Spots für Treppenlifte, Rheuma- oder Schlaf-Medikamente: Werbung für Gesundheitsprodukte ist in der Vergangenheit oft mit den Öffentlich-Rechtlichen und ihren Vermarktern in Verbindung gebracht worden. So war es natürlich nie ganz, aber weil Das Erste und das ZDF ein besonders altes Publikum haben, ist es natürlich nur logisch, dass dort speziell für diese Zielgruppe angepasste Werbung zu sehen ist. Doch nun wagt auch die Ad Alliance einen großen Angriff und will künftig verstärkt Kunden aus der Pharma- und Gesundheitsbranche ansprechen.
Bereits vor einigen Wochen hatte der Vermarkter daher die neue Sales-Unit Healthcare geschaffen. Unter der Leitung von Sebastian Dankwart will man gezielt die Pharma- und Healthcare-Branche mit Kommunikationslösungen adressieren. Dankwart leitet ein sechsköpfiges Team. Und die Zahlen geben der Ad Alliance recht, die Pharma- und Gesundheitsbranche ist ein großer Werbesender. Alleine im Januar und Februar dieses Jahres machten der Bereich Gesundheit und Pharmazie laut Nielsen Werbestatistik fast 10 Prozent der gesamten Brutto-Werbespendings aus.
Dass die Ad Alliance ausgerechnet jetzt aktiv wird, hat derweil mehrere Gründe. Im linearen Fernsehen versucht vor allem RTL schon seit einiger Zeit sichtbar, auch ein älteres Publikum anzusprechen. Das gelingt mal mehr (Krimis am Dienstag) und mal weniger ("Golden Bachelor") gut. Das Werben um ältere Zuschauerinnen und Zuschauer ist mittlerweile unverkennbar. Und dann hat die Ad Alliance zum Jahreswechsel ja auch noch die komplette Vermarktung der Titel der Bauer Media Group übernommen.
Nach Angaben der Ad Alliance erreicht man über alle Mediengattungen hinweg eine Reichweite von 14,3 Millionen Healthcare-Interessierte in Deutschland - das seien 99 Prozent in dieser Zielgruppe. Sebastian Dankwart, in der Vergangenheit Head of Healthcare Sales bei der Bauer Advance KG und jetzt eben neuer Leiter der Healthcare-Unit der Ad Alliance, sagt gegenüber DWDL.de, dass sich Pharmaprodukte nicht nur an ältere Zielgruppen richten würden, stattdessen würde es je nach Indikation verschiedene Zielgruppen geben. Auch der Kontext des Umfeldes sei wichtig, so Dankwart.
Zu Risiken und Nebenwirkungen...

Stärker als bei anderen Branchen müssen Vermarkter bei Pharma- und Gesundheitsprodukten auf besondere Anforderungen in der Werbung achten. Im Heilmittelwerbegesetz sind einige spezielle Regeln für die Werbung für Arzneimittel, Medizinprodukte und andere medizinischen Produkte definiert. Es ist genau festgehalten, was erlaubt ist - und was nicht. Das Gesetz ist auch der Ursprung der Hinweistafel "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke". Diese muss immer dann gezeigt werden, wenn sich eine Werbung nicht an spezielle Fachkreise (also Ärztinnen, Apotheker etc.) richtet, sondern an die Allgemeinheit.
Das Heilmittelwerbegesetz schreibt zudem vor, dass die Werbung von Arzneimitteln gewisse Pflichtangaben enthalten muss, beispielsweise Anwendungsgebiete, Gegenanzeigen, Nebenwirkungen und Ähnliches. "Alle Marketing- und Werbemaßnahmen müssen also überaus sorgfältig geprüft werden, um sicherzustellen, dass sie all den Anforderungen entsprechen", sagt Sebastian Dankwart gegenüber DWDL.de. "Daneben hat die Pharmaindustrie eine besondere Verantwortung, denn es geht um die Gesundheit von Menschen. Hier spielen ethische Aspekte eine ganz wichtige Rolle und auch das Thema Glaubwürdigkeit hat einen noch stärkeren Fokus. Das gilt vor allem in der Ansprache der vielfältigen Zielgruppen [...]. Es ist elementar, die Kommunikation an die spezifischen Bedürfnisse und Interessen der Zielgruppen anzupassen, die unterschiedlichen Kommunikationsansätze und Botschaften abzuwägen und entsprechend zu adressieren – und zwar, leicht und verständlich."
"Alle Marketing- und Werbemaßnahmen müssen also überaus sorgfältig geprüft werden, um sicherzustellen, dass sie all den Anforderungen entsprechen."
Sebastian Dankwart, Leiter der Sales-Unit Healthcare bei der Ad Alliance
Welche Durchschlagskraft die Sales-Unit Healthcare der Ad Alliance letztlich haben wird, muss sich in den kommenden Wochen und Monaten in der Praxis zeigen. Dass man es beim Vermarkter mit dem Thema ernst meint, zeigt aber auch die Tatsache, dass man das einst von der Bauer Media Group etablierte Pharma Symposiums fortführt. Am 2. April kommen bei dem Branchenevent in Köln zahlreiche Expertinnen und Experten aus der Branche zusammen, um über Gendermedizin, die digitale Transformation in der Gesundheit oder auch die Selbstbestimmung von Patienten zu sprechen. "Selbstverständlich werden die Kolleginnen und Kollegen unserer Healthcare-Unit in voller Stärke vor Ort sein, im Mittelpunkt der Veranstaltung stehen jedoch primär unsere Kunden sowie Entscheider aus der Pharma- und Healthcare-Branche", so Ad Alliance-Manager Sebastian Dankwart.
Das nahende Osterfest macht sich in den Werbecharts bemerkbar: Schoko-Hersteller Lindt hat sich mit einer Bruttoreichweite in Höhe von 924 XRP an die Spitze des Rankings gesetzt. Schon in der Woche davor belegte Lindt einen starken zweiten Platz. Bei der Anzahl der Spots legten die Schweizer auf 1.164 (+323) zu. Für Lindt ist es nach Weihnachten die traditionell werbeintensivste Zeit des Jahres, geworben hat man in der vergangenen Woche nicht nur für den Goldhasen, sondern auch für andere (Oster-)Produkte.
Die meisten Lindt-Spots waren übrigens bei Kabel Eins und Sat.1 zu sehen, also auf Sendern von Seven.One Media. Aber auch auf RTL, Vox und Nitro entfielen etliche Spots. Mit Ausnahme von Tele 5 war Lindt auf keinem einzigen kleinen Sender fernab der großen Sendergruppen zu sehen. Im Ersten und beim ZDF liefen ebenfalls nur ganz wenige Spots des Unternehmens. Mit dieser Strategie verwies Lindt die Konkurrenz von Lidl auf Platz zwei. Und das, obwohl der Discounter fast 250 Spots mehr schaltete.
Das Werberanking kurz erklärt
All Eyes On Screens (früher: AdScanner) stellt für das Ranking eine Liste aller in der vergangenen Woche im deutschen TV ausgestrahlten Werbespots zusammen und ermittelt für diese die in Summe erzielte Reichweite in den gemessenen Vodafone-Haushalten. Da hier die sekundengenaue Reichweite statt der bislang branchenüblichen Werbeinselreichweite als Grundlage dient, spricht All Eyes On Screens von XRP (Exact Rating Points). Da es sich um Brutto-Reichweiten handelt, werden dafür die Einzel-Reichweite jeder Ausstrahlung aufaddiert. Zur Veranschaulichung: Läuft ein Spot zehn Mal und erreicht dabei jeweils fünf Prozent der gemessenen Vodafone-Haushalte, ergibt das für die gesamte Woche 50 XRP - auch wenn es immer die gleichen fünf Prozent gewesen wären.