Elf Monate ist es her, dass die letzte Ausgabe von "Schlag den Raab" über die Bildschirme flimmerte. Während Stefan Raab seither seinen TV-Ruhestand genießt, hat Steven Gätjen, der die erfolgreiche ProSieben-Show immerhin mehr als vier Jahre lang präsentierte, erst richtig losgelegt. Dass er jedoch im ZDF bislang noch nicht so recht zündete, hat verschiedene Gründe. Das liegt weniger an Gätjen, der sich auf der Bühne keine Fehler leistete, und schon gar nicht an seinem Bart, den das deutlich gesetztere ZDF-Publikum womöglich verschrecken könnte.
Nein, enttäuschend war viel mehr die schwache Umsetzung der "Versteckten Kamera" zu Jahresbeginn. Und den Auftakt der Promi-Showreihe "I can do that" ausgerechnet gegen den quotenstarken Vorentscheid des Eurovision Song Contests zu programmieren, erwies sich in der Rückschau nicht gerade als Glücksgriff. Hinzu kommt, dass sich 90-minütige Shows wie das durchaus sehenswerte "Superhirn" mittlerweile erfahrungsgemäß schwer tun. Dass man, aller Rückschläge zum Trotz, mit "4 geben alles!" nun schon die vierte Show innerhalb eines Jahres in Gätjens Hände legt, spricht für das ZDF.
Vor allem aber spricht es für den Moderator, dem es auch bei dem bereits vor einigen Wochen in Köln aufgezeichneten Neustart wieder nicht an Souveränität mangelte. Die war auch dringend geboten, weil sich das ZDF dazu entschied, bei "4 geben alles!" mit einer Regel zu brechen, die am Samstagabend für gewöhnlich eine gute Quote verspricht: Prominente Gäste sieht das Konzept nicht vor. Stattdessen spielten drei vierköpfige Familien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in der Premieren-Ausgabe die absolute Hauptrolle - quasi ohne Stars und doppelten Boden.
Das ist ein durchaus gewagtes Unterfangen, weil zunächst überhaupt nicht klar war, ob diese die über zweistündige Eurovisions-Show mit einem ungewöhnlich farbenfrohen Studio-Design wirklich tragen würden. Glücklicherweise bewies die Produktionsfirma i&u beim Casting ein glückliches Händchen und fand sympathische Familien, die man dem Publikum auf eine einigermaßen geschickte Weise näherbrachte, indem sie Teile ihrer Einrichtung in einen großen Container zu verfrachten hatten. Dieser wurde schließlich nach Köln gekarrt, wo das Studio-Publikum für die kreativste Deko die ersten Punkte im Rennen um die 100.000 Euro schwere Siegprämie vergab.
Ohnehin nahmen die Zuschauer bei der Premiere von "4 geben alles!" eine erstaunlich wichtige Rolle ein. Sie alle bekamen nämlich ein Armband überreicht, das messen sollte, welche der drei Familien die meisten Emotionen bei ihnen auslöste. Dafür gab es kurz vor dem Finale leider so viele Punkte, dass die vier Mitglieder einer jeden Familie in den ersten beiden Stunden so viel geben konnten wie sie wollten, aber letztlich von den Sympathiebekundungen des Publikums abhängig waren. Nötig wäre das nicht gewesen: Diese technische Komponente passte nämlich so gar nicht in die sehr warmherzige Familienshow, die im Laufe des Abends ganz viele verschiedene Gesichter zeigte.
Das altbackene Quiz, bei dem sich die Kandidaten mit einiger Mühe auf sich nach vorne neigenden Sofas halten mussten ("Flitterabend" lässt grüßen), ließ die Show glücklicherweise schnell hinter sich. Erfrischender war da schon die Idee, die Familienväter mit Tuk-Tuks in den dichten Verkehr Bangkoks zu schicken – navigiert von den zu Hause gebliebenen Lieben. In der zweiten Hälfte wurde der Wettkampf der Familien schließlich noch einmal verschärft, indem jeder eine Aufgabe zu bewerkstelligen hatte, für die in den Wochen zuvor trainiert werden konnte. Das erinnerte mit kleinen Spielen wie dem Stapeln von Zuckerwürfeln oder dem Werfen von Müllsäcken gewissermaßen an eine Mischung aus "Stunde der Wahrheit" und "Perfekter Minute".
Emotional wurde es indes immer dann, wenn die Mamas mit einem ganz persönlichen Musikvideo überrascht wurden, für das die Papas mit ihren Kids Unterstützung durch Tim Bendzko bekamen. Eine Show mit vielen, vielleicht sogar etwas zu vielen Facetten. Wie gut, dass Steven Gätjen stets einen kühlen Kopf bewahrte und nicht nur überaus aufgeräumt durch den Abend führte, sondern sich stets auf Augenhöhe mit den Kids bewegte. Er hielt eine Sendung zusammen, die gerade in der Anfangsphase etwas schwer greifbar schien, weil zwischen Emo-Bändern und gut gelaunten Familien erst klar werden musste, welche Art von Show "4 geben alles!" eigentlich sein möchte.
Es dauerte daher eine Weile, bis der Funke übersprang, doch am Ende war klar: "4 geben alles!" ist grundsolide Unterhaltung, der allerdings etwas weniger Schnickschnack und an manchen Stellen ein noch stärkerer Fokus auf den Wettbewerb ganz gut täte. Daran lässt sich gewiss arbeiten. Dem Moderator jedenfalls wäre zu wünschen, dass der vierte Anlauf im Zweiten endlich zum Erfolg führt. Er hat schließlich wirklich alles gegeben.