"Was machste?"

"Denken."

"Und über was?"

"Verstehst du nicht?"

"Na, sach..."

"Über das Leben."

"Und was denkst du da?"

"Ich denke, das Leben ist wie eine Schaufel."

"Versteh' ich nich."

"Hab ich ja gesacht."

Es ist ein herrlicher Dialog, der sich schon wenige Minuten nach dem Beginn zwischen Rolf Benz, dem Leiter der Polizeidienststelle auf Öd, und seinem Bruder Jürgen, ebenfalls Polizist auf der fiktiven Nordseeinsel, entspinnt.

Irgendwas, so viel wird schnell klar, führen die beiden im Schilde. Was genau, lässt der ausgezeichnete Drehbuchautor und Krimi-Experte Holger Karsten Schmidt (unter anderem "Nord bei Nordwest", "Die Toten von Marnow") zunächst offen – und lenkt zusätzlich die Aufmerksamkeit auf Klaus Hansen (Max Hubacher), der zusammen mit seinen Kollegen ein angespültes Boot mit einem Toten unvermittelt wieder zurück ins Meer schiebt. Das Argument, stattdessen ein stattliches Preisgeld für das Revier mit der niedrigsten Kriminalitätsrate einstecken zu können, lässt Maja Stein (Paula Kalenberg) nicht gelten, als das Boot wenig später abermals angeschwemmt wird. Gerade ist sie als neue Kollegin vom Festland überraschend auf Öd eingetroffen – angeblich, um eine überraschend geschaffene Planstelle zu besetzen.

Nun kann man RTL freilich vorwerfen, einfach die nächste Regionalkrimireihe nach bekanntem Schema auf den Bildschirm zu bringen, so wie es Peer Schader jüngst in seiner DWDL-Kolumne getan hat. Und doch sticht "Morden auf Öd" hervor im Krimi-Einerlei, das ja nicht nur RTL heimgesucht hat, sondern seit vielen Jahren zum (sehr erfolgreichen) Standard-Repertoire von ARD und ZDF gehört. Die Besonderheit des jüngsten Neustarts liegt in seinen wunderbar gezeichneten Figuren, denen man über zweimal 90 Minuten gerne zusieht. Nicht nur, dass Paula Kalenberg und Max Hubacher ein fast schon geniales Doppel bilden und für frischen Krimi-Wind auf hoher See sorgen – auch die Episodenrollen haben es in sich, allen voran Detlev Buck und Steffen Münster, die zum Auftakt besagtes Brüderpaar bilden.

Morden auf Öd © RTL / Manju Sawhney Maja Stein (Paula Kalenberg) und Klaus Hansen (Max Hubacher).

Die vielleicht größte Stärke von "Morden auf Öd" ist es, selbst skurrile Typen wie die beiden nicht zu überzeichnen, sondern ihnen gerade so viele Worte in den Mund zu legen wie nötig. Das etwa unterscheidet diese Reihe beispielsweise von "Der Neue und der Bulle", einem mit Caroline Peters und Serkan Kaya zwar ebenfalls hochkarätig besetzten Ruhrpott-Krimi, der im vorigen Jahr aber ungleich mehr auf den Holzhammer setzte als Holger Karsten Schmidt es in seinem Öd-Biotop tut.

Tatsächlich ist es dann auch gar nicht so sehr die Frage nach dem Mörder, die den Krimi mit Leben füllt, als vielmehr der Cast, dem man an dem Lippen klebt, weil man sonst stets Gefahr liefe, die nächste trockene Pointe zu verpassen. Dazu kommt, dass es Regisseur Richard Huber, in der Vergangenheit für "Dr. Psycho" und "Tina mobil" mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet, durch seine entschleunigte Inszenierung gelingt, die ganz besondere Insel-Atmosphäre noch zu verstärken.

Ja, auf den ersten Blick mag "Morden auf Öd" bloß ein weiterer Krimi am "tödlichen Dienst-Tag" sein. Aber einiges spricht dafür, dass er der beste ist, den RTL bislang an den Start gebracht hat.

"Morden auf Öd - Ein Insel-Krimi", dienstags um 20:15 Uhr bei RTL und schon jetzt auf RTL+