Neulich wurde mir auf YouTube ein Video vorgeschlagen. Es trug den Titel „Thommy mach dein Ding“ und da ich sowieso gerade fleißig am Prokrastinieren war, klickte ich drauf. Das Video begann und ich entdeckte Großartiges wieder. Es handelte sich um einen Ausschnitt der abgesetzten ZDF- Unterhaltungssendung „Wetten, dass..?“ aus den guten, alten Gottschalk-Zeiten, als die Welt noch im Einklang des Guten war.

Es herrschte damals gerade Abschiedsstimmung. Gottschalk hatte angekündigt mit „Wetten, dass..?“ abzuschließen, Kerkeling hatte angekündigt erst gar nicht mit „Wetten, dass..?“ anzufangen. Das Video zeigte die letzten Minuten der Sendung in der Gottschalks damalige Co-Moderatorin Michelle Hunziker eine Überraschung ankündigte. Und die kam. Es versammelten sich alle Gäste der Sendung auf der Bühne. Alles, was Rang und/oder Namen hat schnappte sich ein Instrument, um für den Heiland der Fernsehunterhaltung im kaiserlichen Habitus ein letztes Abschiedslied zu spielen.

An der Gitarre unser erfolgreichster Vertreter des deutschen Humors Otto Waalkes, Macher und Darsteller von Deutschlands erfolgreichstem Kinofilm, zahlreiche Nr. 1 Chartplatzierung, er erreichte mit seinen Shows seinerzeit 44% aller Fernsehzuschauer. David Garrett an der Geige, 2,5 Millionen verkaufte Tonträger. Hape Fucking Kerkeling, Komiker mit 500.000 Kinobesuchern und Literat mit mehr als vier Millionen verkauften Exemplaren des erfolgreichsten deutschsprachigen Sachbuchs ever.

Die Rassel bekam Dirk Bach, der mit dem Dschungelcamp 7,40 Millionen Zuschauer holte. Daneben Wladimir Kltischko, Weltmeister im Schwergewicht mit 64 Siegen von 68 Wettkämpfen und Gold bei den Olympischen Spielen. Es sangen Clueso und Rock-Ikone Udo Lindenberg, die zusammengerechnet mehr als 5 Millionen Tonträger verkauft haben. Da war sie nun auf der Bühne von Europas erfolgreichster Fernsehshow: Die unfehlbare Créme de la Créme der deutschen Unterhaltungskunst. Und aus Versehen auch Andrea Sawatzki.

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Sie alle sangen gemeinsam mit Michelle Hunziker für den unangefochtenen TV-Dinosaurier, der einst über 20 Millionen Zuschauer an den Apparat fesselte: Thomas Gottschalk, die nie erreichte Nummer eins, stand währenddessen sichtlich gerührt vor einem Audi A1. Jedem Zeuge dieses unfassbaren Spektakels war in diesem Moment klar: Hier geschieht gerade Großes! Eine Ära geht zu Ende! Volksunterhaltung! Ein ganzes Land blickt auf! Das sind die besten Menschen der Welt!

„Thommy mach dein Ding!“, dröhnt es bedeutungsvoll aus ihren wohlgeformten Mündern, „egal, was die anderen labern. Was die Schwachmaten einem so raten, das ist egal“. Inspirierender als Jesus. Was für eine gigantische Botschaft von den erfolgreichsten Millionären unseres Landes: Lasst euch nichts einreden, glaubt an euch! Dann wird der Erfolg schon kommen! Macht euer Ding!

Diese Szene fand vor genau fünf Jahren statt.

Es war der Höhepunkt der Legenden. Der Gipfel der gepflegten Unterhaltungskunst! Sie schwebten in der Hauptattraktion ihres Schaffens! Die Krönung, das Maximum, der ganz und gare Glanzmoment in vollendeter Perfektion! Und was soll man sagen: Es war nicht nur bedeutungsschwangeres Herumgeschwafel, denn nach diesem fulminanten Auftritt gingen sie in die Welt hinaus und machten genau das: Ihr Ding!

Otto Waalkes machte sein Ding. Nachdem ihm irgendjemand Internetzugang in seinen Leuchtturm verschafft hatte, fand er in einem unbeaufsichtigten Moment zahlreiche YouTuber und drehte mit ihnen 2015 den Film „Kartoffelsalat - Nicht fragen!“. Dieser belegte auf zahlreichen Rankings Platz eins der schlechtesten Filme und gilt als warnendes Mahnmal der Branche. Doch wer wirklich sein Ding macht, nicht nach links oder rechts schaut und einfach ignoriert, was die Schwachmaten einem so raten, der gibt sich damit allein natürlich nicht
zufrieden! Mit diesem Ehrgeiz schaffte Waalkes es auch noch, die Hauptrolle in einem Musikvideo zuspielen. Von DJ Bobo. Stark!

Hape Kerkeling machte sein Ding. Er brachte 2014 das Schlageralbum „Ich lasse mir das Singen nicht verbieten“ heraus. Darauf coverte er völlig unironisch Hits des deutschen Schlagers, bei denen man eigentlich froh war, sie entweder noch nie oder wahlweise schon sehr, sehr, sehr lange nicht mehr gehört zu haben. Bis heute warten wir sehnsüchtig auf das zweite Album „Hätte mir mal bloß einer das Singen verboten“... Stattdessen gab er uns nur ein Interview im "Spiegel", in dem er erklärte, er habe im Fernsehen sowieso immer nur alles sehr hart gehasst! Stark!

David Garrett machte sein Ding. Der warmäugige Teufelsgeiger mit der wunderschönen Elbenfrisur brachte 2013 einen überaus peinlichen Kinofilm mit Product Placement heraus und 2016 wurde ihm von einem Escort-Girl vorgeworfen, er habe ihr entwürdigende sexuelle Handlungen, blaue Flecken, eine Rippenprellung und sechszehn Studioalben zugefügt. Sie fordert 15 Millionen US-Dollar, er streitet alles ab und reicht eine Gegenklage in Höhe von zehn Millionen Dollar ein! Doch keine Angst: Die Stradivari ist wohlauf! Was für ein Teufelskerl! Stark!

Wladimir Klitschko machte sein Ding. Der unschlagbare König kämpfte 2015 gegen den Pflichtherausforderer Tyson Fury. Es war einer dieser Abende an denen man hofft, dass RTL vor lauter Inszenierung nicht vergisst den Boxkampf zu übertragen. Und was geschah dann: Huch! Es gab keinen Sieg für ihn und „Dr. Steelhammer" verlor nach über neun Jahren seine vier Weltmeistertitel. Doch wer weiß: Vielleicht war ja der gute Tyson gedopt! Wladimir beteuert jedenfalls, in seinem Blut fließe ausschließlich Milchschnitte. Stark!

Dirk Bach machte sein Ding. Und starb. Bummer.

Michelle Hunziker machte ihr Ding. 2012 saß sie neben Dieter Bohlen in der Jury der Sendung „Das Supertalent“ und schaute dabei zu, wie Menschen vorgeführt werden, bei denen man ehrliche Zweifel besitzt, dass sie wussten worauf sie sich eingelassen haben. Da wird bekanntermaßen schonmal über dicke Kinder gelacht, die nicht richtig singen können oder Männer gezeigt, die mit ihren primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen Blumengemälde auf Leinwände zaubern. Stark!

Moment. Moment. Moment. Halt, STOP! Da saß doch noch jemand mit in der Jury von RTL! Wer war das noch gleich...? Ah, richtig: Thomas Gottschalk! Auch er machte sein Ding. Hier schließt sich der Circle of Highlife. Nach „Wetten, dass..?“ versaubeutelte er erstklassig eine ARD-Vorabendsendung ohne Konzept und stieg mit größtmöglichem Tamtam und ebenso großer Doppelmoral in dat RTL ein. Da saß er nun, während auch das einstige Flaggschiff „Wetten, dass..?“ sein Ding machte und bis 2014 nicht darauf hörte, was die Schwachmatten so geraten haben! Stark!

Es liegen nur fünf kurze Jahre zwischen dem heutigen Tag und dem Auftritt von damals. Und doch ist seitdem mehr passiert als an einem durchschnittlichen Tag auf dem Twitter-Profil von Boris Becker. Jedoch gibt es zwei feige Angsthasen, die wohl nicht an ihr gesungenes Appell glauben? Pff, Kneifer! Peinlich, dass es gerade die Karrieren von Udo Lindenberg und Clueso sind, die seitdem konstant stocken! Und die von Andrea Sawatzki.