Dass das Verhältnis zwischen TV-Vermarktern und Sendern auf der einen und Mediaagenturen auf der anderen Seite aktuell nicht das beste ist, zeigte sich Anfang des Jahres anhand einiger drastischer Aussagen von Mediaagentur-Verantwortlichen - und der folgenden Reaktion der Vermarkter (DWDL.de berichtete). DWDL.de wollte es genauer wissen und hat daher mit Britta Brumbach, Director Audio & Video bei Unbound Media gesprochen - also der Mediaagentur, die bis vor wenigen Wochen unter den Namen Crossmedia bekannt war. 

"Die Herausforderungen im TV-Markt sind eng mit der Wechselwirkung zwischen inhaltlicher Qualität und Preisgestaltung verknüpft", sagt Brumbach im Gespräch mit DWDL.de. Der anhaltende Druck auf Agenturen und Vermarkter, immer attraktivere Konditionen zu bieten, führe dazu, dass für wachsende Werbeflächen immer geringere Budgets fließen, sagt sie. "In einem Umfeld sinkender Sehbeteiligung und hoher Auslastung verstärkt dies die Inflation und erschwert Investitionen in hochwertige Inhalte. Die Folge ist ein sich selbst verstärkender Abwärtstrend: Ein ausgedünntes Programmangebot reduziert die Zuschauerbindung, wodurch Werbeleistung und Einnahmen weiter erodieren – ein Kreislauf, der die Substanz des TV-Marktes zunehmend aushöhlt."

In Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen auf der Vermarkterseite stört Brumbach vor allem die "oft negative Fokussierung auf den Wettbewerb". Die Unbound Media-Managerin: "Anstatt sich darauf zu konzentrieren, warum andere vermeintlich schlechter sind, erwarte ich von Vermarktern eine klare Positionierung ihres eigenen Angebots." Sie wolle von TV-Vermarktern wissen, warum das Produkt Fernsehen (und Werbung darin) gut sei und welchen Mehrwert es biete - "nicht, warum die Konkurrenz vermeintlich schwächer ist". Darüber hinaus wünscht sie sich ein "stärkeres Miteinander" und generell ein gemeinsames Engagement der Häuser für den TV-Markt.

"Anstatt sich darauf zu konzentrieren, warum andere vermeintlich schlechter sind, erwarte ich von Vermarktern eine klare Positionierung ihres eigenen Angebots."


Im Zuge dessen hat DWDL.de Brumbach auch gefragt: Wenn Sie den TV-Sendern und ihren Vermarktern 3 Hausaufgaben mitgeben könnten, die sie dringend zu erledigen haben: Welche wären das? Die langjährige Unbound Media-Managerin antwortet: Neue Modelle in der Preisgestaltung sowie eine zukunftsgerichtete Ansteuerung der Zielgruppen ("Die alten Einkaufsmodelle und Preisgestaltungen treiben den TV Markt immer mehr in die Enge."). Britta Brumbach verweist aber auch auf inhaltliche Herausforderungen der Sender: Diese müssten "Inhalte schaffen, die den Zeitgeist treffen und das Publikum binden". Derzeit würden erfolgreiche Formate oft so lange ausgeschlachtet, "bis das Interesse vollständig erlischt und hastig nach Alternativen gesucht wird".

AGF-Messung fragmentiert und nur "Teillösung"

Frische, relevante Inhalte könnten nach Ansicht der Mediaagentur-Managerin dazu beitragen, der sinkenden Sehbeteiligung entgegenzuwirken. "Ob dieses Prinzip aufgeht, wird sich bald zeigen – insbesondere mit Amazons Einstieg in den linearen TV-Markt im April." Prime Video hatte angekündigt, am 17. April einen linearen Sender für zahlende Kundinnen und Kunden zu starten (DWDL.de berichtete). Neben der Preisgestaltung und der inhaltlichen Verbesserung schreibt Brumbach die nahtlose Verzahnung von linearem TV und Mediatheken den TV-Vermarktern ins Hausaufgabenheft. Statt einer ganzheitlichen Strategie würden heute oft noch "Entweder-oder-Entscheidungen" dominieren.

Und auch die Nutzungsmessung treibt Brumbach - wie die gesamte Branche - um. "Die einheitliche Messung der AGF ist ein wichtiger Standard, doch eine kontinuierliche Verfeinerung und Ausweitung bleibt essenziell." Entscheidend sei die Schaffung eines ganzheitlichen Systems, das alle relevanten Marktakteure und Echtzeitdaten integriere. "Solange zentrale Player fehlen, bleibt die Messung fragmentiert und bietet nur eine Teillösung für den zunehmend vernetzten Bewegtbildmarkt."

Verantwortungsvoller Einsatz von Werbegeldern

Bleibt noch ein Blick auf das Thema Verantwortung. Sowohl von Werbekunden als auch von Mediaagenturen wird dies immer wieder gefordert, wenn es um den Einsatz von Werbegeldern und das Buchen auf bestimmten Plattformen geht. Der Verein Initiative 18 fordert unter anderem die "verantwortungsvolle Allokation" von Werbegeldern, bei dem auch der Wert von gesellschaftlichen und demokratischen Medieninhalten berücksichtigt werden. Und als der Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA zum Neujahrsempfang 2025 lud, adressierte Vereinspräsidentin Larissa Pohl mehrere Forderungen für die Zukunft. Darunter auch: Werbespendings dürfen sich nicht mehr allein an der Reichweite ausrichten, weil Unternehmen und Agenturen eine "gesellschaftliche Verantwortung" hätten.

Unbound Media-Managerin Britta Brumbach sagt dazu gegenüber DWDL.de, dass man diese Verantwortung sehr ernst nehme. Man engagiere sich einerseits im GWA und unterstütze zudem auch die angesprochene Initiative 18. "Wir sind davon überzeugt, dass wir nur in der Gemeinschaft den entscheidenden Unterschied machen können." Darüber hinaus sei aber auch die Politik gefordert, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen – "denn Medienvielfalt schützt unsere Demokratie". Im Tagesgeschäft sei man in erster Linie dem Erfolg der Kunden verpflichtet, so Brumbach. Dazu setze man die Werbebudgets dort ein, "wo sie die größte Wirkung entfalten". Dabei würden auch Soziale Plattformen eine zentrale Rolle spielen (weil Reichweite und Relevanz in bestimmten Zielgruppen). "Dazu kommt jedoch selbstverständlich der Blick auf Qualität, Tonalität und am Ende auf das passende Umfeld für die Marke."

 

AEOS Werberanking ©

Nachdem Ferrero den Werbedruck für seine Marke Kinder in den zurückliegenden Wochen sukzessive zurückgefahren hatte (Ende März reichte es nicht mehr für einen Platz in den Top 25), kehrte Kinder jetzt mit Pauken und Trompeten zurück: 770 Kinder-Spots sorgten für eine Bruttoreichweite in Höhe von 622 XRP. Damit lag Kinder nur hinter Lindt, das weiterhin eine große Oster-Kampagne fährt und in der zurückliegenden Woche 681 XRP erzielte.  

Ferrero buchte seine Kinder-Spots übrigens ganz überwiegend bei großen Sendern. Alleine auf ProSieben und RTL liefen rund 30 Prozent aller Spots. Auch Vox, Sat.1 und RTLzwei wurden häufig belegt. Die meisten Lindt-Spots waren im Gegensatz dazu bei Kabel Eins zu sehen, auch Nitro wurde stark gebucht. Sowohl Ferrero als auch Lindt eint: Beide setzten stark auf die beiden großen Vermarkter Ad Alliance und Seven.One Media. 

250331-250406xrp © All Eyes On Screens

Das Werberanking kurz erklärt

All Eyes On Screens (früher: AdScanner) stellt für das Ranking eine Liste aller in der vergangenen Woche im deutschen TV ausgestrahlten Werbespots zusammen und ermittelt für diese die in Summe erzielte Reichweite in den gemessenen Vodafone-Haushalten. Da hier die sekundengenaue Reichweite statt der bislang branchenüblichen Werbeinselreichweite als Grundlage dient, spricht All Eyes On Screens von XRP (Exact Rating Points). Da es sich um Brutto-Reichweiten handelt, werden dafür die Einzel-Reichweite jeder Ausstrahlung aufaddiert. Zur Veranschaulichung: Läuft ein Spot zehn Mal und erreicht dabei jeweils fünf Prozent der gemessenen Vodafone-Haushalte, ergibt das für die gesamte Woche 50 XRP - auch wenn es immer die gleichen fünf Prozent gewesen wären.