Eigentlich hätte Robert viel lieber eine "schnittige Lederjacke" bekommen. Stattdessen hat es an Weihnachten nur zu einem ziemlich hässlichen blau-weißen Übergangsjäckchen gereicht. Beate wiederum bekommt den Fenstersauger ihrer Eltern, während sich ihre Schwester über ein Konzertticket für Coldplay freuen darf.

Irgendwie könnte es besser laufen im Leben von Robert und Beate. Aber irgendwie ist dieses Ehepaar aus Spandau auch stinknormal. Selbst freitagabends, wenn andere mit Freunden feiern oder schlicht etwas trinken gehen, sitzen die beiden auf ihrem Sofa, "stopfen uns den Bauch voll und schauen eine Serie", wie Beate erzählt und das Publikum im nächsten Moment wissen lässt: "Ich mag den Freitag nicht." Wie ärgerlich, dass ihr Mann das anders sieht: "Ich liebe den Freitag", schwärmt er und genießt den Snack vom Asia-Imbiss, während in der Glotze gerade die "Simpsons" laufen.

Für gewöhnlich braucht es aufregendere Charakterzüge oder spannende Auffälligkeiten, um die Charaktere einer Serie glänzen zu lassen. Doch die neue Joyn-Serie "Die StiNos – Ganz besonders stinknormal" dreht den Spieß um und erklärt das Blasse, Graue, Farblose zur Besonderheit. Hier glänzt plötzlich das Stinknormale.

Das gelingt, weil Showrunner Stefan Stuckmann, der in der Vergangenheit etwa die Polit-Comedy "Eichwald, MdB" entwickelte oder jüngst für die ZDFneo-Serie "Jugend" verantwortlich zeichnete, zusammen mit Autorin Anna Kein über acht Folgen den richtigen, oft sehr typisch deutschen Ton trifft. Auf Basis der spanischen Serie "Poquita Fe" ist eine Adaption entstanden, deren große Stärke darin liegt, Menschen ohne besondere Eigenschaften dann doch besonders erscheinen zu lassen. Etwa, indem Beate in den ausrangierten Klamotten ihrer Schwiegermutter zumindest zeitweise zum neuen Menschen mutiert. "Plötzlich war ich nicht mehr Herbst, ich war Sommer!", jubelt sie – bis sie dann doch wieder von der tristen Realität eingeholt wird.

Die StiNos - Ganz besonders stinknormal © Joyn / Claudius Pflug Sebastian Bezzel und Johanna Christine Gehlen spielen ein "stinknormales" Ehepaar.

Und die besteht aus Kindern, die zu weinen beginnen, wenn Beate den Raum betritt, oder trockenem Weihnachtsstollen, der zwar eine geschmackliche Zumutung ist, aber von Robert alleine schon aus Prinzip aufgegessen wird. Selbst dann, wenn er noch scheußlicher schmeckt als vor einem Jahr.

Möglicherweise ist die Serie, produziert von SKP Entertainment, auch deshalb so gelungen, weil Beate und Robert von einem echten Ehepaar gespielt werden, nämlich von Sebastian Bezzel, bekannt aus den "Eberhoferkrimis", und Johanna Christine Gehlen ("Am Abgrund", "SOKO Köln"). Mit gutem Gespür für Timing und Situationskomik verleihen sie ihren Figuren trotz gewollter Tristesse einen charmanten Charakter, der umso mehr auffällt, je verrückter ihr Umfeld agiert Allen voran Beates Schwester Lisa (Sarah Bauerett), die einen 90-jährigen Dementen auf der Straße aufgabelt und ihn nicht etwa ins Seniorenheim zurückbringt, sondern ihn viel lieber mit nach Hause nimmt.

Sortiert nach kurzen Kalenderblatt-Geschichten und gelungen verwoben mit im Mockumentary-Stil gehaltenen Interviewsituationen, überzeugt "Die StiNos" mit schnellen Dialogen und amüsanten Anekdoten des Alltags. Bei allem Stinknormalen, das die Serie zum Thema macht - sie selbst ist es glücklicherweise nicht.

"Die StiNos - Ganz besonders stinknormal", ab sofort bei Joyn