"Es gibt keinen Grund, bekannte, wenn auch weiterentwickelte Formate, mit denen wir ganz offensichtlich den Nerv der Zuschauer treffen, gegen komplett Neues zu tauschen", sagte RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger vor wenigen Wochen gegenüber DWDL.de. Ohne Zweifel bescherten "Deutschland sucht den Superstar" und "Das Supertalent" dem Sender über Jahre hinweg Traum-Quoten. "Allerdings kommen auch diese Formate mal in die Jahre, so wie jetzt", so Sänger. Und so nutzte RTL in den vergangenen Wochen die Gunst der Stunde, um im Bereich der Unterhaltungsshows neue Akzente zu setzen. Gleich drei neue Formate testeten die Kölner, darunter zwei Eigenentwicklungen - durchaus ungewöhnlich, doch weil international das nächste große Ding weiter auf sich warten lässt, ist es zugleich ein ebenso notwendiger wie begrüßenswerter Schritt.

Zu den Eigenentwicklungen zählte auch die am Freitag ausgestrahlte Spielshow "Unschlagbar" mit Sonja Zietlow und Marco Schreyl. Letzterer musste endlich mal nicht mit kaum enden wollenden Monologen Spannung erzeugen, sondern konnte sich viel mehr auf ein stimmiges Konzept verlassen. "Unschlagbar" bot klassische Unterhaltung im besten Sinne und war gerade deshalb eine Show, wie man sie im Jahr 2013 kaum noch im Programm von RTL vermutet hätte. Das Konzept ist schnell erklärt: Ein Kandidat behauptet, etwas so gut zu können wie kein anderer, beispielsweise Flummies mit Essstäbchen zu fangen. Um herauszufinden, ob er wirklich unschlagbar ist, reisen Zietlow und Schreyl durch Deutschland und die Welt, um ebenbürtige Herausforderer zu finden. Am Ende winken 50.000 Euro. Neu hat RTL das Rad damit freilich nicht erfunden, schließlich faszinieren herausragende Leistungen und Talente seit Jahrzehnten die Fernsehzuschauer.

Auch "Wetten, dass..?" oder die "Guinness"-Show setzen genau auf diesen Faktor. Und doch lieferte "Unschlagbar" zum Start schöne Familienunterhaltung, von der man sich gerne mehr wünscht. Besonders lobenswert: Anders als etwa beim "Supertalent", das gemeinsam mit "DSDS" die RTL-Unterhaltung über Jahre hinweg prägte, verzichtet "Unschlagbar" auf nervige Zusammenschnitte oder Denunzierungen der Kandidaten. Insofern ist die neue Sendung also durchaus auch so etwas wie ein Richtungswechsel, von dem man nur hoffen kann, dass er Erfolg haben wird. Spaß machte kürzlich allerdings auch die Gameshow "Cash Crash", in der es darum geht, 500.000 Euro in verschiedenen Spielrunden sicher und möglichst verlustfrei ans Ziel zu bringen. Im Anschluss an "Wer wird Millionär?" wirkte das frische Format mit Daniel Hartwich allerdings etwas fehl am Platze. Doch das lässt sich ebenso wie einige Kinderkrankheiten, die es in der ersten Ausgabe gab, im Falle einer Fortsetzung ganz sicher beheben.

Mit einem Marktanteil von etwas mehr als 15 Prozent in der Zielgruppe lief es für "Cash Crash" übrigens nicht überragend, aber zumindest solide - und zugleich etwas besser als für die Familienshow "Shooting Stars", die RTL eine Woche zuvor testete. Auch sie bot mit der Idee, Promis wie Christine Neubauer oder Sylvie van der Vaart von talentierten Kids trainieren zu lassen, einen klaren Kontrast zu den Erfolgsshows der vergangenen Jahre. In direkten Vergleich mit "Unschlagbar" hatte "Shooting Stars" allerdings sowohl in Sachen Moderation als auch Spannung das klare Nachsehen. Während Kate Abdo und der für den erkrankten Mirco Nontschew eingesprungene Bürger Lars Dietrich bei "Shooting Stars" in einem recht engen Korsett agierten, konnten Marco Schreyl und Sonja Zietlow bei "Unschlagbar" durch den Duell-Charakter auch mit Personality punkten.

Doch ganz egal, welche Formate RTL fortsetzen wird: Die Entwicklung der vergangenen Monate ist erfreulich, zumal der Sender mit der Neuauflage der "Traumhochzeit", der Pocher-Show "Alle auf den Kleinen" und der jungen Kuppelshow "Take Me Out" noch weitere Ideen im Unterhaltungsbereich auslotete. So viel Experimentierfreude sah man bei den Kölnern lange nicht. Dass sie mit Blick auf die sinkenden Quoten der lange laufenden Casting-Dickschiffe auch dringend nötig ist, wissen Tom Sänger und seine Mannschaft bei RTL nur allzu gut. "Bei den aktuellen Neustarts sehen wir großes Potenzial und denken, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sie geballt auszustrahlen, um auch eine schnelle Entscheidung über eine Fortführung treffen zu können", sagte der Unterhaltungschef kürzlich. Dass dabei nicht alles funktionieren kann, versteht sich von selbst. Erfreulich ist aber vor allem eines: Der Kurs stimmt.

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