Noch bevor die Show begann, begrüßten ihn die Zuschauer im Studio mit minutenlangem Applaus. "Die Stimmung ist heute so gut, wir brauchen gar kein Warm-Up", sagte der Umjubelte schließlich - um alsdann loszulegen. Sehr zur Überraschung des Teams, das wie gewöhnlich auf spontanes Geplänkel, die "Berliner Luft" und den berühmt-berüchtigten Frosch-Witz eingestellt war. Doch all das fehlte diesmal, weil nichts so war wie gewöhnlich. Kein Wunder, hört der Umjubelte doch auf den Namen Harald Schmidt.
Gewöhnlich war an dieser Ausgabe, die vermutlich die letzte der "Harald Schmidt Show" gewesen ist, eigentlich nur das Stand-Up. Das bot sich nach dem Urteil gegen Uli Hoeneß aber auch an und bot Schmidt noch einmal die Grundlage für wunderbaren Spott gegenüber dem Bayern-Boss, aber auch dem Bezahlsender Sky, der Schmidt in den vergangenen anderthalb Jahren noch einmal zur Überraschung vieler Beobachter der Branche eine Bleibe bot. "Ich habe einen Vorteil gegenüber Hoeneß", sagte Schmidt und löste auf: "Ich werde heute entlassen." Dann schob er nach, sowohl Hoeneß als auch er selbst hätten viel verzockt. "Er Euro, ich Zuschauer."
Die Zeit bei Sky habe er jedoch genossen, betonte der scheidende Late-Night-Star: "Es war ein tolles Gefühl, mal unbeobachtet zu sein." Und bei den Zuschauern bedankte sich Schmidt schließlich dafür, heute eingeschaltet zu haben. "Noch schöner wär's gewesen, sie hätten's auch in den letzten drei Jahren gemacht." Tatsächlich sendete Schmidt zuletzt nur noch vor sehr kleinem Kreis, was schade ist, weil seine Sendungen längst nicht so schwach waren wie das mancher Kritiker gerne behauptete, auch wenn es Schmidt nie mehr vollends gelang, an einstige Glanzzeiten anzuknüpfen.
Doch selbst ein schwacher Schmidt spielt eben noch über jenem Niveau, das man inzwischen im deutschen Fernsehen zumeist serviert bekommt. Den Dank für fast zwei Jahrzehnte Late-Night erntete er am Donnerstag gleich mehrfach, denn nicht nur vor der Show wollte der Applaus für ihn kaum enden. Auch vor seinem letzten Monolog wurde Schmidt über Minuten hinweg beklatscht - und er machte auch keine Anstalten, den Applaus zu unterbinden. Nein, Schmidt blickte in die Kamera und ließ ihn über sich ergehen. Fast so, als wolle er der anwesenden Sky-Führung sagen: Seht her, sie mögen mich doch noch!
Im weiteren Verlauf seiner Abschiedsshow gab sich Schmidt allerdings sichtlich Mühe, nicht mehr als nötig im Mittelpunkt zu stehen. Dafür versammelte er noch einmal all jene Sidekicks zum Würstchen-Essen an einen Tisch. Dass er dabei an der Seite saß und nicht etwa in der Mitte, passte da nur allzu gut ins Bild. Was folgte, war ein mehr oder weniger lustiger Schlagabtausch. Kein Rückblick, kaum Nostalgie. Hauptsache keine Wehmut aufkommen lassen. Dann war plötzlich Schluss: "Meine Damen und Herren, das war's", sagte Schmidt nach einem Auftritt von Judith Holofernes und begründete seine Eile damit, sich etwas verquatscht zu haben. "Dankeschön für 19 Jahre. Ihnen alles Gute, Merci und guten Abend. Ciao." Berühmte letzte Worte sehen anders aus, doch dieser unspektakuläre Abschied passt zu Schmidt. Er hat es längst nicht mehr nötig, sich größer zu machen.
Doch dann war er noch einmal da: Dieser nicht enden wollende Applaus, den sich Harald Schmidt nach all den Shows mit vielen unvergessenen Momenten redlich verdient hat. Mehrfach kehrte er am Donnerstag noch auf die Bühne zurück, um den Applaus des Publikums aufzusaugen. Als sich die Zuschauer immer noch nicht beruhigen wollten, kam er schließlich ein viertes Mal und betonte, die Botschaft sei angekommen. Den Fans wäre es zu wünschen. Und wer weiß - vielleicht sind die Plakate im Foyer ja kein Zufall. Plakate, die auf die "Harald Schmidt Show" mit Madame Nathalie, Olli Dittrich und Helmut Zerlett hinweisen. Ganz ohne ein Senderlogo in der Ecke.