Es ist nicht allzu lange her, da wurde die große Langeweile an der Spitze der Fußball-Bundesliga beklagt. Klassenprimus FC Bayern hatte ein Abonnement auf die Meisterschale, dominierte das sportliche Geschehen nach Belieben. Sportjournalisten mühten sich entsprechend, ein Team zu finden, das auf Augenhöhe mit der Mannschaft von der Säbener Straße agieren könnte. Ausgemacht hatte man da vor allem Borussia Dortmund oder RB Leipzig. Insofern sorgte 2024 in Sachen Spannung in der Bundesliga in gleich vielerlei Hinsicht für große Überraschungen.

Denn: Dass ausgerechnet das gerne als Vizekusen verspottete Bayer 04 Leverkusen die Titelserie des Rekordmeisters beenden würde, hatten lange ebenso wenige für möglich gehalten wie die Geschehnisse rund um die Rechtevergabe. Bei dieser hatte DAZN zwar den höchsten Preis für das Paket B mit den vielen Samstagnachmittag-Einzelspielen geboten, nicht aber eine von der DFL geforderte Bankgarantie parat, weshalb ein niedrigeres Gebot letztlich den Zuschlag bekam und die Ausschreibung Stunden später im Zuge eines heftigen Streits mit DAZN unterbrochen wurde.

Das war vor etwas mehr als vier Monaten. Als Sky vergangene Woche ausgewählten Journalisten seine redaktionellen Pläne für die nahende neue Bundesliga-Spielzeit vorstellte, sagte Sport-Chefredakteur Alexander Rösner eingangs, dass man eigentlich gerne über eine langfristige Planung mit der Bundesliga gesprochen hätte. Also über ein Szenario von einer plus vier weiteren Spielzeiten. Doch auch beim langjährigen TV-Partner ist in diesen Wochen und Monaten Warten und vor allem Schweigen angesagt. Während Sky sich zur Sache schon immer zurückhielt, drehte insbesondere im April DAZN mit markigen Aussagen gegen die Liga-Führung auf. 

Dass speziell in den Wochen nach Bekanntwerden des Auktionsstopps kein Flächenbrand entstanden ist, ist vor allem der Spitze der Deutschen Fußball Liga (DFL) zuzuschreiben. Deren Geschäftsführer Steffen Merkel und Marc Lenz, die unmittelbar nach dem Ausbruch des Krachs von manchen durchaus hinterfragt wurden, haben mit besonnener Rhetorik extern wie intern für Ruhe gesorgt. Und zwar mit einfachen und klaren Aussagen besonders in Richtung der 36 Vereine, die sie vertreten: All diese könnte man mit "Alles ist und alles wird gut" zusammenfassen. Besonders wichtig und gerade aktuell von Woche zu Woche an Bedeutung gewinnend ist die Botschaft, dass die Vereine sich ab Sommer 2025 in puncto Finanzen wohl keine Sorgen machen müssen.

Merkel und Lenz sagen das mit Blick auf das einzig aktuell schon vergebene Paket B. Nicht nur DAZN hatte darauf sehr hoch geboten, auch der bisher öffentlich nie bestätigte Anbieter, der den Zuschlag bekam, hat die Anfangserwartungen übertroffen. Nach DWDL-Infos wurde das Paket damals an Sky vergeben. Somit zerschlägt die DFL-Spitze die großen Bedenken in Bundesliga-Kreisen, in der kommenden Rechteperiode könnte aus den nationalen TV-Einnahmen ein Minus von sogar um die 20 Prozent drohen. Die DFL rechnet offenbar so: Selbst wenn alle anderen Pakete nur die vorab geheimen Vorbehaltspreise (also das Minimum) erzielen, lässt sich dieses Worst-Case-Szenario bereits abwenden, weil Paket B so viel einbringt. Diese Rechnung funktioniert aber nur, wenn es Interessenten für alle Live-Pakete gibt. Genau daran rüttelte DAZN ja ein Stück weit. Im Frühjahr war aus DAZN-Kreisen bereits zu hören: "Paket B oder nix". Ob sich die anvisierten rund 900 Millionen aus dem Pay-TV auch dann erzielen lassen, wenn DAZN aussteigt, ist eine ganz andere Frage. Dann müsste entweder ein neuer Anbieter her oder aber Sky sein Invest in den Ligafußball deutlich ausweiten. Beides ist kein Selbstläufer.  

Dennoch: Die wie Baldrian wirkenden Äußerungen der Ligaspitze sind bei den Klubs großteils so vernommen worden wie gewünscht: Mit Wohlwollen. Froh ist man an den großen Standorten zudem auch, dass der Streit um die Rechteauktion – anders als noch im April – längst nicht mehr öffentlich geführt wird. Schon seit Wochen tagt ein Schiedsgericht. Die "Sport Bild" will erfahren haben, dass das Gericht nun plant, sein Urteil am 24. September bekannt zu geben, bis die ausführliche Urteilsbegründung vorliegt, könnte es sogar bis Dezember dauern. Während die DFL auch in dieser Sache von einem "akzeptablen Zeitrahmen" spricht, wächst bei den potentiellen Bietern indes die Unruhe.

Für die Auktion eingeplantes Budget ist zum Zeitpunkt des Urteilsspruchs fast ein halbes Jahr lang blockiert. Das gefällt nicht jedem, allen voran denen nicht, die sich unsicher sind, ob sie letztlich wirklich einen Zuschlag bekommen. Der ohnehin schon immense Druck auf die handelnden Personen bei den Sendern wachse somit nochmals, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Einige Etagen darunter ist es eine ebensolche Hängepartie. Kommt es zu Wechseln der Übertragungspartner ist längst nicht für alle Freelancer klar, dass sie an anderer Stelle weitermachen können. Frühzeitige Planungssicherheit wäre gut fürs Gemüt, Rücksicht auf Einzelschicksale gibt es aber eben selten. Und schon gar nicht in einer solch verzwickten Situation.

Darüber, wie das Schiedsgericht wohl letztlich urteilen könnte, wird in der Bundesliga inzwischen kaum noch gerätselt. Die Argumente der gegnerischen Parteien sind längst öffentlich ausgetauscht, zu hören sind aus dem direkten Liga-Umfeld eher Wunschszenarien, während das Schiedsgericht langsam auf die Zielgerade einbiegt. Geprüft wurden alle Details und Kleinigkeiten der Ausschreibungsunterlagen. Dazu gehört etwa auch der Passus, dass der Bieter mit dem je besten Gebot nur "einen (bedingten) Anspruch auf Annahme seines für das Rechtepaket abgegebenen Angebots durch den DFL e.V" erwirbt. Sollten die Schlichter DAZN nicht recht geben, könnte der Streamer allerdings vor das nächst höhere Gericht ziehen. Und der DFL also im schlechtesten Fall das drohen, was sie sich nur sportlich wünscht: Eine Zitterpartie bis zum letzten Spieltag.

Unter diesen ungewöhnlichen Bedingungen liefen in den großen TV-Redaktionen jüngst also die Planungen für die kommende und letzte Saison des derzeitigen Rechtezyklus. Sky in Unterföhring hat sein Bundesliga-Studio etwas aufgehübscht, arbeitet wenig überraschend wie DAZN aber mit dem großteils gleichen Personal wie zuletzt. Auch bei DAZN wurde jüngst gewerkelt - dort hat man ebenfalls ein kleines Studio errichtet für all die Spiele, die nicht im Stadion produziert werden. Der Streamer begrüßt mit Moritz Volz und Tobias Schweinsteiger alte Bekannte auf der Expertenposition zurück und hat vor wenigen Tagen die Verlängerung mit Moderatorin Laura Wontorra bekannt gegeben.

Im Free-TV bleiben "Sportschau", "Sportstudio" und der "Doppelpass" die zentralen Anlaufstellen, vereinzelte Live-Spiele aus dem Fußballoberhaus bietet auch Sat.1-"ran". Diese Konstanz in den so aufwühlenden Bundesliga-Zeiten mag fast schon wohltuend sein. Nicht, dass sich nochmal jemand zur Schonung des eigenen Gemüts einen neuerlichen Durchmarsch des FC Bayern an der Tabellenspitze wünscht…