Das lineare Privatfernsehen hat in den vergangenen Jahren Menschen für sich entdeckt, die älter sind als 50 Jahre. Einzelne Sender haben ihre Zielgruppe erweitert, bei "The Voice" durften Senioren ans Mikro und bei "Germany’s Next Topmodel" und "DSDS" sind bestehende Altersgrenzen gefallen. Während "The Voice Senior" nach einer ersten guten Staffel kein Erfolg mehr für Sat.1 war, haben die reifen Teilnehmerinnen der Klum'schen Modelsuche neuen Drive eingehaucht. Neuerdings hat sich RTL(+) vorgenommen, Rentnerinnen mit einem Rentner zu verkuppeln.
Und damit: Willkommen beim "Golden Bachelor".
Im Prinzip ist es nur eine leichte Abwandlung der bekannten Datingshow. Anstatt eines jungen Mannes sucht eben ein Rentner nach der großen Liebe. Auf Kreta hat Warner Bros. ITVP Deutschland eine ganze Reihe von Damen in einer Villa einquartiert, die um das Herz des 73-jährige Franz buhlen. Wie beim Original gibt es verschiedene Dates zum Kennenlernen - und natürlich auch eine Nacht der Rosen, in der immer einige der Frauen die Show verlassen müsse.
Und "Golden Bachelor" ist nicht nur eine Datingsendung mit älteren Protagonisten, sondern auch eine Show für die ältere Zielgruppe. Das merkt man schon direkt zu Beginn, als John Lennon "Imagine" trällert und "Golden Bachelor" Franz mindestens fünf Minuten lang nur in Zeitlupe zu sehen ist. Es ist ein arg kitschiger, um nicht zu sagen steifer Auftakt in die neue Sendung. Auch dass es mehr als eine halbe Stunde dauert, bis Franz überhaupt auf die erste Frau trifft, sorgt nicht gerade dafür, dass "Golden Bachelor" flott daherkommt. Im Gegenteil: Zum Auftakt ist es eine zähe Veranstaltung.
Einmal drin, entwickelt die Show aber schnell ihren eigenen Charme. "Ich bin zur Zeit Pensionär", flötet Franz in die Kamera - ganz so, als ob sich das demnächst ja auch noch ändern könnte. Und als er mit seiner Familie, seinen Geschwistern und einem Enkelkind, am Tisch sitzt, fragt er seine Schwester, wie es die Tage beim Literaturkreis war. Ja, Sie haben richtig gelesen: Literaturkreis. Die Unterschiede zwischen "Golden Bachelor" und "Bachelor"-Original werden schnell deutlich.
Eine Perücke, was für ein Klopper!
Als die Liebe suchenden Frauen schließlich nacheinander mit den Limousinen vorfahren, um Franz das erste Mal zu sehen, wird es ganz verrückt. Eine der Damen hat sich als Oma verkleidet - samt Perücke. Franz lobt dann sogar ihre Lockenpracht und als Kerstin endlich ihr wahres Aussehen zu erkennen gibt, entfährt es dem "Golden Bachelor": "Das war mal nen Klopper". Als eine der Damen anfängt zu singen ("Für mich soll's rote Rosen regnen") quittiert der Hahn im Korb das trocken: "Sehr schöner Vortrag!" Und als eine andere Frau auf dem Motorrad daherkommt und erklärt, sie habe nie Probleme mit Männern, schmettert sie ihm entgegen: "Freu' dich darauf, mich kennenzulernen." Kleiner Spoiler: Franz freut sich eher nicht so.
Und dann nimmt eine der Kandidatinnen doch tatsächlich einen Eierlikör mit zum ersten Aufeinandertreffen - der wird dann sogleich in einen Waffelbecher geleert und von den beiden gekippt, den Becher nimmt Christiane aber wieder mit. Beim "Golden Bachelor" hat eben alles seine Ordnung. Die zwei vorab von RTL zur Verfügung gestellten Ausgaben zeigen: Die Kuppelshow hebt sich durch das Alter der Teilnehmenden angenehm von vergleichbaren Sendungen im deutschen Fernsehen ab. Die Gespräche und Themen sind in der Breite nicht durchgängig so platt, wobei der Cast sehr stark ist - einige der Frauen haben in jedem Fall Wiedererkennungswert.
Mehr Tiefe als andere Datingshows
"Ich möchte keinen Zickenalarm", sagt eine der Frauen ganz zu Beginn zu einigen ihrer Mitstreiterinnen. Und während eben dieser Zickenalarm in anderen Formaten zum guten Ton dazu gehört, ist diese Aussage authentisch. Beim "Golden Bachelor" muss sich niemand mehr was beweisen oder etwas werden. Das wird besonders in einer Szene der Auftaktfolge deutlich, als eine der Frauen im Einzelgespräch mit Franz eine sehr persönliche Geschichte erzählt - aber nicht extra für die Kamera. Hier wird klar: Alleine schon aufgrund der Lebenserfahrung der Teilnehmenden besitzt "Golden Bachelor" mehr Tiefe als andere Datingshows. Recht früh geht es unter den Frauen auch um das Thema Einsamkeit im Alter. Hier wird also auch auf vergleichsweise leichte Art und Weise Sichtbarkeit für ein wichtiges Thema geschaffen.
"Ich habe ein bisschen Angst, das [die Erwartungen, Anm.] gar nicht erfüllen zu können", sagt ein erfreulich selbstreflektierter Franz. Und im Hintergrund trällern dann eben John Lennon oder Whitney Houston - und nicht David Guetta und Konsorten. Da ist es dann auch zu verzeihen, dass RTL ansonsten nur wenig am Konzept geändert hat. Auf einem Katamaran darf Franz später vier Frauen näherkommen - und das geht auch beim "Golden Bachelor" am besten mit Alkohol. Da ist das Format dann wieder eine sehr klassische Kuppelshow - aber eben mit besonderen, weil anderen Kandidaten. Das macht das Format zumindest zum Auftakt sehenswert.
"Golden Bachelor" steht ab dem 3. Dezember bei RTL+ zum Abruf bereit. Die lineare Ausstrahlung erfolgt ab Januar bei RTL.