Wozu also noch miteinander sprechen? Wir halten das persönliche Interview immer noch für sehr wichtig, weil es in Zeiten von PR-Sprech, von Agenturen und viel indirekter Kommunikation ein Mittel der klaren Zuordnung und Verortung ist - eine Positionsbestimmung. Aber wer klar Position beziehen will, sollte sich das bitte vor einem Gespräch überlegen. Anders als im angloamerikanischen Raum werden deutsche Führungkräfte kaum trainiert für Interviews. Wozu auch? Sie können ja noch alles in der Postproduction ändern, um im Fernseh-Sprech zu bleiben.



Wird in den USA und auch Großbritannien genau überlegt, welcher Vertreter eines Unternehmens überhaupt vor einem Mikrofon sprechen sollte, ist es in Deutschland der Wunsch aller, doch längst nicht jeder weiß, worauf er sich bei einem Interview einlässt. Was haben wir da schon alles erlebt. Interviews, die uns vorgeschlagen wurden und in denen es dann absolut nichts Wesentliches zu erfahren gab. Oder Interviews, in denen jede Antwort von derart schwammiger Präzision ist, dass man nach wenigen Fragen nur noch versucht das Gespräch zu überleben und sich über die geraubte Zeit ärgert.

Interviews sind persönlich. Die Aussagen sollten es auch sein. Doch anecken will niemand. Herausstechen auch nicht. Und aus dem Fenster lehnen sowieso nicht. Von Mut, Qualität und Überzeugung redet man gerne. Buzzwords, die sich gut machen. Weil das die PR-Strategin sagt. Und dabei müsste jeder wissen, wie furchtbar sich das bei Interviews mit Anderen liest. Das macht es - Achtung, News - im eigenen Interview nicht plötzlich spannend. Wenn dann doch jemand mal gerade heraus ehrlich und direkt ist, so sind wir inzwischen fast irritiert. Wie kann er nur. Was denkt er sich bloß.

In einer Welt der Schaumschläger und Dampfplauderer wirkt Klartext völlig deplatziert. Über die Konkurrenz reden, das eigene Scheitern erwähnen, die eigene Meinung sagen, Prognosen abgeben oder klare Haltung beweisen - das sind unausgesprochene Tabus. Deswegen verlieren viele Interviews schon im Vorfeld ihren Reiz. Und sollten dennoch überraschende Antworten kommen, kann man sich nie sicher sein, ob nicht nachträglich noch einseitig auf Abseits entschieden wird. Nun, eine einfache Lösung für das Problem gibt es nicht.

Man kann nur von Interview zu Interview auf ein gutes Gespräch und nachträglich Vernunft bei der Freigabe hoffen. Um jedoch nicht mehr ausschließlich von dieser Hoffnung zu leben, haben wir mit "Studio D" ein Interview-Format ins Leben gerufen, dessen vorrangiges Ziel eigentlich ein einfaches ist: Gesagt ist gesagt. Geschnitten wird nicht. Wir wollten mit "Studio D" nicht das WebTV neu erfinden. Aber eine (für uns) neue Spielform des Interviews als Ergänzung anbieten.

Dort wie auch in schriftlich veröffentlichten Gesprächen wünschen wir uns mehr Meinungsfreude und mehr Überzeugung. Mancher Geschäftsführer sollte überlegen, ob er als personalisierte Pressemitteilung vermitteln will, was sonst die Pressesprecherin auch schriftlich rumschicken könnte - oder ob es auf ihn bzw. sie ankommt. Auf Meinung, Haltung und Position. Man darf wirklich gerne überzeugt sein von dem, was man tut. Oder man gibt besser gar kein Interview.