Die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder haben sich vergangene Woche auf ihrer Konferenz in Leipzig auf umfassende Reformen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geeinigt - doch einen Punkt haben sie ausgeklammert: Die Höhe des Rundfunkbeitrags. "Wir haben beschlossen, heute nichts zu beschließen", musste Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, das den Vorsitz in der Rundfunkkommission hat, dann auch bei der anschließenden Pressekonferenz zugeben.

Das ist hochproblematisch, denn es droht der nächste Verfassungsbruch. Doch scheiterte das Verfahren vor vier Jahren nur an der fehlenden Zustimmung eines einzelnen Landtages, so kommt es mangels Einstimmigkeit unter den Ländern nun gar nicht erst zu rechtzeitigen Abstimmungen in den Landtagen. Die Länder dürfen nach dem von ihnen selbst beschlossenen Verfahren nur in ganz eng begrenzten Ausnahmefällen vom Vorschlag der unabhängigen Kommission KEF abweichen. Bislang hat aber keiner der Gegner einer Erhöhung irgendwelche Bemühungen erkennen lassen, eine solche Begründung vorzubringen.

Die öffentlich vorgebrachte Empörung in den Sendern ist nun groß - doch dass es nicht zu einer Einigung kam, konnte nun wirklich niemanden überraschen, auch wenn Kai Gniffke seit Monaten gebetsmühlenartig darauf verwies, dass er auf die Rechtstreue der Länderchefs vertraue. Doch mehrere Ministerpräsidenten hatten eine Erhöhung bis zuletzt so kategorisch ausgeschlossen, dass ein Kompromiss kaum vorstellbar war. Und ganz abgesehen davon hat Bodo Ramelow ja recht, wenn er sagt: Selbst wenn sich die amtierenden Regierungen einigen würden, der Thüringische Landtag zum Beispiel würde unter den nach der Wahl herrschenden Mehrheitsverhältnissen einer Erhöhung niemals zustimmen.

Die Lage ist also verfahren - und gerade gemessen daran ist es schon bemerkenswert, wie optimistisch die Töne aus beiden politischen Lagern klangen, im Dezember bei der nächsten Sitzung den gordischen Knoten durchschlagen zu können. "Wir haben uns darauf verständigt, dass wir bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einen Systemwechsel brauchen und ihn auch anstreben", sagte Alexander Schweitzer. Man werde zu einem anderen Finanzierungsmechanismus kommen, darüber habe man bereits gute Gespräche geführt und Annäherungen erreicht. "All diese Fragen haben wir nah an einer Lösung, deswegen stehe ich heute recht zuversichtlich vor Ihnen", so Schweitzer auf der Konferenz.

Und der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) stimmte ein: "Aus meiner Sicht sind wir uns einig, wie das in Zukunft bei den Gebühren sein soll. Aber es ist eine rechtlich komplizierte Materie. Deswegen wird die Zeit genutzt, um in den kommenden Wochen alle Details so rechtsfest zu bekommen, dass wir das beschließen können."

Hoffnung auf mehr Planungssicherheit

Wie dieses neue System nun genau aussehen soll, ist aber offenbar nicht ganz klar. Einig ist man sich, dass man am grundsätzlichen KEF-Verfahren festhalten will. Sprich: Die Anstalten sollen ihren Finanzbedarf auf Basis des von der Politik formulierten Auftrags benennen, die unabhängige Kommission KEF prüft diese Anmeldung (und kürzt sie in der Regel deutlich). "Auf dieser Grundlage wollen wir einen Entscheidungsmechanismus finden, der etwas weniger politisiert ist als es bislang der Fall ist" und "die Temperatur runterfährt", sagt Schweitzer. "Es ist absolut zentral, dass es weiter Staatsferne geben wird", stimmte auch Kretschmer zu. Man brauche dann aber ein "robustes und für die Demokratie verträgliches System, wie diese Entscheidung durchgesetzt werden kann".

Diskutiert wird offenbar, dass eine mögliche Erhöhung nicht mehr durch jeden einzelnen Landtag muss, wenn sie im Rahmen der allgemeinen Teuerung liegt. Schweitzer sprach in einem Interview mit dem Medienmagazin @mediasres vom Deutschlandfunk in diesem Fall von einem "automatisierenden Element". Die derzeit in Rede stehenden 58 Cent liegen noch deutlich darunter, würden dann also unter diese Regelung fallen. "Was wir uns fragen: Ist es möglich, dass wir in bestimmten Normalfällen das Ganze schlanker machen können und es nicht aufpolitisieren müssen", sagte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil.

Es gebe aber noch mehrere Varianten. In der Vergangenheit wurden auch schon "Indexmodelle" und "Rationalisierungsmodelle" diskutiert. "Ich nehme ganz bewusst keinen der schon geprägten Begriffe", erläuterte Schweitzer, der sich aber überzeugt zeigte: "Am Ende werden wir etwas bekommen, was den Auftrag erfüllt, den die Ministerpräsidenten für ihre Länder sehr stark spüren: Gemäß der Verfassung die Anstalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sachgerecht mit den finanziellen Mitteln auszustatten, die sie brauchen." Wichtig sei, dass sie künftig mehr Planungssicherheit bekämen.

Nun soll man bekanntlich keinen Politiker vor dem endgültigen Beschluss loben - doch gelänge den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten diese Einigung - und bringen sie die auch durch ihre Landtage - wäre es tatsächlich ein Segen. Und für die Öffentlich-Rechtlichen auf Dauer viel mehr wert als jetzt eine Einigung auf die 58 Cent, die dann vermutlich einige Wochen oder Monate später in einigen Landtagen scheitern würde. Den erneuten Weg vors Bundesverfassungsgericht wird man diesmal vermutlich ohnehin kaum noch verhindern können, wenn ARD und ZDF nicht in größere finanzielle Nöte kommen wollen. Doch es wäre allen gedient, wenn das künftig durch ein klügeres Verfahren nicht mehr nötig wäre.

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