Manchmal erscheinen Eilmeldungen auf dem eigenen Smartphone, bei denen man nicht weiß, ob die Ereignisse den Lauf der Geschichte verändern werden. So war das auch vor wenigen Wochen, als in Bolivien mehrere Generäle einen Putsch anzettelten, der dann aber recht schnell wieder vorbei war und mit den Festnahmen der Putschisten endete. Und auch in München und Wien dürften die Ereignisse in dem lateinamerikanischen Land genau verfolgt worden sein, bei Paul Krauskopf Romero und Alexandra Ruths Braas.

Die beiden sind mit ihrer Produktionsfirma Romero & Braas seit mittlerweile zehn Jahren vor allem in Lateinamerika aktiv, allerdings nicht in Bolivien. Romero & Braas hat seinen Hauptsitz in Mexiko und baut aktuell weitere Standorte in Kolumbien und der Dominikanischen Republik auf. Mit Bolivien hat man also eigentlich gar nichts am Hut - und dennoch könnte der Putschversuch die beiden auch in den kommenden Monaten noch beschäftigen. 

Dann nämlich, wenn sie mit deutschen oder anderen internationalen Partnern über neue Projekte sprechen, dabei aber erst einmal deren Sorgen aus dem Weg räumen muss, weil nur die erste Schlagzeile hängen geblieben ist oder vielleicht auch die eine oder andere griffige Behauptung (Spiegel: "Lateinamerikas Demokratien sind so zerbrechlich wie seit Jahrzehnten nicht"). Paul Krauskopf Romero und Alexandra Ruths Braas kennen das nicht anders. Sie entwickeln und produzieren nicht nur eigene Inhalte in ganz Lateinamerika, sondern sind auch für große deutsche Produktionen als Dienstleister aktiv. 

"Das Differenzieren und Übersetzen für unsere Kunden ist ein großer Teil der Arbeit", sagt Alexandra Ruths Braas im Gespräch mit DWDL.de. Viele deutsche Produzenten wollen, sofern sie eine Schlagzeile lesen, natürlich erst einmal wissen, ob die eigene Produktion möglicherweise davon betroffen wäre. "Wir sind Vertrauensschaffer und das ist ganz wichtig, denn der Sprung auf einen anderen Kontinent ist ein großer, den man nicht mal eben so macht", sagt Ruths Braas. 

Der "Bachelor" hat Türen geöffnet

Angefangen hat Romero & Braas 2014 als R&B Original Content in Mexiko, damals produzierte man vor allem Beiträge für verschiedene TV-Formate. Später wurde man mit Musikvideos, Dokus und Werbung größer. Seit 2018 kümmert man sich auch als Dienstleister in der separaten Firma R&B Production Services um große (Reality-)Produktionen aus Deutschland und anderen Ländern Europas. Vor allem zu Beginn ihrer Selbstständigkeit sei es immer wieder um das Thema Sicherheit in Mexiko gegangen, berichten die Gründer. "Es gab kein einziges Gespräch mit deutschen Partnern, in denen das nicht Thema Nummer eins oder zwei war", sagt Paul Krauskopf Romero. Grundsätzlich habe sich die Sicherheit in dem Land in den vergangenen Jahren "extrem verbessert". Dabei hätte auch Corona geholfen, viele Amerikaner seien in der Zeit der Pandemie in das Land gekommen. "Der Einfluss von einem internationalen Klientel hat dazu beigetragen,  dass sich die Sicherheitslage verbessert hat."

Wir sind Vertrauensschaffer und das ist ganz wichtig, denn der Sprung auf einen anderen Kontinent ist ein großer, den man nicht mal eben so macht.
Alexandra Ruths Braas


Grundsätzlich sei Mexiko aber "sehr gebeutelt von einer Berichterstattung, die nicht falsch ist, aber auch nicht differenziert", sagt Krauskopf Romero. Er kritisiert zu wenig Differenzierung, wenn es etwa um Bandenkriminalität geht. Auf Seiten der Kunden sei das aber kein Thema mehr. Ein anderes Vorurteil ist die Sache mit der Zeit. Ganz nach dem Motto: Die Deutschen sind pünktlich und arbeiten fleißig, alle anderen nicht. Alexandra Ruths Braas sagt, dass es durchaus eine andere Herangehensweise in den Ländern Lateinamerikas gebe. "Man muss das sehr lenken und genau das ist unsere Aufgabe." Dafür könne man vieles eher als in Deutschland oder den USA auch noch Last Minute umsetzen. 

Die erste große Reality-Produktion, die nach Mexiko kam, war der "Bachelor" (Staffel 9 mit Andrej Mangold) vor einigen Jahren, damals wurde in Los Cabos gedreht. Auch Romero & Braas war mit dabei. In den Jahren danach produzierte Warner Bros. International Television Production Deutschland die Staffeln 10, 12 und 13 ebenfalls in der Region. "‘Der Bachelor’ war damals ein schöner Türöffner für alles, was danach kam. Warner Bros. Deutschland hat damit Pionierarbeit geleistet", sagt Alexandra Ruths Braas. 

Der Bachelor, Location 2022 © Romero & Braas Auch am "Bachelor" 2022 war Romero & Braas beteiligt

Und in der Tat boomt Lateinamerika seit einigen Jahren, viele Sender schicken ihre Produktionen nach Mexiko, Chile, Peru, Brasilien oder Argentinien. Sie versprechen sich dadurch einerseits schöne Bilder, aber natürlich auch geringere Kosten. Ganz vorne mit dabei ist RTL Deutschland, das in Lateinamerika unter anderem "Ex on the Beach", "Paradise Hotel", "Stranger Sins" und "Reality Queens - Auf High Heels durch den Dschungel" produzieren lässt oder ließ. Bei ProSiebenSat.1 sind es keine ganzen Produktionen, sondern eher Teile von Sendungen wie "Das Duell um die Welt", "Mission: Job Unknown", "Local Hero" und "Hochzeit auf den ersten Blick", die teilweise in Lateinamerika gedreht werden bzw. wurden. Auch Netflix hat die jeweils ersten Staffeln von "Too Hot to Handle: Germany" und "Fight for Paradise" in Mexiko gedreht. Hinzu kommen viele internationale Produktionen, die in der Region entstehen. 

Flexibel dank angemieteter Produktionshubs

Nicht bei allen, aber bei vielen Formaten hatten auch Romero & Braas die Finger mit im Spiel. Bei großen deutschen Formaten agieren sie als Dienstleister. Das fängt schon beim Scouting für potenzielle Drehorte an, geht über die Migration von Personal und Equipment und reicht bis hin zu Geräten und Teams vor Ort, den Steuerrückerstattungsprozessen im Anschluss einer Produktion, der Beantragung von Filmförderungen und vieles mehr. "Wir sind die Co-Produktionsfirma vor Ort und stellen sicher, dass die Vision der Macherinnen und Macher umgesetzt wird", sagt Alexandra Ruths Braas. 

Den deutschen und internationalen Kundinnen und Kunden bietet man in Mexiko und Kolumbien sowie künftig der Dominikanischen Republik Produktionshubs an. Das sind meist Villen, in denen für einen bestimmten Zeitraum gedreht werden kann, dafür hat man Vereinbarungen mit den Eigentümern der Grundstücke geschlossen. Dieses Modell garantiert Romero & Braas eine gewisse Flexibilität. Hätte man selbst einen Hub gebaut, wäre darin viel Geld gebunden. Und man würde immer Gefahr laufen, dass sich Zuschauerinnen und Zuschauer in Deutschland an einer Location satt sehen. 

Ein weiterer Vorteil für die beiden Gründer: Mögliche Synergien sehen sie zuerst, denn selbst unter den deutschen Auftraggebern gibt es keinen Austausch über Produktionen. Geschweige denn unter internationalen Sendern. Wenn verschiedene Sender aus unterschiedlichen Ländern anfragen, leisten Krauskopf Romero und Ruths Braas also auch Koordinationsarbeit und können den Auftraggebern so im besten Fall bares Geld sparen, weil Equipment und Personal nur einmal angemietet werden müssen - und weil in der gleichen Location gedreht wird. Es sind diese klassischen Back-to-Back-Produktionen, die Romero & Braas in Zukunft noch weiter forcieren will.

Wir haben uns geärgert, dass wir zwischen Mai und September komplett raus sind aufgrund unseres Standortes.
Paul Krauskopf Romero zum künftigen Standort auf Ibiza


Immer wieder sind Paul Krauskopf Romero und Alexandra Ruths Braas auch auf der Suche nach neuen Standorten. Neben den festen Standorten in Mexiko und Kolumbien wird man schon bald auch in der Dominikanischen Republik aktiv sein. Aber auch Peru und Argentinien seien interessante Länder, sagt Krauskopf Romero. In Costa Rica wird man wohl nicht so schnell einen ständigen Standort eröffnen, das Land wird nämlich auch gerne die Schweiz Lateinamerikas genannt. "So sind dort auch die Preise", sagt der Geschäftsführer. 

Durch den Bereich Originals ist man aber ohnehin in fast allen Ländern Lateinamerikas regelmäßig aktiv. "So lernen wir die Produktionsinfrastruktur eines jeden Landes besser kennen. Jedes Land hat einen bestimmten Produktionscharakter", sagt Krauskopf Romero. Da dreht man dann Beiträge für verschiedene deutsche Sendungen wie "taff", "Galileo" oder auch die RTL-Magazine und "Hallo Deutschland", entwickelt und produziert aber auch größere Stücke. So arbeitet man aktuell beispielsweise an einem Format über junge deutsche Entrepreneure im Silicon Valley, für die "Geo Reportage" bei Arte hat man sich im Rahmen eines 50-Minüters schon mit Tapiren beschäftigt und für "Galileo" ging es in die "Megacity Mexiko Stadt".

2025 folgt ein Standort auf Ibiza

Saisonal bedingt schwankt die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Firma, im mexikanischen Headquarter sitzen aber rund 20 Personen, die fest angestellt sind. Und weil man in Lateinamerika aufgrund des Wetters vor allem zwischen September und Mai drehen kann, will man für die Sommermonate nun auch einen Standort auf Ibiza eröffnen. Eine Location, die man ab 2025 bespielen will, hat man bereits gefunden. "Wir haben uns geärgert, dass wir zwischen Mai und September komplett raus sind aufgrund unseres Standortes", sagt Paul Krauskopf Romero. Aus diesem Gedanken heraus sei schließlich die Idee zu Ibiza entstanden. 

Die neuen Standorte sind auch deshalb wichtig, weil sich der Boom mittlerweile auch auf die Preise niederschlägt. Nicht überall, aber stellenweise ist Mexiko schon teurer geworden durch die vielen TV-Produktionen, die dort mittlerweile stattfinden. Aber egal wo, Paul Krauskopf Romero und Alexandra Ruths Braas brennen für Lateinamerika und wollen auch ihre Partner für die Region begeistern - das merkt man ihnen an. "Die schönste Arbeit, die wir leisten, ist die, dass wir bei den einzelnen Menschen, die mit uns zusammenarbeiten, Leidenschaft für die Region erwecken", sagt Alexandra Ruths Braas. Nicht umsonst bezeichnet man sich als "Tor zu Lateinamerika". Daran kann auch ein Putschversuch in Bolivien nichts ändern.