Für den Warm-Upper muss es ein ruhiger Abend gewesen sein im Düsseldorfer Maritim-Hotel. Als er eine halbe Stunde vor dem offiziellen Beginn der "Promi-Darts-WM" die Bühne betrat, taumelten die Fans bereits im "Taylor-Wonderland". Sie skandierten "There is only one Phil Taylor" und freuten sich unüberhörbar auf den 16-fachen Weltmeister, der ebenso wie der amtierende Champion Michael van Gerwen und weitere Größen in die Rheinmetropole gekommen war, um zusammen einer Riege durchaus bekannter Namen vor allem eines zu machen: Werbung für den Dartssport.
Moderator Joko Winterscheidt sparte sich beim ersten Aufeinandertreffen mit dem Publikum gar seine vorbereiteten Witzchen – und bekam auf diese Weise noch vor der eigentlichen Show zu spüren, was es bedeutet, in diesem Hexenkessel eine Fernsehsendung zu moderieren. Tatsächlich stand ihm die Überforderung an diesem Abend so manches Mal ins Gesicht geschrieben, denn einfach war es nicht, über fünf Stunden hinweg die Zügel in der Hand zu halten.
Doch auch wenn sie ihm so manches Mal entglitten, so muss man ProSieben und den Produzenten von Endemol Shine nach diesem Abend attestieren, vieles richtig gemacht zu haben. Vor allem haben sie nämlich verstanden, was den Reiz einer Darts-Übertragung ausmacht, und sind nicht der Versuchung erlegen, ihr eigenes Ding durchzuziehen. Es entsteht eben eine ganz spezielle Atmosphäre, wenn diese eigenwilligen Typen, mit denen man sich im Zweifel so viel mehr identifizieren kann als mit einem Cristiano Ronaldo, höchst konzentriert auf ein acht Millimeter breites Doppelfeld zielen, während reihenweise betrunkene Fans im Hintergrund eine wilde Party veranstalten.
"Stand Up If You Love The Darts" singen sie im Londoner Alexander Palace, dem "Ally Pally", in dem sich alljählich die besten Pfeilewerfer um den WM-Titel messen, und natürlich sangen sie diese Zeile auch am Samstagabend in Düsseldorf bei der "Promi Darts-WM". Gut möglich, dass Darts-Fans zu den besten Fans der Welt gehören, weil ihnen die Nationalität der Spieler meist egal ist und sie einfach jeden anfeuern, der der mentalen Belastung auf der Bühne standhält. Dennoch mag es auf so manchen Laien womöglich etwas verstörend gewirkt haben, wieso in Gottes Namen diesen verrückten Schreihälsen in ihren skurrilen Verkleidungen so viel Bedeutung zugemessen wird.
Aber all das gehört eben bei einer waschechten Darts-Übertragung dazu – und war von den Machern freilich erwünscht, schließlich wurden die Tickets auch über die offiziellen Seiten des Darts-Verbands angeboten. Hinzu kommt, dass auch sonst alles da war, was für einen solchen Abend nötig ist. Neben hochkarätigen Profis, die die Fans weitaus mehr feierten als die Promis, hatte ProSieben die bekanntesten Caller engagiert, die inbrünstig jede 180 feierten als wäre es das beste, das diese Welt jemals gesehen hätte. Und dann war da natürlich auch noch Kommentator Elmar Paulke, dem es gelang, die Faszination dieser in vielerlei Hinsicht ungewöhnlichen Sportart mit seiner Fachkenntnis zu vermitteln und somit vor dem Fernseher für jene Ordnung sorgte, die nötig ist, um nicht alle Darts-Neulinge sofort zu verschrecken.
Freilich lief nicht alles rund: Inmitten eines Legs in die Werbung zu gehen, war ganz sicher nicht die glorreichste Idee, die ProSieben an diesem Abend hatte. Die hohe Fehlerquote der Promis dürfte zudem der Regie so manches Mal den Schweiß auf die Stirn getrieben haben, weil nie ganz klar war, in welchem Feld der Pfeil ankommen würde. Und womöglich wäre ein etwas früheres Ende mit einem strafferen Spielplan wünschenswert gewesen – doch anders als beim zähen "Kegelabend" von RTL II wurde hier zumindest reichlich gespielt, auch wenn sich viele Zuschauer über die vielen Unterbrechungen ärgerten.
Wer durchhielt und die zahlreichen Fehlwürfe von Mälzer, Basler & Co. in Kauf nahm, konnte aber sogar so manch überraschenden Moment erleben, so etwa, als Matthias Opdenhövel eine Runde mit einer gekonnten Doppel-20 beendete oder Lothar Matthäus gar die geforderten 67 Punkte mit nur drei Würfen checkte. Am Ende gab es dennoch keine Überraschung, weil sich Tim Wiese im Finale an der Seite des frisch gekürten Weltmeisters durchsetzte. Aber raten Sie mal, wen von beiden die Fans am Ende mehr bejubelten.