Dass sich noch keine Produktionsfirma die Verfilmungsrechte an den Geschehnissen rund um die Funke Mediengruppe in Österreich gesichert hat, ist eigentlich eine faustdicke Überraschung. Seit Jahren liegt das Unternehmen, das über die WAZ Ausland Holding 50 Prozent an der mächtigsten Zeitung des Landes, der "Kronen Zeitung", sowie 49,44 Prozent am "Kurier" hält, mit den anderen "Krone"-Gesellschafter, der Familie Dichand, im Clinch. Wie in jeder guten Serie geht es um Macht und Millionen. Möglicherweise steuert der Plot jetzt aber auf sein Finale zu. 

Ein kleiner Rückblick: 

  • Schon vor zehn Jahren hat Funke Sonderrechte, die man in den 80er Jahren den Dichands eingeräumt hat, gekündigt. Bis heute haben sie Bestand und beschäftigen zahlreiche Anwälte und (Schieds)Gerichte (DWDL.de berichtete)
  • 2018 steigt die Signa Holding von René Benko bei der WAZ Ausland Holding ein und übernimmt 49 Prozent (DWDL.de berichtete), kolportiert für rund 80 Millionen Euro. Und Signa hat auch eine Option auf die weiteren 51 Prozent, Bedingung für die Übernahme: Die Sonderrechte der Dichands müssen fallen.
  • 2019 eskaliert der Streit bei der "Krone": Funke will Herausgeber Christoph Dichand loswerden, als Grund führt man falsche Spesenabrechnungen an. Am Ende hat der Verlag damit keinen Erfolg, die Anwältin der Dichands spricht von einem "lästigen Gesellschafter" (DWDL.de berichtete)
  • Als 2020 Gerüchte aufkommen und von den Dichands befeuert werden, dass Funke ihre Anteile in Österreich verkaufen will, dementieren die Deutschen hart. "Die Funke Mediengruppe sowie auch Signa schließen kategorisch aus, Anteile an den Gesellschaften der Krone, dem Kurier oder der Mediaprint zu veräußern", heißt es. Die Mediaprint ist der gemeinsame Verlag hinter "Krone" und "Kurier". 
  • Ebenfalls 2020 greift Funke nach der Macht bei der "Krone" und will über einen Rechentrick die Kontrolle über die Zeitung erhalten. Auch hier: ohne Erfolg. Die Fronten verhärten sich dadurch nur noch mehr (DWDL.de berichtete)
  • Im Mai 2020 berichtet DWDL.de erneut und titelt: "Funke Mediengruppe in Österreich: Schrecken ohne Ende"
  • 2023 rutscht die Signa in die Insolvenz - und plötzlich geht’s auch wieder um die Beteiligung an der WAZ Ausland Holding. Der Insolvenzverwalter will die Beteiligungen verkaufen und zu Geld machen. Funke dürfte ein Vorkaufsrecht haben, noch gibt es hier aber keine Lösung. Auch die Dichands und Raiffeisen, Mehrheitseigentümer beim "Kurier", sollen sich sowohl für die "Krone"- als auch die "Kurier"-Anteile von Funke interessieren.
  • Zuletzt hat es keinen öffentlich ausgetragenen Schlagabtausch zwischen Funke und den Dichands gegeben. "Kurier"-Mitgesellschafter Raiffeisen kündigte an, "Schritte setzen" zu wollen, um die Funke-Anteile an der Zeitung zu übernehmen. Ein Interesse am Einstieg bei der "Kronen Zeitung" verneint der CEO im "Standard"-Interview für den Moment, sagt aber auch, dass man sich sowas "anschauen" würde, sofern sich die Möglichkeit böte (DWDL.de berichtete). Ob das Kartellamt einem solchen Deal zustimmen würde, ist äußerst ungewiss. 

So weit, so kompliziert. 

Eins scheint klar: Die Funke Mediengruppe will endlich aus Österreich aussteigen. Aus keinem anderen Grund holte man die Signa Holding 2019 an Bord. Knackpunkt waren immer die bereits angesprochenen Sonderrechte der Dichands bei Österreichs größter und nach wie vor mächtigen Tageszeitung. In der in den 80er-Jahren geschlossene Vereinbarung, der Markt war damals noch ein anderer und die "Krone" warf Millionen-Gewinne ab, sicherte Funke den Dichands zu, dass sie über die verlegerische Linie bestimmen können. Außerdem vereinbarte man eine jährliche Garantiezahlung in Höhe von kolportiert rund 10 Millionen Euro an die Dichands, sollte die "Krone" das nicht als Gewinn abwerfen. 

Garantiegewinn inzwischen halbiert

Von den Sonderrechten ist man bis heute nicht losgekommen. Nicht 2014 nach der ersten Kündigung und auch nicht nach dem Signa-Einstieg. Diverse Schiedsgerichte und reguläre Gerichte entschieden am Ende immer zugunsten der Dichands. Um die Rechte wirksam zu kündigen, müsste Funke wohl auch die Gesellschafterverträge kündigen. Das würde dazu führen, dass die Dichands die Anteile der Funke Mediengruppe zu einem relativ günstigen Preis übernehmen könnten. Makaber, aber wahr: Den größten Erfolg bei den Sonderrechten erzielte Funke vor einigen Wochen - mit dem Tod von Helga Dichand. Sie war die Witwe von "Krone"-Gründer Hans Dichand. Durch ihr Ableben halbiert sich der von Essen nach Wien überwiesene Garantiegewinn auf rund fünf Millionen Euro, wie "Der Standard" berichtete

Und in dieser ganzen Gemengelage könnte sich für Funke nun tatsächlich ein realistisches Exit-Szenario auftun. Die Überweisung des Garantiegewinns hält Funke nämlich seit einigen Jahren zurück, auch hier sind diverse Gerichtsverfahren anhängig. Dadurch ist mittlerweile eine stattliche Summe zusammengekommen, die als Verhandlungsmasse eingesetzt werden kann. Die Dichands könnten also auf die Zahlung der Summe verzichten, wenn Funke im Gegenzug bereit wäre, die Anteile an der "Krone" an sie zu verkaufen. Es winken im Gegenzug deutlich weniger Rechtskosten sowie Planungssicherheit auf beiden Seiten - und ein Ende des unwürdigen Schauspiels. 

"Kurier" und "Krone" straucheln

Offenbar laufen dazu auch bereits seit einiger Zeit Gespräche zwischen den zerstrittenen Parteien, wirklich einig ist man sich aber noch nicht. Knackpunkt ist offenbar das Geld. Die gegenseitigen Vorwürfe und öffentlich ausgetragenen Schlammschlachten der Vergangenheit dürften dazu beitragen, dass es keine schnelle Lösung gibt. Und dann sind da ja auch noch die WAZ-Anteile, die die Signa hält, die der Insolvenzverwalter nach der Pleite aber loswerden will. Ein erster Schritt, um Ordnung in die verfahrene Situation zu bringen, wäre wohl, hier endlich Klarheit zu haben. 

Dass die Dichands nicht dazu bereit sind, 80, 160 oder wie viele Millionen Euro auch immer an Funke zu zahlen, liegt auf der Hand. Zuletzt war die wirtschaftliche Situation bei der Mediaprint prekär. Der Verlust im Geschäftsjahr 2022/23 lag bei knapp 25 Millionen Euro. Die Geschäftsführung arbeitet an einem tiefgehenden Umbau. Beim "Kurier" gab es sowohl 2023 als auch 2024 weitreichende Einsparungen samt Stellenstreichungen. Und auch die früher unantastbare "Kronen Zeitung" musste zuletzt 40 Stellen abbauen (DWDL.de berichtete). Die meisten Jobs dürften in der Redaktion wegfallen, der um die 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angehören. Es sind Maßnahmen, die die ganze Branche in Aufruhr versetzt haben, auch wenn in allen Medienhäusern Sparpakete umgesetzt wurden. 

Funke bekennt sich nicht zu Österreich

Und was sagt die Funke Mediengruppe zu der Situation ihrer Österreich-Beteiligungen? Auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de will man sich nicht äußern. Weder zur Zukunft der Signa-Anteile an der WAZ Ausland Holding, noch zum aktuellen Stand bei den Sonderrechten der Dichands. Spannend aber in jedem Fall: Anders als noch 2020 schließt man einen Verkauf der Anteile mittlerweile nicht mehr kategorisch aus. Auf die Frage, ob man langfristig zum Investment in Österreich stehe, will sich Funke ebenfalls nicht äußern. Das legt den Verdacht nahe, dass man Gespräche mit den Mit-Gesellschaftern nicht unnötig torpedieren will. 

Übrigens: Der Streit zwischen Funke und den Dichands reicht schon viel weiter zurück. 2004 musste "Krone"-Gründer Hans Dichand die von ihm initiierte Gratiszeitung "U-Express" auf Druck der Essener sowie von Raiffeisen einstellen. Sehr zu seinem Missfallen, wie er damals mehrfach deutlich machte. Nur einige Zeit später startete das Gratisblatt "Heute", das es nach wie vor gibt. Dagegen konnte Funke nichts machen, denn Hans Dichand war daran nicht beteiligt. Herausgeberin und Mitgesellschafterin ist bis heute Eva Dichand, Schwiegertochter von Hans Dichand. Wenn es eine Serie wäre, wäre sie wohl das Prequel zum ganzen Funke/Dichand-Drama. 

Fortsetzung folgt garantiert…