Wenn Borussia Dortmund am Samstagabend in London gegen Real Madrid das Finale der UEFA Champions League spielt, dann könnte der BVB nicht nur seine eigene Saison krönen, sondern auch die an diesem Abend ebenfalls zu Ende gehende laufende UEFA-Rechteperiode 2021 bis 2024. Es ist die erste Rechteperiode, in der Streamingdienst Prime Video Live-Spiele aus der Königsklasse zeigt. Glaubt man meist gut informierten Quellen, hatten Amazon und DAZN bei der Vergabe der Rechte vor inzwischen über vier Jahren pro Spielzeit etwas mehr als 300 Millionen Euro geboten. Das bedeutete einen warmen Geldregen für den Verband, hatte Sky im Zyklus zuvor doch nur um die 200 Millionen pro Spielzeit überwiesen.
Beide Anbieter blicken nun zufrieden auf den Rechtezyklus. "Wir ziehen eine positive Bilanz der ersten drei Jahre des UEFA Champions League Top-Spiels am Dienstag bei Prime Video. Wir freuen uns über sehr positives Feedback unserer Kund:innen zu der Bild- und Tonqualität unserer Übertragungen, sowie zu der inhaltlichen Aufbereitung unseres Programms", sagt Clemens von Thielmann, Business Lead Sports bei Prime Video in Deutschland. Und auch die Bilanz bei DAZN falle "sehr positiv" aus, so zumindest formulierte es Michael Bracher, SVP Production & Editorial gegenüber DWDL.de.
Borussia Dortmund am Samstag im Champions-League-Finale
"Insbesondere die laufende Saison stach durch die spannenden Paarungen und natürlich nicht zuletzt durch die starken Leistungen von Dortmund und Bayern hervor. Wir sind stolz, dass wir unseren deutschen Kund:innen zwei Halbfinalspiele mit deutscher Beteiligung präsentieren konnten", sagt von Thielmann. Und auch im ZDF liegt der Quotenrekord für die Spielzusammenfassungssendung am späten Mittwochabend erst wenige Wochen zurück. Mit mehr als 19 Prozent Marktanteil im Gesamtmarkt wurde er im April aufgestellt.
Am Samstagabend dürften dem ZDF sehr hohe Quoten und neue Rekorde in diesem Rechtezyklus derweil sicher sein. 2022 sicherte sich das Finalspiel zwischen Liverpool und Real Madrid, also ohne deutsche Mannschaft, aber immerhin mit deutschen Spielern und deutschem Trainer, mehr als 40 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen und knapp achteinhalb Millionen Zusehenden im Zweiten. Das Spiel zwischen Manchester City und Inter Mailand, also das Endspiel vor einem Jahr, landete bei etwa fünfeinhalb Millionen Fans, bei den Jüngeren standen 34,5 Prozent zu Buche. Nicht gezählt sind hier die Werte, die DAZN mit seinen Parallelübertragungen noch zusätzlich erzielte.
Michael Bracher von DAZN geht sogar so weit, die Champions League sowohl von der Quanität als auch von der Qualität als "unser wichtigstes Fußballrecht" zu bezeichnen. Das ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund des schwelenden Streits seines Unternehmens mit der DFL durchaus eine Aussage mit Ausrufezeichen. Im Mai hatte DAZN bekanntlich ein Schiedsgericht angerufen, weil es ein großes Bundesliga-Rechtepaket erwerben wollte, die DFL die Vergabe aber verweigerte. Ob DAZN ab Sommer 2025 noch Bundesliga-Übertragungspartner ist, ist somit offen. Klar ist: Bei der Champions League bleiben sowohl Prime als auch DAZN an Bord.
DAZN und Amazon bleiben Rechteinhaber der CL in Deutschland
Sie haben sich die Rechte für drei weitere Jahre gesichert (Amazon das Topspiel dienstags, DAZN alles andere) – ab der nächsten Saison allerdings wird sich das Format der Königsklasse ändern. Der erste Spieltag beginnt am 17. September, dann spielen 36 Teams und somit vier mehr als bisher in der Königsklasse. Es gibt dann im Herbst auch keine unterschiedlichen Gruppen mehr, sondern eine gemeinsame Liga.
Es wird vom ersten Spieltag an deutlich mehr Spitzenspiele geben und auch mehr Spiele zwischen Mannschaften auf Augenhöhe. Gleichzeitig ist das neue System viel unberechenbarer, da sich die Tabelle an jedem Spieltag komplett verändern kann und auch vermeintliche Underdogs die Chance auf große Überraschungen haben. Michael Bracher über die neue CL
Sicherlich spannend wird dabei insbesondere der letzte Spieltag am 29. Januar, wenn 18 Matches parallel angepfiffen werden. Das werde "interessant", umschrieb es Bracher. Weder er noch von Thielmann wollten sich schon jetzt detaillierter äußern, wie die kommende Saison genau übertragen werde. Sebastian Hellmann hatte kürzlich schon bestätigt, dass er nicht mehr durch die großen Fußballabende bei Prime führen werde, nach DWDL-Infos ersetzt ihn der von DAZN kommende Alex Schlüter. Prime selbst bestätigt das noch nicht.
Das Kund:innen-Feedback zeigt uns auch, wie wichtig unser Commitment zu top Expert:innen ist. Clemens von Thielmann
Bei Amazon jedenfalls will man den eingeschlagenen Weg weitergehen. "Wir fühlen uns durch das Feedback unserer Kund:innen in unserem Bemühen bestärkt, mit unserer Übertragung so nah am Geschehen zu sein wie möglich", sagt von Thielmann. Man sei während der drei Jahre ab der Gruppenphase immer im Stadion gewesen und habe zusammen mit Sebastian Hellmann und den Experten "immer neue Positionen gesucht und gefunden, z.B. nahe des Spielertunnels oder des Mittelkreises auf dem Feld." Auch das Commitment zu Top-Expertinnen und -Experten bezeichnete er als "wichtig". "Ein ganz großes Highlight war in diesem Zusammenhang auch die Zusammenarbeit mit Arjen Robben zum Halbfinal-Hinspiel des FC Bayern in München", strahlte der bei Prime Verantwortliche.
DAZN indes war bei weitem nicht bei allen Spielen direkt vor Ort – sehr verständlich ist das bei der Vielzahl an Spielen ohne deutsche Beteiligung. Auf Kritik gestoßen ist indes, dass der Streamer selbst bei einigen exklusiv dort laufenden Spielen von deutschen Vereinen seine Kommentatoren in der Münchner Box beließ. Bracher verteidigt die Entscheidung: "Ob die Moderatoren vor Ort sind oder nicht, ist für die Fans bei den allermeisten Spielen zweitrangig. Das muss nicht jedem gefallen und ist letztlich natürlich auch eine wirtschaftliche Entscheidung, eine reine Kosten-Nutzen-Rechnung. Es geht darum, die richtige Mischung aus Vor-Ort- und Studioproduktionen zu finden." Zudem könne man ohnehin "klar nachvollziehen", dass der Großteil der Fußballfans "einfach das Spiel sehen möchte".
Mit Michael Ballack, der für DAZN bei vielen wichtigen Champions League-Spielen gearbeitet hat, hat der Streamer jüngst übrigens verlängert – und dabei auch mitgeteilt, dass der ehemalige "Capitano" künftig noch mehr im Rahmen der Königsklasse eingesetzt werden soll. Auch am Samstagabend wird der gebürtige Görlitzer sein Fachwissen einbringen.
Mit der Übergabe des Henkelpotts geht sie dann also zu Ende, die dreijährige Phase, mit der DAZN und Amazon weitesgehend zufrieden sind, auch weil man sich in (un)wesentlichen Punkten verbessert habe, wie von Thielmann mit großem Augenzwinkern anmerkt: "Ein weiteres Key Learning aus der vergangenen Saison wäre zudem eine noch bessere Abstimmung der Einschaltzeiten der Rasensprenger. Ich bin mir sicher, unser on-site Team würde mir da zustimmen." Sprichwörtlich im Regen gestanden waren mit Blick auf die Nachfrage zuletzt nachweislich weder Amazon noch DAZN.