Personalwechsel zwischen Konkurrenzunternehmen sorgen immer für Schlagzeilen und Gesprächsstoff. Das gilt vor allem dann, wenn es um Menschen in Führungsverantwortung geht, die das Lager wechseln. Geht es nur nach diesem Kriterium, hat Andreas Kösling in den zurückliegenden zehn Jahren vielleicht am meisten Staub aufgewirbelt. Der langjährige Geschäftsführer von El Cartel Media wechselte im Oktober 2019 zur Ad Alliance, hielt es dort aber nur etwas länger als ein Jahr aus. Seine nächste Station: ProSiebenSat.1, aber auch da blieb er nur einige Monate.
Nach seinen Stationen bei den zwei großen TV-Vermarktern – eine Zeit, auf die Kösling nach eigenen Angaben dankbar und mit positiven Erinnerungen zurückblickt – wechselte er die Seiten und ging zur Mediaagentur Media Plan. Auch das wurde ein recht kurzes Gastspiel, denn 2022 übernahm Kösling die damalige Basismedia. Seither ist er unter eigener Flagge unterwegs, die Agentur hat er erst vor wenigen Monaten einem umfassenden Relaunch unterzogen. Seither hört Basismedia auf den Namen B-Media. Gleichzeitig erfolgte ein Umzug. Die Mediaagentur sitzt jetzt nicht mehr in München, sondern in Grünwald.
Nur eines ist während der vielen Jahre immer gleich geblieben: Die Vorliebe von Andreas Kösling zum Bewegtbild.
Wer mit Kösling spricht, der merkt schnell, dass da einer ist, der noch viel übrig hat für die Gattung als solche. "Ich bin Vermarkter und werde auch immer Vermarkter bleiben", sagt er im Gespräch mit DWDL.de. Was er damit meint: Er vermarktet nach wie vor, muss sich dabei aber nicht mehr nur auf das Inventar einer Gruppe konzentrieren. Und: "Aufgrund meiner Vergangenheit mache ich nicht den Fehler, alles infrage zu stellen, was Bewegtbild kann. Mir ist an nichts mehr gelegen als an einem Fortbestand einer gesunden Struktur, die nicht in Richtung Amazon, Netflix oder einem anderen großen US-Techkonzern abdriftet."
Dadurch, dass Kösling mit seiner kleinen Mediaagentur, das Team besteht aus zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, selbstständig ist, kann er frei über Themen und Fehler sprechen, die es aus seiner Sicht gibt. "Man sieht, dass es in der Umsetzung noch Luft nach oben gibt. Für die großen Häusern ist es nach wie vor eine Herausforderung, Verantwortung neu zu verteilen. Oft orientiert man sich noch zu stark an früheren Erfolgen, die heute nicht mehr eins zu eins übertragbar sind", sagt Kösling. Über Kooperationen zu sprechen sei wichtig – entscheidend sei aber, sie auch tatsächlich mit Leben zu füllen.
Mehr Unterstützung für die AGF
Ein wesentliches Problem sieht Kösling in einem fehlenden Rahmen für Bewegtbild. Um den Werbekunden zu versichern, wie groß die Wirkung ist, müsse man Vergleichbarkeit schaffen. Sprich: Eine konvergente Reichweite über verschiedene Anbieter hinweg. Was im klassischen Fernsehen für sich genommen recht gut funktioniert, kommt im Zusammenspiel mit digitalen Ausspielwegen schnell an Grenzen. Hier kocht jeder sein eigenes Süppchen und wirft mit Zahlen um sich, die vor allem die eigenen Produktionen erfolgreich erscheinen lassen. Ein Stück weit hat dieser Trend auch das Fernsehen erfasst, wo die Messung zwar einheitlich ist, die Sender mittlerweile aber verschiedene Zielgruppen in den Blick nehmen.
"Wir müssen von dem Stückwerk wegkommen", fordert Andreas Kösling jetzt gegenüber DWDL.de. Wenn man sich jetzt nicht zusammentue, werde der Kuchen für alle kleiner. "Es bringt nichts, sich gegenseitig zu bekämpfen." Es brauche eine Lösung, bei der Bewegtbild in all seinen Facetten in den Vordergrund gestellt werde - und nicht die Interessen von einzelnen Unternehmen.
"Wir müssen von dem Stückwerk wegkommen."
Andreas Kösling
Kösling spricht damit wohl vielen Branchenkennern aus der Seele. Die Forderung nach einer konvergenten Reichweite ist schon älter als US-Streamingdienste in Deutschland. Und auch wenn die AGF als zentrale Anlaufstelle für Bewegtbildmessung immer neue Ansätze wählt, Kooperationen verkündet und Messungen startet: Die allumfassende Lösung gibt es noch immer nicht. Andreas Kösling hat auch eine Ahnung, wieso das so sein könnte. "Die AGF bekommt von den Mitgliedern nicht immer die nötige Unterstützung auf strategischer Ebene." In einigen Häusern fehle es mitunter an einem gemeinsamen Blick über den Tellerrand hinaus. "Allzu oft geht es weniger darum, die beste Lösung für den Markt zu finden – sondern eher darum, das Optimum für das eigene Unternehmen herauszuholen. Ich habe Hoffnung, dass die Neubesetzung des Aufsichtsrats frischen Wind und mehr konstruktiven Teamgeist in die Gremien bringt."
Größte Gefahr für TV: Prime Video
Man müsse nun endlich zunächst den Markt stärken, dann könne man sich wieder auf die eigenen Kernkompetenzen konzentrieren - also mit Bewegtbild Menschen erreichen. Der AGF schreibt Kösling auch in der Zukunft eine wichtige Rolle zu und verweist in diesem Zusammenhang auf den AGF Reach Planner, einem crossmedialen Planungstool.
Die größte Gefahr für klassische TV-Sender und ihre Vermarkter sieht Mediamanager Andreas Kösling in Prime Video. Also dem Streamingdienst, der sein Werbeangebot im vergangenen Jahr eingeführt hatte und es seither sukzessive ausbaut. Gerade erst ist ein linearer Prime-Video-Kanal gestartet (DWDL.de berichtete). "Die bieten eine Komplettlösung", sagt Kösling, der es wissen muss. Auch über B-Media können Werbekunden bei Prime Video Werbung buchen. Amazon kennt nicht nur seine Zuschauerinnen und Zuschauer sehr gut, man hat zuletzt auch eine Vielzahl deutscher Promis auf der Plattform versammelt und darüber hinaus in zahlreiche Inhalte, auch im Bereich Sport, investiert.
"Mir ist an nichts mehr gelegen als an einem Fortbestand einer gesunden Struktur, die nicht in Richtung Amazon, Netflix oder einem anderen großen US-Techkonzern abdriftet."
Andreas Kösling
"Wir haben lange den Fehler gemacht, ich eingeschlossen, unser Produkt gegenüber Google, Meta und den anderen großen Firmen kleinzureden", sagt Kösling. So hätten die deutschen Medienunternehmen nach dem Markteintritt von Netflix & Co. versucht, diese Angebote zu kopieren. "Dabei haben wir das vernachlässigt, was wir am besten können: Menschen erreichen". Beim Versuch, das Publikum möglichst genau zu durchleuchten und zu targeten, sei vergessen worden, welchen Wert es habe, mit einer Botschaft ganz viele Menschen anzusprechen. Das war lange und ist noch immer die Stärke des linearen Fernsehens.
"Nicht mit Biegen und Brechen ins Bewegtbild"
Bei so viel Leidenschaft für das Bewegtbild kommt unweigerlich die Frage auf: Ist das für die Agentur B-Media nicht auch ein Problem? Manche Kunden wollen oder brauchen schließlich andere Lösungen. Kösling sieht hier keine Stolpersteine und verweist auf Partner, die er sich im Zweifel mit ins Boot hole, wenn andere Kompetenzen gefragt seien. "Ich muss die Leute nicht mit Biegen und Brechen ins Bewegtbild bringen. Ich will das Geld dort halten, wo es für meine Kunden am sinnvollsten eingesetzt ist." Seine Leidenschaft sei dennoch das Bewegtbild. "Wir haben den Proof-of-Concept mit Produkten gemacht, bei denen man zuerst dachte, dass sie da überhaupt nicht reinpassen." Langjährige Kunden sind Freenet bzw. Exaring, die mit Waipu.TV zuletzt auch dank Werbemaßnahmen im TV stark gewachsen sind. Darüber hinaus betreut B-Media Unternehmen wie ARAG und klarmobil.de.
Der Markt ist nach wie vor groß genug, dass er neben den großen Netzwerkagenturen Platz bietet für kleinere Player, die ihre Kunden und Partner sehr vertrauensvoll beraten und betreuen können und nicht ausschließlich auf Rentabilität schauen müssen.
Andreas Kösling
Von einer großen Werbekrise spürt man bei B-Media aktuell noch nichts, doch auch Andreas Kösling registriert Veränderungen im Markt. "Der Bedarf nach Kommunikation ist nach wie vor da. Viele Kunden werden aber zurückhaltender, wenn es um Commitments und Jahresbudgets geht." Viele Unternehmen wollen heutzutage kurzfristig reagieren können. Die aktuelle Lage in den USA hat diesen Trend noch verstärkt.
Doch was ist eigentlich aus der Kooperation mit Media Plan geworden, die Andreas Kösling nach seinem Schritt in die Selbstständigkeit angekündigt hatte? Die Pläne waren durchaus konkret, geplant war unter anderem eine gemeinsame Einkaufsgesellschaft sowie die Bündelung von Know-How, Daten und Technologie. Daraus ist letztlich nichts geworden. Am Ende sei man der Zeit damals vielleicht voraus gewesen, sagt Kösling heute. "Frank Lankers und sein Team machen einen hervorragenden Job. Wir haben nach wie vor eine extrem enge Verbundenheit", so Kösling, der von einem "regen Austausch" spricht. "Der Markt ist nach wie vor groß genug, dass er neben den großen Netzwerkagenturen Platz bietet für kleinere Player, die ihre Kunden und Partner sehr vertrauensvoll beraten und betreuen können und nicht ausschließlich auf Rentabilität schauen müssen."
Nach den vielen fliegenden Wechseln in der Vergangenheit ist mittlerweile klar: Andreas Kösling ist in seiner neuen Rolle als Agenturchef angekommen, daran besteht kein Zweifel. Und er hat nach wie vor eine große Verbundenheit nicht nur zum Thema Bewegtbild generell, sondern speziell auch zum Fernsehen. Die Zukunft der Gattung treibt auch ihn um - mittlerweile nur eben in einer etwas anderen Rolle als in der Vergangenheit.
Nachdem es mit Lindt und Kinder in den vergangenen Wochen bereits unterschiedliche Spitzenreiter im Markenranking von All Eyes on Screens gegeben hatte, hat sich in der zurückliegenden Woche mit McDonalds erneut eine andere Marke an die Spitze gesetzt. Mit mehr als 2.000 Spots erreichte der Fast-Food-Konzern 832 XRP. Die meisten Burger-Spots liefen bei Nick und auch Super RTL wurde sehr häufig belegt, McDonalds war aber auch in den Werbeblöcken von ProSieben sehr präsent. Die meiste Reichweite erzielte das Unternehmen durch Spots bei bei RTL: Hier liefen zwar nur 6 Prozent der etwas mehr als 2.000 Schaltungen, diese machten aber fast 30 Prozent der gesamten Bruttoreichweite aus.
Überhaupt keine Rolle mehr spielte Lindt. Nach Ostern hatte der Schweizer Schokoladenhersteller seine Werbeaktivitäten fast vollständig beendet, lediglich am vergangenen Sonntag liefen eine Handvoll Spots. Die nächste große Werbewelle von Lindt dürfte dann zur Weihnachtszeit folgen. Das Treppchen in der vergangenen Woche haben Lidl und Vinted komplettiert, mit 578 bzw. 566 XRP lagen sie recht deutlich hinter McDonalds. P7S1-Tochter Marktguru hat es derweil geschafft, mit 909 Spots, die alle auf den Sendern der Seven.One Entertainment Group gelaufen sind, auf den zehnten Platz zu kommen.
Das Werberanking kurz erklärt
All Eyes On Screens (früher: AdScanner) stellt für das Ranking eine Liste aller in der vergangenen Woche im deutschen TV ausgestrahlten Werbespots zusammen und ermittelt für diese die in Summe erzielte Reichweite in den gemessenen Vodafone-Haushalten. Da hier die sekundengenaue Reichweite statt der bislang branchenüblichen Werbeinselreichweite als Grundlage dient, spricht All Eyes On Screens von XRP (Exact Rating Points). Da es sich um Brutto-Reichweiten handelt, werden dafür die Einzel-Reichweite jeder Ausstrahlung aufaddiert. Zur Veranschaulichung: Läuft ein Spot zehn Mal und erreicht dabei jeweils fünf Prozent der gemessenen Vodafone-Haushalte, ergibt das für die gesamte Woche 50 XRP - auch wenn es immer die gleichen fünf Prozent gewesen wären.