Die Umstellung von der alten Rundfunkgebühr auf den neuen Rundfunkbeitrag ist eines der größten Aufregerthemen des Landes - so scheint es zumindest, wenn man seit Jahresbeginn vor allem die Print-Landschaft verfolgt. Nachdem sich nach der Kampagne Anfang des Jahres die Wogen zuletzt vorübergehend geglättet hatten, rückt das Thema nun, da sich das Ende des ersten Jahres nähert und damit etwas klarer wird, wie sich die Einnahmen tatsächlich verändern, wieder stärker ins Blickfeld. Nun berichtet das "Handelsblatt" über die Etatplanungen des ZDF. Demnach rechnet das ZDF im kommenden Jahr mit knapp 25 Millionen Euro höheren Einnahmen durch den Rundfunkbeitrag. Da dem ZDF knapp ein Viertel der Gesamteinnahmen zustehen, käme man umgerechnet also auf 100 Millionen Euro Mehreinnahmen in 2014.
Die "wundersame Geldvermehrung", die für Leser des "Handelsblatts" ja eigentlich eher wundersam gering ausfallen müsste, weil man Anfang des Jahres wie auch viele andere Medien noch mit weit höheren Zahlen hantiert hatte, klingt auf den ersten Blick natürlich gewaltig. Doch angesichts der Gesamt-Einnahmen ist es ein Zuwachs von weniger als eineinhalb Prozent. Das Ziel, die Umstellung von Gebühr auf Beitrag weitgehend aufkommensneutral zu gestalten, hätte man also auch damit noch erstaunlich gut hinbekommen. Schon deswegen ist die große Aufregung kaum nachzuvollziehen. Dabei handelt es sich natürlich noch immer um Schätzungen, wieviel letztlich tatsächlich in die Kasse kommt, vermag noch immer niemand mit Sicherheit zu sagen.
Doch sollten es 100 Millionen Euro zusätzlich werden, dann wäre das kein Skandal, sondern eine gute Nachricht für alle Beitragszahler. Denn: Wieviel Geld ARD und ZDF zusteht und wieviel sie auf Dauer ausgeben können ist gar nicht abhängig von der konkreten Entwicklung der Einnahmen durch die Umstellung auf die Rundfunkgebühr. Das zugegeben etwas komplexe und für viele seltsam anmutende System funktioniert anders. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten selbst sagen zunächst, wieviel Geld sie aus ihrer Sicht benötigen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Diese Forderungen reichen sie bei einer unabhängigen Kommission aus Finanzexperten, der KEF, ein, die jeden Posten begutachtet und zu hohe Forderungen zurechtstutzt. Heraus kommt ein Betrag, der dann auf den einzelnen Gebühren- oder nun eben Rundfunkbeitragszahler umgerechnet wird.
Selbst nach dieser Kürzung stellte die KEF bei ihrem letzten Bericht fest, dass die ARD bei unveränderten Einnahmen in der nun laufenden Periode 197,3 Millionen Euro weniger einnehmen würde, als ihr zusteht, das ZDF rund 60 Millionen Euro, das Deutschlandradio 46,7 Millionen Euro. Hätte es keine Umstellung auf den Rundfunkbeitrag gegeben, wäre das auf eine Gebührenerhöhung um 18 Cent pro Monat für jeden Gebührenzahler hinaus gelaufen, die längst jeder Gebührenzahler berappen müsste. Dass man den Rundfunkbeitrag trotzdem stabil gehalten hat, lag nur daran, dass man ohnehin nicht abschätzen konnte, wie sich die Einnahmen durch die Umstellung genau verändern würden.
"Eine Überprüfung der Plan-Ist-Abweichungen der Beiträge soll im 19. Bericht erfolgen", hieß es schon damals seitens der KEF. Auf gut deutsch: Gäbe es keine geringfügigen Mehreinnahmen durch die Umstellung, würde das nur dazu führen, dass der Rundfunkbeitrag bei der nächsten Überprüfung angehoben werden müsste. Nimmt man mehr ein, geht das als Überschuss in diese Rechnung ein und könnte dazu führen, dass der Beitrag längere Zeit gleich bleibt oder im besten Falle sogar sinkt - das freilich geht nur, wenn die Einnahmen durch die Beitragsumstellung so stark steigen, dass sie den ja bereits anerkannten höheren Finanzbedarf 2013 und 2014 mehr als decken.
Nun führen Kritiker gerne an, dass ARD und ZDF einmal eingenommene Einnahmen ja nicht wieder hergeben würden. Das ZDF plant schließlich die 25 Millionen Euro bereits in seinem Etat ein - was aber in einer seriösen Planung auch notwendig ist, wenn man sie denn tatsächlich erwartet. Eine Verrechnung kann ja erst später durch die KEF stattfinden. Dass das ZDF aber gut daran täte, nicht mehr auszugeben, als ihm zusteht, ist ohne Frage - denn das würde nur dazu führen, dass die KEF das nächste Mal wieder einen Sparkurs verordnet. Schmerzvoll mussten die Mainzer das zuletzt im Personalbereich erfahren: Weil man entgegen der Forderung Stellen auf- statt abgebaut hatte, verordnete die KEF den Mainzern einen Einstellungsstopp und Einsparungen in Höhe von 75 Millionen Euro, an denen man noch immer knabbert.
Jede neue Schätzung über die konkrete Entwicklung der Rundfunkbeitragseinnahmen zum Skandal zu stilisieren, ist aufgrund dessen einfach nicht angebracht. Diskutieren kann und sollte man hingegen darüber, ob ARD und ZDF neue teure Projekte wie etwa den Jugendkanal angehen sollten. Oder ob der Bayerische Rundfunk wirklich einen Ableger wie BR Alpha betreiben muss. All das haben ARD und ZDF jedoch nicht selbst zu entscheiden, sondern wurde von der Politik beauftragt oder müsste von ihr noch beauftragt werden. Und mit der Entwicklung der Einnahmen durch die Umstellung auf den Rundfunkbeitrag hat es schon rein gar nichts zu tun. Hier wird versucht, die Schlacht auf dem völlig falschen Feld zu schlagen.