Diese Sendung wird Ellen Ehni so schnell wahrscheinlich nicht vergessen. Nach etwas mehr als einer Stunde wollte sie den ARD-"Brennpunkt" eigentlich schon beenden. "Vielen Dank für Ihr Interesse", sagte die WDR-Chefredakteurin zunächst - in der Absicht, an Sandra Maischberger zu übergeben, die nun eigentlich mit ihrer Talkshow an der Reihe gewesen wäre, um zusammen mit ihren Gästen über Donald Trumps Wiederwahl zum US-Präsidenten zu diskutieren. Doch Maischbergers Gespräch mit dem früheren CDU-Chef Armin Laschet und der ehemaligen Bundespräsidentschaftskandidatin Gesine Schwan geriet nur zu einem kurzen Intermezzo an diesem in vielerlei Hinsicht denkwürdigen Abend.

Kaum sechs Minuten später ging Ellen Ehni in die Verlängerung und fand sich inmitten einer mit heißer Nadel gestrickten Sondersendung wieder, in der das Thema, mit dem der "Brennpunkt" eine Stunde zuvor begonnen hatte, plötzlich ganz weit weg schien. Stattdessen: Das Statement des Kanzlers zu seiner Entscheidung, den Finanzminister zu entlassen, Christian Lindners Reaktion und Aussagen von Robert Habeck und Annalena Baerbock über das plötzliche Ampel-Aus. Dazwischen der Versuch von Ehni und dem Hauptstadtkorrespondenten Markus Preiß, das Koalitionsscheitern irgendwie in Worte zu fassen.

Längst war zu diesem Zeitpunkt auch das ZDF auf Sendung, nachdem die Realität plötzlich spannender wurde als die ungelösten Mordfälle bei "Aktenzeichen XY". Doch dass nicht etwa Marietta Slomka auf Sendung ging, sondern der vor allem Frühaufstehern bekannte Philip Wortmann, zeigt, mit welch heißer Nadel dieser Abend bei den Öffentlich-Rechtlichen gestrickt war. Tatsächlich war seit Wochen vorgesehen, dass Slomka das "heute-journal" am Tag nach der US-Wahl aus Washington moderieren sollte. Durch das Ende der Ampel war es dann allerdings Christian Sievers, der ab 21:45 Uhr eilig die Moderation aus Mainz übernahm.

ZDF heute live mit Philip Wortmann © Screenshot ZDF ZDF-Moderator Philip Wortmann im Gespräch mit Korrespondentin Diana Zimmermann.

Auf ähnliche Weise änderten sich auch die Pläne der ARD, wo kurzerhand Julia-Niharika Sen die "Tagesthemen" aus Hamburg präsentierte – und nicht, wie von langer Hand geplant, Ingo Zamperoni aus Washington. Über mehr als 90 Minuten hinweg meisterten die "Tagesthemen" daraufhin den spontanen Spagat zwischen beiden Seiten des Atlantiks, sodass am Ende fast vier Stunden nonstop im Ersten über die aktuelle Lage berichtet wurde. Das verdient Respekt, übrigens auch für die Redaktionen der privaten Nachrichtensender; erst recht an einem Tag, an dem der Fokus der Berichterstattung eigentlich ein ganz anderer sein sollte und nahezu sämtliche Kapazitäten auf die Wahl-Nachlese in den USA ausgerichtet waren.

Für das (lineare) Fernsehen war dieser Mittwochabend gewiss ein guter Abend, zeigte er doch, was insbesondere ARD und ZDF zu leisten imstande sind, wenn es darauf ankommt – auch wenn Ellen Ehni nach knapp zwei Stunden dann doch erleichtert wirkte, als der XXL-"Brennpunkt" endlich vorbei war und sie sich bei den Zuschauern – abermals – für ihr Interesse bedanken konnte.