Und egal ob es um die kostenlose Verbreitung von journalistischen Inhalten im Netz geht. Oder um die Erfindung von Anzeigensonderveröffentlichungen. Oder um den fragwürdigen Handel mit Abonnentendaten. Viel von dem Übel über das wir heute klagen - von der Gratiskultur im Netz, über die Verquickung von Journalismus und Werbung oder mangelndem Datenschutz - all das haben die Verlage schon längst selbst umgesetzt bevor das Netz und seine vermeintlichen Gefahren durch Google und Co. kamen. Aber in der gemeinsamen Opferrolle stehen sich gerade fast alle deutschen Verlage so nah wie nie zuvor - und gefallen sich so gut dabei.
Schon entsteht ein Zerrbild, das uns Sorgen machen sollte: Eine Presseschau zum Thema Leistungsschutzrecht ist kaum möglich. Mit wenigen Ausnahmen liest man in den großen Blättern nur die sich gegenseitig eingeredete Argumentation, weil man sie offenbar inzwischen wirklich glaubt. In der (gedruckt) veröffentlichten Meinung in Deutschland gibt es kaum eine neutrale Auseinandersetzung mit dem Thema. Ein Gutachten des Max-Planck-Institut für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, das zu dem vernichteten Urteil zum Leistungsschutzrecht kommt, findet nur selektiv statt. Und wenn schon nicht das Leistungsschutzrecht, so sollte diese Aufgabe journalistischer Berichterstattung jeden sorgen, egal ob er in der Medienbranche arbeitet oder nicht.
Es ist fatal wenn derzeit wenige Lautsprecher in "Qualitätsmedien" den Ruf von traditionsreichen Medienhäuern ruinieren. Es beschämt stellvertretend für zahlreiche Kolleginnen und Kollegen bei diesen Zeitungen, die ehrbaren und handwerklich sauberen Journalismus machen. Aber in diesen letzten November-Tagen verspielen Medien wie u.a. "FAZ", "Handelsblatt" aber auch "SZ" ihre journalistische Glaubwürdigkeit. Fakten werden ignoriert, Lügen verbreitet und das Ganze als Journalismus verkauft. Wie bitter ist es, dass in einer insgesamt schon schweren Zeit für Journalistinnen und Journalisten in Deutschland dieses Propaganda-Kartell das eigene Grab nur noch tiefer gräbt.
Es mischt sich Machtlosigkeit und Wut mit ein in diese Situation: Wer kontert diesem Unsinn? Natürlich gibt es, wie schon gesagt, Kämpfer für eine Darstellung des gesammten Bildes - aber fast nur im Netz oder bei den Öffentlich-Rechtlichen. Und es beschleicht einen das ungute Gefühl, dass die Politik, die über das Leistungsschutzrecht entscheiden wird, sich nicht für ein umfassendes Bild interessiert sondern vom Mantel des gedruckten Qualitätsjournalismus blenden lassen wird. Diese Vorstellung macht regelrecht Angst, wenn man sieht, wie Namen und Traditionen von Medienhäusern missbraucht werden für Eigeninteressen.