Achtung: Dieser Text enthält einige Spoiler zur neuen Staffel von "Prison Break".
Das Comeback längst totgeglaubter Serien geht weiter: Nachdem zuletzt viele bekannte Titel zurückgekommen sind ("24", "Full House", "Akte X") folgt mit "Prison Break" nun ein Schlachtschiff der 00er Jahre. Am Dienstag lief die erste neue Folge bei Fox, RTL II zeigt die deutsche Version ab sofort immer samstags zur besten Sendezeit. Dem Sender ist damit ein Coup gelungen, mit dem der Seriensamstag deutlich gestärkt wird. Selten zeigen deutsche Free-TV-Sender Erstausstrahlungen so kurz nach der US-Premiere. Doch während "Prison Break" auf dem Papier nach wie vor eine große Nummer ist, kommen mit dem Revival Zweifel auf.
Eigentlich war die Geschichte um Michael Scofield (Wentworth Miller) und Lincoln Burrows (Dominic Purcell) auserzählt und eigentlich hätte sie damals auch viel früher enden müssen. Letztendlich starb Michael, Sara (Sarah Wayne Callies) brachte sein Kind zur Welt und auch Lincoln lebte nach dem Tod seines Bruders endlich sein eigenes Leben. Die fünfte Staffel wirft das nun alles über den Haufen: Denn neben Lincoln, Sara und ihren früheren Wegbegleitern wird schnell klar, dass Michael doch noch lebt. Der kam eigentlich vor acht Jahren durch einen heftigen Stromschlag ums Leben. Und hätte der ihn nicht umgebracht, wäre er vermutlich durch einen Tumor gestorben.
Nun lebt er wieder, sitzt in einem Gefängnis im Jemen und kann sich augenscheinlich nicht mehr an seinen Bruder erinnern. Die Macher werden im Verlauf der fünften Staffel wohl noch genauer darauf eingehen, wie er überlebt hat. Eins jedenfalls ist klar: Mit der Wiederauferstehung von Michael wird auch gehörig am Image von "Prison Break" gekratzt. Die vier Staffeln in den 00er Jahren waren längst nicht immer perfekt, aber sie boten eine in sich geschlossene Handlung. Dass das nun wieder komplett aufgebrochen wird, ist wohl nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, mit einer bekannten Marke nochmal ein bisschen Quote machen zu können.
Und so ist dann auch schnell wieder alles beim Alten: Lincoln gerät mal wieder in Schwierigkeiten, das war früher schon nicht anders. Schließlich erfährt er, dass Michael noch leben könnte und gräbt daraufhin dessen Grab aus, nur um einen leeren Sarg zu finden. Das hat man so schon etliche Male in anderen Serien gesehen und das ist so uninspiriert, dass man sich eigentlich schnellstmöglich ein baldiges Ende der Serie wünschen würde. Lincoln beschließt in den Jemen zu fliegen, wo er Michael in einem Gefängnis wähnt. Dabei wird er aber ständig beobachtet: Es scheint, als wolle jemand Michaels Spuren verwischen und Lincoln daran hindern wollen, nach ihm zu suchen.
Die erste Folge ist nicht schlecht gemacht. Mit Ausnahme von ein paar aufgeregten Szenen, wo viele Menschen durcheinanderlaufen und es eine wilde Schlägerei gibt, sind die 43 Minuten temporeich erzählt. Manchmal will "Prison Break" etwas zu viel Spannung aufbauen und wirkt etwas wahnwitzig, wenn schon wieder alles ganz anders ist als noch vor acht Jahren. Auch das Wiedersehen mit vielen altbekannten Gesichtern macht Freude: T-Bag (Robert Knepper) und C-Note (Rockmond Dunbar) sind ebenso wieder mit dabei wie Sucre (Amaury Nolasco). Wobei T-Bag erneut einer der interessanten Figuren ist. Für ihn haben sich die Macher für den Anfang aber nichts weiter als eine elektrische Handprothese ausgedacht.
Die vielen bekannten Gesichter lassen vermutlich die Herzen der "Prison Break"-Fans höher schlagen und sorgen für ein schönes Retro-Feeling. Das ist aber trügerisch: Eine Serie nur auf dem Retro-Gefühl aufzubauen, wird nicht funktionieren. Früher oder später wird das scheitern. Wenigstens kann man in der neuen "Prison Break" wieder das sehen, was der Name verspricht. Michael sitzt im Gefängnis und Lincoln will ihn rausholen. Schon nach der ersten Staffel ging es ja weniger um einen Gefängnisausbruch als um das Überleben danach. Aber auch in der fünften Staffel wird Michael irgendwann befreit sein und dann macht "Prison Break" schon wieder so überhaupt keinen Sinn.
Es sieht derzeit nicht danach aus, als würden die neuen Folgen von "Prison Break" zu einem großen Hit avancieren: Für Neueinsteiger ist die Serie nicht gemacht, Fans dürften vielleicht noch die erste Folge schauen, nur um dann genervt aufzuhören. 3,83 Millionen Menschen sahen sich den Auftakt in den USA an, das war zwar solide, wenn man bedenkt, dass die Reichweiten bei Serien im Laufe der Zeit normalerweise sinken, droht "Prison Break" ein Quotendesaster. Die vierte Staffel startete noch mit sechseinhalb Millionen Zuschauern, das Finale fand dann nur noch vor etwas mehr als drei Millionen statt.
Neun Folgen hat Fox geordert. Neun Folgen, um die Zuschauer davon zu überzeugen, dass die Geschichte von "Prison Break" tatsächlich weitererzählt werden musste. Und um zu beweisen, dass man das Revival nicht nur angeschoben hat, weil "Prison Break" mal eine große Nummer war, durch die man nun noch ein paar Schlagzeilen und ein paar Zuschauer einsacken kann. Das Fazit zur ersten Folge lautet: Gut, weil temporeich erzählt. Aber auf lange Sicht muss da mehr kommen als viele altbekannte Gesichter und die immer gleiche Story von den zwei Brüdern, die verfolgt werden. Und so bleibt das Gefühl, dass man "Prison Break" vielleicht doch lieber auf dem Fernsehfriedhof gelassen hätte.