Kurz vor Weihnachten überrascht ProSieben mit dem Start einer neuen Nachrichten-Satire. 15 Jahre nach dem Start der "heute-show" versucht sich der Privatsender gewissermaßen an einer Art Weiterentwicklung des Genres – zusammen mit der Produktionsfirma Brainpool, die bekanntlich schon einmal in den 90er Jahren mit der "Wochenshow" einen inoffiziellen Nachfolger von "Rudis Tagesshow" auf Sendung geschickt hatte. Der besondere Kniff des neuen Formats liegt im verstärkten Einsatz von künstlicher Intelligenz, sodass der Titel des Formats nur folgerichtig ist: "Fake News – Alles erstunken und erlogen".
Dass man mit Linda Zervakis ("Mein Name ist Peter Kloeppel."), immerhin langjährige "Tagesschau"-Sprecherin, eine ebenso erfahrene wie schlagfertige Nachrichten-Moderatorin gewinnen konnte, ist ein kleiner Coup – auch wenn nach Ansicht der einstündigen Premiere schwer vorstellbar ist, dass Zervakis in Zukunft noch einmal ein seriöses Politiker-Interview wird führen können. "Wenn schon falsch, dann richtig – und lustig", sagt sie gleich zu Beginn von "Fake News" und verspricht: "Wir zeigen Ihnen die Nachrichten, die Sie garantiert noch nicht kennen."
Was dann folgt, ist zunächst allerdings vorwiegend platter Humor. In verschiedenen Einspielern sieht man etwa Alice Weidel und Karl Lauterbach auf der Fashion Week oder Wirtschaftsminister Robert Habeck, der dem Publikum erklärt, wie er sich die Energiewende vorstellt: "Zur Not komme ich selbst bei euch vorbei und reiße euch die olle Ölheizung einfach aus dem Keller." Ex-Finanzminister Christian Lindner wiederum sagt zu den protestierenden Bauern: "Ihr Scheiß Landeier, von mir bekommt ihr keinen Cent!" Und sein ehemaliger Parteikollege Volker Wissing wünscht sich im Bundestag erstmal "Lachshäppchen zum Sektfrühstück", während AfD-Chefin Alice Weidel am liebsten alle Gerichte mit Ö und Ü verbieten will. "Sowas wie Döner, Dürüm oder dieses ekelhafte Kölsch wird’s nicht in Zukunft nicht mehr geben", poltert sie und kommt wenig später auch noch in Sandra Maischbergers (Fake-)Talkshow zur Kannabis-Legalisierung zu Wort: "Nazis kiffen nicht, Nazis nehmen Amphetamine!"
So geht’s dann – mal mehr, mal weniger kreativ – weiter, und wäre da nicht der (transparente) KI-Einsatz, könnte man glatt denken, man habe sich in einer Folge der früheren "Wochenshow"-Rubik "Bonnanza" verirrt, in der den Mächtigen einst (von Teddy Schulze, der heute die legendären Openings von "Punkt 12" spricht) auch schon absurde Worte in den Mund gelegt worden sind. Während damals Helmut Kohl im Bundestag Bingo spielte, ist es bei "Fake News" nun der heutige Kanzler, der vergeblich versucht, bei "Bares für Rares" ein Porzellanhündchen zu Geld zu machen, um die leere Haushaltskasse zu stopfen – mit freundlicher Unterstützung von Habeck, der sich undercover unter die Händler schleicht, in der Hoffnung, die Gebote in die Höhe zu treiben.
Ähnlich wie nicht jeder Witz zündet, ist auch der KI-Einsatz nicht durchweg gelungen – auch wenn sich Stimmenimitatoren vermutlich berechtigte Sorgen um künftige Buchungen machen müssen. Lustig ist "Fake News" aber immer dann, wenn's besonders absurd wird, so wie besagte "Bares für Rares"-Szene, ein anti-woker Reim, der Thomas Gottschalk bei seinem Silbereisen-Auftritt im wahrsten Sinne des Wortes angedichtet wird, oder ein kurzer Ausschnitt, in dem Olaf Scholz in wütender "Stromberg"-Manier tobt ("Nicht mehr tragbar? Ich, nicht mehr tragbar?").
Wahrscheinlich schwante den Machern der Show allerdings, dass all das kaum über eine ganze Stunde hinweg trägt, sodass sich auch "Fake News" zwischendurch immer wieder hinreichend bekannter Mittel des Genres bedient, Straßenumfrage inklusive. So fungiert Benni Stark als etwas zu aufgedrehter Moderator des Sportblocks, während Tahnee als täuschend echte Claudia Obert das Promi... Verzeihung: Promillmagazin "Exzessiv" moderiert. Katrin Bauerfeind kommt bei der Premiere sogar zu gleich zwei Auftritten: Einmal als Kommentatorin des politischen Gesehens ("Viele sagen, Olaf Scholz hat mehr Haare als Ausstrahlung.") und einmal als (ziemlich gelungene) Parodie einer Verschwörungstheoretikerin, die im wahren Leben so verstrahlt ist, dass sich ProSieben gezwungen sieht, das Original als nicht von KI generiert zu kennzeichnen - was nicht einer gewissen Komik entbehrt. Das zeigt aber auch: Manchmal können selbst "Fake News" die Realität nicht toppen.