In den kommenden Tagen stehen für den deutschen Profifußball nicht weniger als Milliarden auf dem Spiel. Seit diesem Montagmorgen werden die nationalen Fernsehrechte für den Verwertungszyklus ab der Spielzeit 2025/2026 vergeben. Interessierte Sender können sich eines oder mehrere der Pakete via Auktion sichern. Als dieses Prozedere vor ziemlich genau vier Jahren bisher letztmals vonstatten ging, wurden Vereinbarungen in Höhe von geschätzten 4,4 Millarden Euro abgeschlossen. Sky soll, wie niemals bestätigt, aber mehrfach zu hören war, etwa 2,4 Milliarden Euro für vier Jahre zugesagt haben, DAZN in etwa die Hälfte. Dass es Christian Seifert, inzwischen Boss des Sport-Streamingdienstes Dyn und somit selbst Fernsehmacher, inmitten der Pandemie gelang, die hohen inländischen TV-Einnahmen annähernd stabil zu halten, wird heute noch als Meisterleistung gefeiert.
Nun, vier Jahre und einen Krieg in Europa später, wären stabile Einnahmen für die Deutsche Fußball-Liga (DFL) ein ebenso großer Erfolg. Das Unternehmen betont, durchaus selbstbewusst in die Vergabe zu gehen. Branchenbeobachter rechnen allerdings damit, dass sich die bisherigen Summen nicht mehr erlösen lassen. Vielleicht steht am Ende sogar ein Minus im zweistelligen Prozentbereich. Was genau in den kommenden wohl zehn Tagen passieren wird, weiß zu diesem Zeitpunkt freilich noch keiner. Nicht zum ersten Mal würden zuvor rational gefasste Pläne zum Zuge des Vergabeprozesses über Bord geworfen werden, weil selbst ausgebuffte Manager im Verlauf der Auktion emotional werden.
Unter Seiferts Führung ist es der DFL gelungen, aus der Rechteauktion ein ausgeklügeltes Katz- und Maus-Spiel zu machen, in dem niemand niemandem traut und in dem selbst coole Köpfe immer nur eine Haaresbreite vom Panikmodus entfernt sind. Mitunter können in diesen Tagen ja ganze Geschäftsmodelle in sich zusammenfallen. Andererseits bieten alle, die sich halbwegs in Sicherheit wiegen mit dem Ziel, den Minimalpreis möglichst genau zu treffen, denn auch das ist wahr: Die Zahl der Medienunternehmen, die mit der Bundesliga bisher Geld verdient haben, ist nicht groß. Nach der Auktion sind nicht wenige, die aktiv mitbieten, absolut urlaubsreif.
Zum Start der Auktion, also direkt ab Montag, geht es beim Tender der Deutschen Fußball-Liga offenbar direkt um die dicksten Brocken. In welcher Reihenfolge die Pakete A bis O vergeben werden, behält die Liga im Detail zwar für sich. Allerdings ist klar: Die Livepakete, die die größten Batzen bringen, gehen zuerst über den Tisch, in Woche zwei wird in Sachen Highlights geboten. Das heißt erfahrungsgemäß: Tendenziell die großen vor den kleineren Paketen. Anzunehmen, dass somit zuerst die Pakete A und B unter den Hammer kommen.
Fokus auf Paket B
Branchenbeobachter gehen davon aus, dass es im Pay-TV zu einem erneuten Duell zwischen Sky und DAZN kommen wird. Um das anzuheizen, hat die DFL die Paketierung leicht verändert - ein einfaches Weiterso ist somit nicht möglich. So finden sich die Freitagabendspiele der ersten Liga nun in Paket B, das zusammen mit den Einzelspielen am Samstagnachmittag nun satte 196 Live-Partien des Fußballoberhauses umfasst. Enthalten ist das Recht, sich die drittbeste Partie des Spieltags zu wünschen. Während das Konferenz-Paket A unberührt bleibt, entfallen auf das Sonntagspaket (Second Pick) nur noch 79 Matches. Paket C mit dem Samstags-Spiel um 18:30 Uhr enthält den jeweiligen First Pick – bis zu zehn Mal darf jede Mannschaft ab Saison 2025/2026 auf dem Slot kicken.
Während DAZN bereits ab der kommenden Saison die ausgeweitete Champions League mit mehr Spielen der deutschen Topclubs übertragen wird und somit bis 2027 sicher deutschen Spitzenfußball auch abseits der Bundesliga im Programm hat, steht Sky, das zuletzt sowohl lineare Sender wie auch fiktionale Serien gestrichen hat, bedeutend mehr unter Zugzwang als der Streamer. Das neue Spitzen-Management des langjährigen DFL-Partners hatte zuletzt in Interviews keinen Zweifel daran gelassen, auch nach dem Tender noch die Nummer 1 unter den deutschen Sport-Pay-Anbietern bleiben zu wollen. Das geht nicht ohne Bundesliga. Da Sky-Deutschland-CEO Barny Mills kürzlich in einem Interview mit "Welt" explizit die Unterstützung von Konzernmutter Comcast ansprach, ist davon auszugehen, dass mit dem Team aus Philadelphia ein klarer Handlungsrahmen abgesteckt ist. Mills muss Sky einerseits zwar in die schwarzen Zahlen hieven, andererseits aber so viel Bundesliga wie möglich abgreifen. Auch in Philadelphia dürfte mittlerweile bekannt sein, dass jedes denkbare Szenario für Sky Deutschland mit möglichst viel Bundesliga besser funktioniert. DAZN und Sky eint, dass beide endlich profitabel werden müssen. Entsprechend starten wohl beide diszipliniert in den Tender.
Ein wenig Spielraum, insbesondere finanzieller Natur, bekommt Sky möglicherweise mit Hilfe der Ende 2023 geschlossenen Content-Partnerschaft mit RTL. Künftig werden Pay-TV-Sender mehr Spiele als bisher ans Free-TV sublizenzieren können. Maximal eins pro Spieltag, heißt es seitens der DFL – die genaue Zahl wird derzeit öffentlich noch nicht verraten. So könnte Sky einen Teil der Kosten eines Pakets also über den Weiterverkauf von Rechten wieder einnehmen.
Eine große Unbekannte, die die DFL natürlich wie ein Gespenst durch die Räume wabern lässt, ist ein mögliches Interesse eines Streamers an einem kleinen Paket, also möglicherweise dem Topspiel-Paket C. Die Analysten des Unternehmens Enders gehen allerdings nicht davon aus, dass etwa Amazon wirklich in die Auktion einsteigen wird. In Großbritannien hat sich Amazon bekanntlich aus der Premier League zurückgezogen, in Italien war man kürzlich nicht mit von der Partie. Amazons Hunger in puncto deutschem Spitzenfußball soll über die ausgeweitete Champions League (Dienstags-Topspiel bis 2027 ist eingetütet) gesättigt sein. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass selbst die pure Vorstellung eines Einstiegs von Prime oder anderer Tech-Riesen Druck auf die etablierten Partner ausübt. Rein theoretisch, mit Blick auf finanzielle Spielräume aber kaum denkbar, ist es diesmal auch wieder möglich, dass ein Erwerber alle Bundesliga-Live-Pakete exklusiv hält.
Steigende Einnahmen könnte die DFL übrigens mit der aufstrebenden und viel Tradition versammelnden zweiten Liga erwarten. Vereine wie der HSV, Schalke oder auch Kaiserslautern bescheren den Sendern aktuell gute Quoten. Gesucht werden im Live-Bereich ein Free-TV- und ein Pay-TV-Partner.
Gemacht aus euren Wünschen
Als Sky vor fast einem Jahrzehnt seinen neuen Sky-Q-Receiver nach Deutschland brachte, bewarb man den Launch in Unterföhring mit dem Slogen "Gemacht aus Euren Wünschen". Dieser könnte auch zum Tragen kommen, wenn man darauf blickt, was die TV-Sender mit den Rechtepaketen exakt erwerben. Hier kam die DFL den Live-Partnern ein gutes Stück entgegen. Gewährt werden sollen etwa neue Einblicke (etwa in den Kabinentrakt direkt nach der Ankunft der Mannschaft), mehr Interviewmöglichkeiten unter der Woche, das Versprechen, dass sechs Clubs pro Saison an Dokumentationsformaten teilnehmen sowie eigener von den Klubs produzierter Content für die Medienpartner. Bei insgesamt 20 Leuchtturmspielen der ersten und zweiten Liga pro Saison sollen TV-Sender zudem unmittelbar nach dem Abpfiff und direkt auf dem Spielfeld Interviews führen dürfen.
Buhlen um Paket K
In der zweiten Vergabewoche geht es vor allem um die Highlight-Pakete. Im Free-TV mag vor allem ein eher kleines Paket mit dem Buchstaben K vor ungewisser Zukunft stehen. Sport1 wird in den kommenden Tagen die Frage beantworten, welche Rolle Spitzensport im Programm nach dem Einstieg des türkischen Investors wirklich noch spielt. Beim Sportsender sollen künftig auch vermehrt Reality-Inhalte zu finden sein. Wie groß ist das Interesse an Bundesliga-Highlights noch? Könnte das Rechtepaket, das die Free-Drittverwertung ab Sonntagmorgen um sechs Uhr erlaubt, auch für die RTL-Gruppe von Bedeutung sein? Nicht zuletzt über Content-Partnerschaften, aber auch mit dem eigenen großen NFL-Deal mit Sky hat RTL sonntags zuletzt vermehrt auf Sportinhalte gesetzt. Paket K ist für Sender deshalb so interessant, weil es für das wenigste Geld wöchentlichen Zugang zu Bundesliga-Inhalten bringt.
Auch in puncto Paket E, das neun Live-Spiele im Free-TV ermöglicht, ist RTL als Interessent nicht auszuschließen. Die durch Corona und Ukraine-Krieg finanziell unter Druck stehenden Privatsender werden ein Wettbieten vermutlich meiden. Als derzeitiger Rechtehalter ist natürlich auch Sat.1 im Rennen, das sich kurz vor der Jahreshauptversammlung aber vermutlich hinsichtlich Bundesliga nicht übermäßig strecken wird. Und auch die ARD wird bei Paket I genau auf die Finanzen schauen. Paket I speist aktuell die Traditionssendung "Sportschau". Vor dem Hintergrund der laufenden Gebührendebatte wird die ARD sicher nicht mehr zahlen wollen – genau das ist auch das Argument, das das Szenario, wonach es ab 2025 eine verkürzte Highlight-Sendung erst ab 19:15 Uhr gibt, nicht unwahrscheinlich macht. Pay-Anbieter können dieses Szenario übrigens über ein sogenanntes Erhöhungsangebot zum Tragen kommen lassen.
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So läuft ein Auktionstag ab
Ab sofort sind nun also alle Interessenten dazu aufgerufen, morgens ihre Angebote für das oder die an diesem Tag ausgeschriebenen Pakete einzureichen. Dazu müssen die Mangerinnen und Manager allerdings nicht bei der DFL in Frankfurt vor Ort sein. Angebote können digital abgegeben werden, müssen aber schriftlich vorgelegt werden, erklärt die DFL auf DWDL.de-Anfrage. Noch am selben Tag erfolgt dann auch die Information über die getroffene Entscheidung – in der Regel ebenfalls schriftlich. Auch diesmal gilt übrigens wieder, dass Angebote, die über einem von der Liga gewählten Vorbehaltspreis liegen und die mindestens 20 Prozent höher sind als ein zweites Angebot, angenommen werden müssen. Vergeben werden zudem auch verschiedene Digital-, DOOH und Audio-Pakete.
Vermutlich Richtung Mitte kommender Woche wird die DFL alle Pakete abgearbeitet haben. Die meisten von ihnen dürften dann auch Abnehmer gefunden haben. Über die Ergebnisse entscheidet nach dem Tender die Vollsammlung der 36 Profi-Vereine. Nach dieser Sitzung wird die Liga auch die Öffentlichkeit über den Ausgang informieren. Dass der 29. April grob für diese Bekanntgabe im Vorfeld ins Auge gefasst wurde, bestätigen die Liga-Manager noch nicht. Ende April oder Anfang Mai sei mit den Ergebnissen zu rechnen, heißt es aus Frankfurt. Nicht alles auf den Tisch zu legen, gehört in diesen Tagen bei den Liga-Bossen eben zum Geschäft.