Die Deutsche Fußball Liga (DFL) dürfte mit diesem Tage vor einem Problem stehen, denn der Streamingdienst DAZN geht aufs Ganze. Die Unternehmensführung hat sich entschieden, in der Frage um die Vergabe des inzwischen berühmt gewordenen Rechtepakets B (alle Einzelspiele am Freitag und Samstagnachmittag ab der Saison 25/26) den Rechtsweg zu bestreiten. Begründet wird dies mit der "mangelnden Reaktion der Liga" auf die Beschwerde des Streamers. DAZN hatte vor eineinhalb Wochen bei der Vergaberunde das höchste Gebot abgegeben. Rund 400 Millionen Euro bot der Dienst Berichten zufolge, deutlich mehr als Sky. Doch die geforderte Bankgarantie legte man der DFL nicht innerhalb der genannten Frist vor. Inzwischen ist diese zwar vorhanden, aber eben zu spät. Längst hat die Liga das Paket anderweitig, offenbar an Sky, formal vergeben und will dies auch nicht rückgängig machen.



Mit dem Beschreiten des Rechtswegs dürfte DAZN zwar das letzte heile Porzellan zerschlagen, zumal ein Sprecher des Streamingdienstes darauf hinweist, welche Folgen das haben könnte, aber sich eben erhoffen, doch noch das begehrte Paket zu erhalten. "Der Rechtsweg kann sich über Jahre hinziehen, beginnend mit einer Klage vor einem Schiedsgericht und möglicherweise über mehrere Instanzen vor deutschen Zivilgerichten ggf. unter Einbeziehung des Europäischen Gerichtshofs." Was er damit meint: Keine Partei müsste sich gleich mit dem ersten Urteilsspruch zufrieden geben. Nur: Neben der DFL ist eigentlich auch DAZN nicht geholfen, über Monate oder länger keinerlei Planungssicherheit zu haben. Darüber hinaus müssen auch die Vereine planen.

Immerhin: Nach "FAZ"-Infos habe auch das Sky-Angebot, das gemäß DFL-Entscheid zum Tragen kommen soll, die Erwartungen übertroffen. Offenbar war das Angebot sogar so gut, dass die Bundesligisten bereits jetzt nicht mehr fürchten müssen, am Ende der Auktion mit weniger Geld da zu stehen als bisher. Auch das ist ein Grund, weshalb die Liga kaum an einem generellen Neustart der Auktion interessiert sein kann. Warum auch? Der DFL-Argumentation nach gab es keine Formfehler. Nach DWDL-Informationen hatte die DFL in ihren Ausschreibungsunterlagen vermerkt, dass die Forderung nach einer Bankgarantie stets möglich ist.

Und vielleicht sogar sinnvoll. Inzwischen hat sich DAZN die geforderte Bankgarantie über 200 Millionen Euro besorgt. Die "FAZ" will erfahren haben, dass DAZN in der laufenden Rechte-Periode den finanziellen Verpflichtungen "nicht pünktlich" nachgekommen sei. Bei dieser Begrifflichkeit ist längst ein Streit über die Deutungshoheit entbrannt. Denn DAZN besteht darauf, immer innerhalb der vereinbarten Zahlungsfristen überwiesen zu haben. Aktuell, so schreibt es die Zeitung, stünden Beiträge in mittlerem zweistelligen Millionenbetrag aus – zumindest wenn man von der Vereinbarung ausgeht, die DAZN abgeschlossen hat, als die Rechte 2020 an das Unternehmen gingen. Später sind dann neue Vereinbarungen über Zahlungsfristen getroffen worden. Fristen, denen die Liga zustimmte, weshalb nicht von Unpünktlichkeit gesprochen werden kann. DAZN habe sich an die neu ausgemachten Fristen stets gehalten, sagt der Streamer.

Das bringt nur der DFL wenig, die nach nach "FAZ"-Informationen mit "externen finanziellen Mitteln" einspringen musste. Die TV-Gelder fließen über das Jahr verteilt in mehreren Tranchen. Die pünktliche Bezahlung sei, so sagen es Branchenkenner, für etwa die Hälfte der Bundesliga-Klubs überlebenswichtig. Sky, das sich rund um den Rechtestreit komplett still verhält, gilt, wie aus Ligakreisen zu hören ist, in puncto Bezahlung als absolut zuverlässig. Und auch Sky ist gewillt, für die neue Rechteperiode gutes Geld zu bezahlen – unter anderem für Paket B. 

Die Lage ist jetzt verzwickt. Paket B ist vergeben – und kann dem Erwerber daher auch nicht einfach so wieder weggenommen werden. Ein Neustart der Rechteauktion könnte daher wohl nur dann erfolgen, wenn sich herausstellt, dass der Liga in der Tat ein gewichtiger Fehler unterlief. Das Kartellamt ist diesbezüglich bis dato aber noch nicht eingeschritten. Zu hören ist aber, dass sich DAZN, sollten sie Paket B nicht erhalten, aus dem Bundesliga-Tender zurückzieht. Das berichten in den Prozess involvierte Personen.

Wie und wann auch immer es weitergeht - an weiteren Nova wird es nicht mangeln. Entweder wird sich der aktuell zweitgrößte Geldgeber der Liga offenbar komplett zurückziehen, womit (sollte kein Tech-Riese auftauchen) weniger Konkurrenz für Sky vorhanden ist. Oder aber die Strategie von DAZN liegt total offen. Jeder weiß nun, dass Paket B für den Streamer von außerordentlicher Bedeutung ist und könnte das bei einem Re-Start in seine Strategie einfließen lassen. Zu wissen, was DAZN bereit war zu bezahlen, ist natürlich auch für andere ein Vorteil. Das war's dann aber auch schon mit Euphemismen: Selbst Berufsoptimisten fällt es nämlich schwer, Positives aus der aktuell verfahrenen Situation zu ziehen.