Stellen Sie sich eine Serie vor, die eigentlich genauso ist, wie "The Walking Dead": Es herrscht ein postapokalyptisches Szenario, bei dem 80% der Weltbevölkerung durch einen Virus ausgelöscht wurden. Diejenigen, die überlebt haben, müssen in dieser furchterregenden neuen Welt alles daran setzen, Essen, Sprit und eine sichere Unterkunft zu finden. Um das Kopfkino zur besagten Serie abzurunden, müssen Sie jedoch die ganzen Zombies ausblenden, die AMCs Fan-Liebling ausmachen. Die Rede ist nämlich von TNTs "The Last Ship", dass quasi wie "World War Z" ohne das "Z" funktioniert. Dafür gibt es aber allerhand Kanonenschüsse und Patriotismus. Dinge, mit denen sich der ausführende Produzent Michael Bay ("Transformers") schon seit geraumer Zeit einen deutlichen Namen machen konnte.

Ein Teil der noch lebenden 20% befindet sich zusammen mit Commander Tom Chandler (Eric Dane, "Greys Anatomy") auf dem amerikanischen Zerstörer USS Nathan James, der wegen diversen Tests, die Mikrobiologin Dr. Rachel Scott (Rhona Mitra, "Nip/Tuck") mitten im Nirgendwo durchführen musste, vier Monate von der Außenwelt abgeschnitten war. Am letzten Tag der Mission wird dann per Videobotschaften klar, dass der Rest der Welt es nicht ganz so ruhig hatte – und dass Dr. Rachel Scott womöglich die Mittel besitzt, ein Gegenmittel herzustellen.

Keine originelle Geschichte, könnte man meinen. Tatsächlich gab es in den letzten Jahren durch Serien wie "Jericho", "Falling Skies" oder eben auch dem nicht enden wollenden "The Walking Dead" einfach zu viel Stoff, damit "The Last Ship" durch diese Prämisse wirklich herausstechen könnte. Ein Blick auf Michael Bays Filmographie genügt jedoch, um festzustellen, dass ihm die Story noch nie wichtig war. Wichtig sind ihm vor allem schnelle Schnitte und ein ausgiebiger Gebrauch von Special Effects, damit seine Werke stets das Prädikat "Blockbuster" erreichen können. Auch wenn er auf dem Papier nur als ausführender Produzent hinter "The Last Ship" steht und eigentlich Hank Steinberg ("Without a Trace") und Steve Kane ("The Closer") als Schöpfer der Serie vermerkt sind, erkennt man seine Handschrift zu jeder Zeit.

Sein Wesen zeigt sich darin, dass die Wissenschaftlerin natürlich eine sehr attraktive Frau in einem engen Top sein muss. Es zeigt sich aber auch dadurch, dass schier alles in "The Last Ship" explodieren kann. Man sollte sich also nicht wundern, wenn zwei Bäume gegeneinanderprallen und sich anschließend in Rauch auflösen. Vor allem aber erkennt man den klassischen Bay dadurch, dass die Welt nur von einer Instanz gerettet werden kann: 'Murica! Denn die anderen, beispielsweise die Russen, sind von grundauf böse und unfähig. "Russland hat keine funktionierende Regierung mehr", heißt es so sehr früh in der Serie, während man im Hintergrund die amerikanische Flagge ins Auge sticht.

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Und sie sticht immer weiter und weiter. Wenn das echte Amerika nur ein bisschen mehr so wäre, wie Michael Bay es darstellt, müsste die Welt keine Angst mehr vor Donald Trump haben. So aber bleibt "The Last Ship" eine Art Fan-Service für die Bewohner des Landes, das hier durchgehend glorifiziert wird. Außerdem sind die Al Qaida auch in solch existenziellen Zeiten schlimme Terroristen und die Chinesen arglistige Kommunisten. Klischee folgt auf Klischee.

Wer dies jedoch ausblenden kann und auch nichts gegen allerhand Plotlöcher hat, kann sich immerhin auf einen sehr actionreichen No-Brainer freuen, der den Zuschauer mitten auf dem Pazifik rumschippern lässt. Die Bilder kann man aber auch nur dann genießen, wenn man den Ton ausstellt. Was nämlich aus den Mündern der Protagonisten kommt, ergibt teilweise nicht nur keinen Sinn, sondern bereitet vor allem denjenigen Bauchschmerzen, die allergisch gegen eindimensionale und bereits endlos verbrauchte Sprüche sind. Von "Freiheit bekommt man nicht geschenkt – man muss sie sich erkämpfen" bis zu "Wir verhandeln nicht mit Terroristen" ist nämlich alles vorhanden.

Der Vogel wurde leider dadurch abgeschossen, dass einem die Protagonisten gelinde gesagt völlig egal sind. Wenn es bei einer Serie wie "Game of Thrones" zu einer dramatischen Szene kommt, in der eine Figur in Lebensgefahr steckt, zittert der Zuschauer um sein Wohlbefinden, weil er davor schon emotional in sie investiert hat. In "The Last Ship" wird zu keinem erkennbaren Zeitpunkt versucht, eine Verbindung zu Dr. Scott und Co. aufzubauen. So bleibt am Ende einzig und allein der Gedanke, dass es bei manchen postapokalyptischen Szenarien schade ist, dass sie nicht noch etwas schlimmer sind, damit das Grauen viel früher ein Ende findet.  

"The Last Ship" läuft ab heute jeden Samstag ab 21:15 Uhr mit Doppelfolgen aus RTL II