Foto: ARDZwar gibt es seit wenigen Jahren jährlich flexible Kategorien mit denen man dem aktuellen Zeitgeist entgegen kommen will. Doch das ist halbherzig und wurde bislang auch eher fragwürdig umgesetzt. Absurd ist es, wenn im Bereich der fiktionalen Produktionen persönliche Leistungen bis ins Details ausgezeichnet werden und es auf der anderen Seite nur eine einzige Kategorie für die Beste Unterhaltungssendung gibt, in der dann in diesem Jahr auch noch höchst merkwürdige Nominierungen vorgenommen wurden. Hier stimmt etwas einfach nicht.

Wo hätte etwa das ZDF-Castingevent "Ich kann Kanzler" nominiert werden können, wenn die Jury es nicht ignoriert hätte? Wo hätte die qualitativ hervorragende Vox-Realityshow "Mein Restaurant" nominiert werden sollen? Es fehlt eben an Kategorien und grundsätzlich an der Erkenntnis, dass Quote auch für Qualität stehen kann, weil sie das widerspiegelt, was die Deutschen sehen wollen. Der Deutsche Fernsehpreis muss seine Scheuklappen abnehmen und der non-fiktionalen Unterhaltung mehr Kategorien, mehr Gewicht zugestehen. Es sollte ARD und ZDF nicht schwer fallen dem zuzustimmen, weil sie selbst längst dieses lange nur von Privatsendern besetzte Genre für sich entdeckt haben.
 


Nichts spricht gegen eine feste Kategorie für die beste Dokusoap oder die beste Reality/Castingshow, wenn man die Quote als das Zuschauerinteresse auch als Kriterium nimmt. Es soll nicht das einzige Kriterium sein, aber müsste Berücksichtigung finden. Denn wie kann man sich darüber wundern, dass das Publikum kein Interesse am Deutschen Fernsehpreis hat, wenn die meisten dort nominierten Formate unter Ausschluss der Öffentlichkeit liefen und sie kaum jemand kennt? Bilden die diesjährigen Gewinner etwa wirklich das ab, was in diesem Jahr im deutschen Fernsehen das Beste war?

Doch nicht nur hier beweist der Deutsche Fernsehpreis Schwächen. Es fehlen auch völlig neue Entwicklungen. Wo bleiben Auszeichnungen für die besten WebTV-Formate? Schon vor zwei Jahren stellte DWDL.de öffentlich die Frage danach. Ohne Folgen. Und wieso ist eine Publikumswahl eigentlich kein fester Bestandteil der Verleihung? Es fehlt nicht an Ideen, wie man den Deutschen Fernsehpreis aus seiner Schockstarre befreien könnte. Selbstredend soll auch weiterhin nur ausgezeichnet werden, was preiswürdig ist. Doch vielleicht müssen Stifter und Jury überdenken, was eine Sendung preiswürdig macht.

Dem gemeinsamen Deutschen Fernsehpreis wäre eine Zukunft zu wünschen. Mit den jetzigen Strukturen jedoch ist er so gut wie tot. Er bildet nicht ansatzweise die deutsche TV- und TV-Produktionslandschaft ab. Und verschließt sich gegenüber Veränderungen, die man längst hätte berücksichtigen sollen. Es wird viel zu besprechen geben auf dem nächsten Treffen der Stifter. Wenn dort nicht Weichen für Veränderungen gestellt werden, ist es unwahrscheinlich, dass die Privatsender die kostspielige Veranstaltung weiter mit finanzieren. Es wäre schade drum.