Um Blind Dates hat sich die Produktionsfirma Redseven Entertainment in Deutschland mit "Hochzeit auf den ersten Blick" bereits gekümmert, als "Love is Blind" noch gar nicht erfunden war. Insofern ist es nur folgerichtig, dass es die ProSiebenSat.1-Tochter ist, die nun auch den deutschen Ableger des Netflix-Hits verantwortet. "Love is Blind: Germany" reiht sich somit ein in eine ganze Riege an internationalen Adaptionen, die die Datingshow bereits hinter sich hat.

Das Konzept ist schnell erklärt: 30 Singles wollen sich verlieben und lassen sich auf Blind Dates im wahrsten Sinne des Wortes ein. Während der ersten Dates können sich die potenziellen Paare nicht sehen, stattdessen zählen nur das Gesagte und die Stimme, was manchen Teilnehmern offensichtlich ziemlich gelegen kommt. "Ich sehe aus wie ein Fuckboy, aber ich bin absolut kein Fuckboy", lässt etwa Tolga wissen. Und Hanni, eine Immobilienmaklerin aus Köln, die in der ersten Folge besonders viel Sendezeit erhält, sieht es ganz ähnlich: "Es ist ein großer Vorteil, dass die Männer mich nicht sehen können, weil sie sonst vielleicht schnell von meinem Aussehen abgelenkt werden oder ich einen Stempel bekomme, den ich gar nicht haben möchte."

Und so müssen sich Hanni, Tolga und ihre Mitstreiter also ganz auf ihr Bauchgefühl verlassen. Nur wer sich wirklich sicher ist, dass auf der anderen Seite die Liebe des Lebens sitzt, kann sich schließlich das Ja-Wort geben, um sich vor der Verlobung sicherheitshalber doch einmal in die Augen zu blicken.

Love is Blind: Germany © Cr. Paul Huttemann/Netflix © 2024 Nur hören, nicht sehen: In den "Pods" können sich die Singles bei echten Blind Dates kennenlernen.

Es geht also schnell ans Eingemachte bei "Love is Blind: Germany" – und auch sonst kommt die Netflix-Show ohne großen Vorlauf direkt zur Sache. Nur einige wenige Sätze dürfen Steffi Brungs und Christian Wackert, im wahren Leben übrigens schon seit einigen Jahren miteinander verheiratet, den Singles mit auf den Weg geben. Dann geht’s auch schon los und die Singles begeben sich, bewaffnet mit Stift und Papier, zum Beschnuppern in die Pods. Dabei gelingt es der Show, trotz ihres großen Casts und den sich daraus ergebenden zahlreichen Dates, die einzelnen Handlungsstränge so zu führen, dass es dem Publikum erstaunlich schnell gelingt, eine Bindung zu den Protagonisten aufzubauen.

Erleichtert wird das außerdem durch unverwechselbare Charakteren, zu dem auch Marcel gehört. Er bezeichnet sich als sehr moralischen Menschen und darauf achtet, seinen "Verantwortungsradius auf der Welt zu erfüllen", wie er es nennt. Obendrein sei Jesus "das größte Liebesbewusstsein", das es auf der Welt gab, sagt Marcel. Eher ungewohnte Töne in einer Realityshow. In anderen Shows wäre es vermutlich ein Leichtes gewesen, den jungen Mann als eigensinnigen Nerd darzustellen, hier aber wird ihm auf Augenhöhe begegnet, sodass er nicht nur seine verletzliche Seite offenbart, sondern die Zeichen schon in der ersten Folge auf ein mögliches Match hindeuten.

Netflix und Redseven Entertainment haben also einiges richtig gemacht bei der Umsetzung von "Love is Blind: Germany", auch in hinsichtlich des Looks, der ultramodern, aber nicht unrealistisch daherkommt. In dieser Gemengelage setzt das Format einen guten Gegenpunkt zum üblichen Somme-Sonne-Strand-Dating-Genre, in dem der Streamingdienst mit "Too Hot Too Handle" inzwischen ja auch selbst mitmischt. Nun muss sich nur noch das Publikum in die neue Show verlieben.

"Love is Blind: Germany", bei Netflix