Ich bin wahrlich nicht der Erste, der Hassbotschaften und Gewaltandrohungen bei Facebook meldet oder thematisiert. Aber weil sich nichts ändert, braucht dieses Thema jede Plattform die es kriegen kann. Das größte soziale Netzwerk der Welt agiert gänzlich verantwortungslos und toleriert trotz Kenntnis gewaltverherrlichende und/oder fremdenfeindliche Postings auf seinen Seiten. Ich erwarte ja nicht einmal, dass Facebook selbst proaktiv im Blick hat, was auf seinen Seiten so alles geschrieben wird - wir wären schnell bei einer Diskussion über Zensur.

Aber ich erwarte, dass man verantwortungsbewusst handelt, wenn man darauf aufmerksam gemacht wird. Und das tut Facebook nicht. Dabei liegt die Verantwortung für Facebook im deutschsprachigen Markt in den Händen einer erfahrenen Medienmanagerin. Marianne Dölz, Country Director DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz), müsste wissen um die Wirkung der zigtausendfach auf Facebook verbreiteten Hassbotschaften von denen die hier im Artikel eingebauten, von mir gemeldeten Beispiele sicher noch nicht einmal die schlimmsten sind.

Marianne Dölz© Facebook

Unter der Verantwortung von Frau Dölz toleriert Facebook im deutschsprachigen Markt wissentlich die Vergiftung des öffentlichen Raums mit Hassbotschaften und ermahnt stattdessen auch noch diejenigen, die auf offensichtliche Missstände hinweisen, die „Melden“-Funktion nicht zu missbrauchen. Das ist beispiellose Inkompetenz im Community-Management, die ein sehr schlechtes Licht wirft auf das größte soziale Netzwerk der Welt.

Liebe Frau Dölz, wenn Ihnen schon Anstand, Werte und Umgangston in Ihrem Social Network völlig egal sind, so denken Sie doch wenigstens mal ganz pragmatisch - beispielsweise an den Imageschaden, wenn Ihre Verantwortungslosigkeit zu öffentlicher Empörung führt. Wenn Facebook also schon das Menschliche fremd ist, vielleicht ist wenigstens das ja ein wichtiges, weil wirtschaftlich relevantes Kriterium, künftig mehr Verantwortung zu übernehmen und das Community Management neu zu organisieren.

Das wird Geld kosten, weil es mehr Arbeit macht als sich Facebook bislang eingestehen will. So wie YouTube und andere Videoportale sich einst in einer frühen Phase auf der naiven Annahme ausruhten, von User illegal hochgeladene Filme würden nicht in ihrer Verantwortung liegen, so muss auch Facebook gerade wegen seiner Marktdominanz aufwachen und Verantwortung übernehmen: Klassische Medien unterliegen moralischen (Presserat, Jugendschutz etc.) und rechtlichen Instanzen, die die Verantwortlichen bei Verstößen zur Rechenschaft ziehen.

Facebook Hass© Screenshot/DWDL.de

Social Networks - und damit nicht nur Facebook - entziehen sich bislang noch zu oft dieser Verantwortung. Gleichzeitig nähern sie sich immer mehr klassischen Medienhäusern an (Stichwort: Instant Articles). Spätestens an diesem Punkt wird aus der persönlichen Motivation für diesen Kommentar auch ein Thema für den Medienjournalisten in mir. Wann immer in den vergangenen Jahren das Thema Medienregulierung aufkam, ging es nur um einzelne, wirtschaftliche Interessen der Marktteilnehmer.

Meist stritten Verlage, Fernsehsender und digitale Wettbewerber über Werberichtlinien, Marktkonzentration oder das legendäre Leistungsschutzrecht. Aus Nutzersicht waren all das zunächst einmal belanglose Aspekte, die vorrangig wirtschaftlichen Interessen geschuldet waren. Doch hier, in diesem Fall, könnte Medienregulierung auch endlich mal im Sinne der Nutzer von Bedeutung sein. So wie klassische Medien für ihre verbreiteten Inhalte verantwortlich sind, muss eine vergleichbare Verantwortung auch für soziale Netzwerke gelten.

Wer auch immer zuhause in Jogginghose am Kacheltisch sitzt und hasserfüllt seine Kommentare in die Tastatur hämmert - er oder sie füllt technisch gesehen erst einmal ein Eingabeformular auf einer Website aus. Das würde kaum jemand mitbekommen, wenn es nicht vom weltgrößten sozialen Netzwerk Facebook verbreitet, auffindbar gemacht und auch trotz Meldung toleriert werden würde. Das macht mich wütend und treibt mich weiter an, jeden unangebrachten Kommentar zu melden und jede Untätigkeit von Facebook zu dokumentieren.