Auch wenn München mit ProSiebenSat.1, BR, Tele 5, RTL II, Sport1, Sky und Co. rein zahlenmäßig mehr Fernsehsender vorweisen kann: Als Fernsehstadt schlechthin gilt seit Jahren eigentlich Köln. Neben dem Sitz des WDR als größtem ARD-Sender sowie RTL mit seinen Schwestersendern, sticht Köln dabei vor allem als Produktionsstätte und die Art der Formate, die hier produziert werden, heraus. Während in Hamburg bei Firmen wie Spiegel TV solide fernsehjournalistische Kost hergestellt wird, sind es Produktionen wie "RTL Samstag Nacht", "7 Tage 7 Köpfe", "Hans Meiser", "Deutschland sucht den Superstar" und "Big Brother“, die Köln zur unübersehbaren Größe im Unterhaltungsfernsehen gemacht haben.
"Köln hat einen großen Vorteil, und das ist sein Publikum", sagt Ute Biernat, Chefin der Unterhaltungsproduzentin Grundy Light Entertainment. "Die sind alle bei drei auf dem Tisch." In Köln sei es – sicher nicht zuletzt auch bedingt durch karnevalistisches Training - so einfach wie kaum irgendwo sonst, gute Laune zu versprühen. Nicht zuletzt wohl daher hat sich die Stadt am Rhein in den vergangenen Jahren zur Hochburg für Fernsehunterhaltung von hochwertig über schräg und schrill bis trashig entwickelt.
In Köln und Umgebung haben sich angesichts dessen eine Vielzahl von Studio-Flächen entwickelt. Auch wenn MMC seine bisherigen Studios in Hürth kürzlich geschlossen hat: Mit dem Coloneum in Ossendorf, den Nobeo-Studios in Hürth, den Studios von Brainpool und Harald Schmidt in Köln Mülheim und dem WDR-eigenen Produktionsgelände steht immer noch genug Fläche für die Produktionen zur Verfügung - womöglich etwas zu viel.
Denn auch wenn zuletzt einige Sender die Studio-Shows verstärkt wiederentdeckt haben: Besonders die früher als "Brot und Butter"-Geschäft angesehenen täglichen Produktionen fehlen den Studio-Betreibern ganz massiv. Wenn heute Scripted Reality oder Dokusoaps on Location gedreht werden, ist das für die Sender eben deutlich billiger.
Dazu kommt natürlich noch Konkurrenz aus anderen Städten. Mit Sorge betrachtete man in Köln, wie das Studio Adlershof in Berlin im vergangenen Jahr durch ein ein Dumpingangebot die RTL-Show "Let's dance" vom Rhein an die Spree gelockt hat. Auch wenn mit "The Voice of Germany" der größte neue Show-Erfolg des Jahres ebenfalls in Adlershof produziert wird: Die befürchtete größer Abwanderungswelle ist ausgeblieben und auch die Promi-Tänzer von RTL kehrten bereits in diesem Jahr wieder zurück nach Köln.
Die große Dichte an Produktionen in Köln ist aber nicht nur Segen, sondern auch Fluch zugleich für den kreativen Output der Fernsehstadt. An jeder Ecke trifft man Redakteure, Producer, Autoren - gemessen an der Einwohnerzahl ist die Zahl der Medienschaffenden in Köln außerordentlich hoch. Berlin mag als Standort in der Fernsehszene umstritten sein. Allerdings: Durch die Größe der Stadt und ihres Angebots ist die Gefahr der Selbstbefruchtung dort geringer, denn auch das reguläre kulturelle Angebot Kölns wird stark von den TV-Kreativen mitbestimmt, die in ihrer Freizeit auch gerne mal auf einer Kleinkunstbühne stehen, um anderen Fernsehkreativen Inspirationen für deren Sendungen – oder Bühnenprogramme – zu geben. Veranstaltungen wie das „Köln Comedy“-Festival inklusive Deutschem Comedypreis bereichern zwar die Stadt, erhöhen aber auch die Temperatur beim Schmoren im eigenen Saft.