Restfamilie des verstorbenen Milliardärs eine intrigante Bande, und die Vergleiche mit dem Denver-Clan oder der Ewing-Sippe in „Dallas“ liegen an allen Ecken herum.
Man kann sich das anschauen, wenn man ein Faible für Hochglanzproduktionen mit vielen Luftaufnahmen hat, wenn man es mag, dass schöne Menschen fein angezogen in atemberaubender Kulisse herumstehen und bei einem Glas Champagner oder einem Cocktail ihr sonnenbeschienenes Elend zu definieren versuchen. Man sieht dann eine Edelvariante von „Rote Rosen“ oder „Sturm der Liebe“, nur eben besser ausgestattet.
Schnell ist zu merken, dass der Krimiplot die einzige Rettung ist. Zwar schreitet auch der eher mühsam voran, aber hier und da gibt es die eine oder andere schöne Wendung. Das gilt zumindest für die sechs Folgen, die vorab zu besichtigen waren. Die Abgründe sind dabei gelegentlich tiefer als es die Klippen am Mittelmeer andeuten.
Man spürt förmlich, wie die Macher von der Idee begeistert waren, einmal die Hochglanzwelt der vermögenden Klasse an der Riviera als prunkvollen Prospekt mit bewegten Bildern zu produzieren, wie ihnen dann aber schnell aufgefallen ist, dass solch eine pure Beschreibung vielleicht für eine Folge trägt, aber nicht für zehn.
So ist „Riviera“ nettes Gefälligkeitsfernsehen geworden, gewürzt mit jeweils einer Prise Mord, Prostitution und Geldwäsche. Das kann man sich anschauen, wenn man die Gegend dort mag, man kann es sich aber auch problemlos sparen und sich die Grazien im örtlichen Freibad schön trinken.
Die komplette erste Staffel von "Riviera" steht ab sofort in der Originalfassung bei Sky On Demand, Sky Go und Sky Ticket zum Abruf bereit. Ab dem 16. Juni gibt's bei Sky Atlantic HD zudem immer freitags um 20:15 Uhr eine Folge in deutscher Synchronisation. Zu diesem Zeitpunkt steht Synchron-Fassung dann auch zum Abruf zur Verfügung.