Manchmal lohnt es sich, mutig zu sein. Als "größtes Programm-Wagnis des Jahres" bezeichnete DWDL.de einst "Die Höhle der Löwen". Zehn Jahre ist das inzwischen her – und ohne die Gründershow, die im Herbst 2014 jenen Sendeplatz übernahm, auf dem wenige Wochen zuvor noch die ebenso alberne wie belanglose Laufsteg-Show "Chicas Walk Academy" lief, wäre der Kölner Privatsender heute definitiv um einen Quoten-Hit ärmer.
Tatsächlich war der Erfolg damals alles andere als eine ausgemachte Sache. Erst recht, weil Karriere- und Business-Formate in Deutschland bis dato einen schweren Stand hatten. In Unterföhring erinnert man sich wohl auch heute, 20 Jahre später, noch mit einigem Schrecken an "Hire or Fire", jene Job-Show mit dem Medienmogul John de Mol, die ProSieben mangels Erfolgs keine 24 Stunden nach Ausstrahlung der ersten Folge umgehend wieder absetzte. Auch die wenige Monate später gestartete Adaption der früheren Trump-Show "The Apprentice" – hierzulande mit Reiner Calmund als "Big Boss" bei RTL zu sehen – geriet schnell wieder in Vergessenheit.
Und so strichen also zehn Jahre ins Land, ehe Vox mit der "Höhle der Löwen" einen neuen Anlauf wagte – dabei aber zusammen mit der damaligen Produktionsfirma Sony Pictures erkennbar Wert darauf legte, dem Format jene Unterkühltheit und Strenge zu nehmen, die das amerikanische "Shark Tank" auszeichnet. Auch verglichen mit dem britischen Original, der BBC-Show "Dragons' Den", ist es den damaligen Verantwortlichen um Kai Sturm und Astrid Quentell gelungen, eigene Akzente zu setzen, wenngleich hier wie dort erfinderische Unternehmer auf eine Geldspritze der prominenten Investoren hoffen. Im Glanz der "Höhle der Löwen" gelang es sogar Carsten Maschmeyer, einst Gründer des umstrittenen Finanzdienstleisters AWD und als "Drückerkönig" tituliert, sein öffentliches Image gehörig aufzupolieren.
Große Änderungen an der Formatierung hat Vox gleichwohl seit dem Start nicht vorgenommen, räumt Amruschkewitz gegenüber DWDL.de ein. "Schaut man etwas genauer hin, sieht man aber natürlich schon die kleinen und großen Details, die eine kontinuierliche Formatpflege mit sich bringt. Wir haben zum Beispiel verschiedene Änderungen am Studio vorgenommen und das Storytelling stetig weiterentwickelt." Auffälliger ist da schon die Besetzung des "Löwenrudels", von dessen ursprünglicher Besetzung inzwischen nur noch Judith Williams übrig geblieben ist. Sie kehrt nach einer kurzen Auszeit übrigens in der neuen Staffel zurück – ebenso wie Frank Thelen und Jochen Schweizer, die in der für Ende September geplanten Jubiläumsfolge noch einmal ein Gastspiel geben.
Eine weitere Veränderung der jüngeren Vergangenheit dürfte dem TV-Publikum dagegen vermutlich nicht aufgefallen sein. Inzwischen ist es nämlich Endemol Shine Germany, das die Produktion verantwortet, nachdem man zunächst die Sony-Produktionsfirma kaufte, kurzzeitig umbenannte und schließlich abwickelte. Kontinuität ist dennoch gewährleistet. "Wir hatten das große Glück, das gesamte 'Löwen'-Team von der ehemaligen Produktionsfirma übernehmen zu können, und haben dadurch nicht nur großartige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewonnen, sondern auch wertvolle, langjährige 'Löwen'-Erfahrung", sagt Panagiota Vafea, Executive Director bei Endemol Shine Germany, zu DWDL.de. "Unser Anspruch ist es, stets mit einem frischen Blick auf das Format zu schauen und gemeinsam kreativ das volle Potenzial auszuschöpfen. Das Zusammenfinden zu einem kreativen und funktionierenden Team die letzten Jahre hat uns in dieser Hinsicht viele neue Impulse gegeben, die wir nutzen, um das Format weiterzuentwickeln und zu optimieren."
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Quoten der Gründershow zuletzt rückläufig waren. Marktanteile von mehr als 20 Prozent, wie sie in den ersten Jahren erzielt wurden, sind inzwischen in weite Ferne gerückt – stattdessen lagen die "Löwen" in der Frühjahrs-Staffel sogar gleich mehrfach im einstelligen Bereich. "Wir sehen gerade überall eine Nutzungsverschiebung ins Non-Lineare", sagt Marcel Amruschkewitz. "Da sind die 'Löwen' keine Ausnahme." Auch sie hätten eine "sehr treue Fanbase" bei RTL+, versichert der Programmmacher. "Legt man die lineare und non-lineare Nutzung übereinander, sieht man, dass sich 'Die Höhle der Löwen' mit kleinen Ausschlägen nach oben und unten seit Jahren auf einem sehr hohen Plateau etabliert hat und immer noch mit Abstand unsere erfolgreichste Eigenproduktion ist. Es gibt wenige Primetime-Hits, die in den vergangenen zehn Jahren so gut gealtert sind."
Nichtsdestotrotz habe man den Anspruch, das Format "stetig weiterzuentwickeln", sagt Amruschkewitz. "Dementsprechend schauen wir Jahr für Jahr sehr genau, welche Hebel wir in Sachen Dramaturgie, Cast, Kampagne und Look&Feel haben, um das gewohnte und geschätzte 'DHDL'-Gefühl zu liefern, aber gleichzeitig Frische und Spektakel anzubieten. Und ich glaube, diese Mischung ist uns in der kommenden Jubiläumsstaffel wieder extrem gut gelungen.
Wie ernst ist es den Gründern wirklich?
Doch nicht jeder, der es zu den "Löwen" schafft, schafft auch den Sprung ins Fernsehen. "In seltenen Fällen behalten wir uns vor, Pitches nicht auszustrahlen, wenn sie nicht den Erwartungen entsprechen", so Vafea, "gerade, weil wir unser Erfolgsformat mit bestem Gewissen und größter Überzeugung produzieren möchten." Womöglich ist auch das ein Grund dafür, dass das Format nicht mehr aus dem Programm von Vox wegzudenken ist. Von einem Wagnis ist die "Höhle der Löwen" heute, zehn Jahre nach dem Start, daher denkbar weit entfernt.
"Die Höhle der Löwen", montags um 20:15 Uhr bei Vox