Lisa und Frank führen eine ungesunde Beziehung. Zwischen Biker-Treff, Alkohol-Exzessen und Arbeitslosigkeit ist ihr Leben von lautstarken Auseinandersetzungen, häuslicher Gewalt und für Lisas Mutter kaum nachvollziehbarerer, schneller Vergebung geprägt. Als Lisa dann einen anderen Mann kennenlernt, eskaliert alles - und ein Mensch wird sterben. „Gottlos“, die neue RTL II-Serie, erzählt diese Geschichte der heutigen Auftaktfolge „Sex, Drugs & Rock’n’Roll“. Buch und Regie lagen bei dem Projekt, das auf dem niederländischen Format „The Godless“ basiert, in den Händen von Grimme-Preisträger Thomas Stiller. Produziert haben Conradfilm und Bavaria Fernsehproduktion.

Ist „Gottlos“ eine Krimiserie? Keine klassische jedenfalls. Sie ist in jedem Fall eine erfreuliche Abwechslung in einem oft eintönigen Genre. Ähnlich erfrischend - wenn auch auf ungleich komplexerem Niveau - war zuletzt Oliver Berben mit den Serien-Verfilmungen der Schirach-Bücher „Verbrechen“ und „Schuld“. Es ist nicht die Spannung, die „Gottlos“ trägt sondern der Wissensvorsprung des Publikums. Die Faszination ähnelt in gewisser Weise der des ZDF-Klassikers „Aktenzeichen XY“: Wir als Zuschauer wissen, dass die Erzählung am Ende im Verbrechen enden wird. Offen bleibt hier aber die Frage, wen es treffen wird.

Der Reiz der RTL II-Serie besteht in der Beobachtung des Unvermeidlichen. Es ist in doppelter Hinsicht die umgekehrte Krimi-Dramaturgie: Nicht nur, dass die einzelnen Folgen nicht mit dem Verbrechen beginnen sondern enden. Sie leben damit auch nicht vom Rätseln der Zuschauer über den möglichen Täter sondern der Frage, wer am Ende das Opfer sein wird. In 45 Minuten muss der Bogen erzählt sein. Schnell rein ins Thema, schnell wieder raus. „Gottlos“ ist der Quickie unter den neueren deutschen TV-Serien. Dass es vorerst auch nur drei Episoden sind, trägt seinen Teil dazu bei. Sich selbst ein Bild von der Serie machen, kostet wenig Zeit.

Aber machen drei Folgen eigentlich schon eine Serie? Die Mini-Staffel schreckte im Vorfeld schon einige Serienfans ab, die gerne eintauchen in komplexe, horizontal erzählte Serienwelten. Das kann und will „Gottlos“ mit seiner Struktur gar nicht liefern. Hochkarätig besetzt sind die Krimi-Häppchen dennoch: Zu den mitwirkenden Schauspielern gehören Matthias Koeberlin, Jule Ronstedt und Ralf Herforth. „Gottlos“ wird nicht nur von RTL II interessiert verfolgt, suchen doch alle werbefinanzierten Privatsender nach einer Antwort auf die neue Serienkultur. Komplexe Serien mit fortlaufenden Handlungen funktionieren im Pay-TV und On-Demand besser.

Eine Renaissance der Serien mit abgeschlossenen Handlungen sind da der feuchte Traum eines jeden Fernsehmachers, der im Linearen das Populäre bedienen will bzw. muss. RTL II ist auf dem Weg im Serien-Genre das Populäre zu finden. Die Produktion spaltet damit die Gemüter. „Gottlos“ ist in Schlagzahl und Qualität nur ein kleiner Schritt für die deutsche Serienlandschaft, aber ein großer für RTL II - einem Sender auf der Suche nach Wachstumspotential. Unter Führung von Geschäftsführer Andreas Bartl und Programmchef Tom Zwiessler hat man dabei auch schon Rückschläge einstecken müssen. Gegen den gescheiterten Versuch einer Neuauflage der Castingshow „Popstars“ im vergangenen Jahr ist „Gottlos“ schon mal ein Heidenspaß.

Mehr zum Thema